»Zurück ins Mittelalter« – Zum Artikel 4 (1) des Grundgesetzes

2015_07_Grundrechte-Report2015»Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.« Art. 4 (1) GG

Unter dem Titel »Zurück ins Mittelalter« beschreibt Till Müller-Heidelberg das Verhältnis zwischen Staat und Kirche und die Einschränkung der Grundrechte durch kirchliche Übergriffe.

Seit der ersten Ausgabe im Jahre 1997 beschäftigt sich der Grundrechte-Report mit diesem Thema. In den letzten Jahren ging es permanent um das angebliche Sonderarbeitsrecht der Kirchen.

Gemäß Artikel 140 GG gilt nämlich weiterhin der Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung (WRV). Demnach dürfen Religionsgesellschaften ihre Angelegenheiten »selbständig ordnen und verwalten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes«. Rechtsprechung und Lehre zogen bislang daraus den Schluss, dass die kirchlich Beschäftigten nur Arbeitnehmer minderen Rechts sind.

Mit etwa 1,3 Millionen Beschäftigten sind die Kirchen der größte Arbeitgeber nach dem Staat – und in vielen Bereichen Monopol-Arbeitgeber. Ärzte, Erzieher, Sozialarbeiter, Pflegekräfte haben häufig keine Wahl, ob sie in einer staatlichen oder kirchlichen Institution arbeiten wollen.

Der Artikel 137 (WRV) wird so ausgelegt, dass Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht nicht gelten, dass Tarifverträge weitgehend nicht abgeschlossen werden und Gewerkschaften nicht streiken dürfen.

Allmählich bröckelt jedoch die Dominanz kirchlicher Vorstellungen im Arbeitsrecht. Den Kirchen wird die Regelung eigener Angelegenheiten lediglich garantiert »innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes«.

Fazit: Die Grundrechte der Arbeitenden dürfen nicht einfach der Selbstregelungsbefugnis der Kirchen geopfert werden.

Sigi Müller

(Mehr Infos dazu im Grundrechte-Report, S. 56 -60)

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