Zur Geschäftsordnung: Wann kann ein Antrag nachgeschoben werden?

Kontroverse über die Behandlung von Anträgen, die nicht auf der Tagesordnung stehen

Verspätet eingehende oder erst unmittelbar vor oder während der Sitzung gestellte Anträge können nachträglich in die Tagesordnung aufgenommen werden, wenn …

  1. die Angelegenheit dringlich ist und der Stadtrat der Behandlung mehrheitlich zustimmt oder
  2. sämtliche Mitglieder des Stadtrats anwesend sind und kein Mitglied der Behandlung widerspricht.

So lautet der »§ 23 Anträge« der Geschäftsordnung. Diese hatte man allerdings zu Beginn der letzten Finanzausschuss-Sitzung nicht zur Hand, als von der Verwaltung ein Antrag der »Elterninitiative Kindernest« ausgeteilt wurde, der noch in die Tagesordnung aufgenommen werden sollte.

Auf die Frage des Bürgermeisters, ob jemand gegen die Aufnahme dieses Antrags stimmt, war ich etwas überrascht, dass dieser Antrag, ohne eine besondere Begründung anzugeben, einfach nachgeschoben werden sollte.

Nachdem auch ich die Geschäftsordnung nicht dabei hatte, aber aus der Erinnerung glaubte zu wissen, dass die Aufnahme eines nachgeschobenen Antrags an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, stellte ich die Frage, ob es rechtskonform sei, diesen Antrag auf die Tagesordnung zu setzen. Schließlich waren bei dieser Sitzung nicht alle Mitglieder des Finanzausschusses anwesend. Aus der Erinnerung zitierte ich den Punkt 2 von § 23.
Nach einer für mich nicht ganz nachvollziehbaren Erregung über meine Frage kam es zu einer Sitzungsunterbrechung.

Nach längerem Suchen in der Geschäfts-bzw. Gemeindeordnung (unter tatkräftiger Mithilfe der Verwaltung), verlas schließlich der Bürgermeister mit Vergnügen den Punkt 1 des § 23 (siehe oben) und verkündete die Dringlichkeit des Antrags. Dass die Geschäftsordnung auch den von mir erwähnten Punkt 2 enthält, blieb dabei unerwähnt. Dies erweckte auch einen falschen Eindruck bei der Presse, die demzufolge meinen Einwand „als falsch“ darstellte.

Sigi Müller

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