Köhlers neuartige »Friedenspolitik« ist mit dem Grundgesetz unvereinbar
Kommentar von Sigi Müller
Köhlers Äußerungen anlässlich seines Afghanistanbesuchs bezüglich weiterer militärischer Einsätze „im Notfall“ zur Wahrung wirtschaftlicher Interessen sind mit dem Grundgesetz unvereinbar. Dass der militärische Afghanistan-Einsatz mit Friedenssicherung nichts zu tun hat, ist doch schon lange klar. Von Anfang an wurde schamlos gelogen: aus der Verteidigung von Deutschlands Sicherheit am Hindukusch wurde die asymmetrische Bedrohungslage und am Ende wurden daraus kriegsähnliche Zustände mit zivilen Opfern und deutschen Helden.
Guttenbergs Kriegsrhetorik wird ignoriert
Die Einstimmung auf weitere Kriege hat »Superstar« Guttenberg längst verkündet: „Tod und Verwundung sind Begleiter unserer Einsätze geworden, und sie werden es auch in den nächsten Jahren sein, nicht nur in Afghanistan“, so sagte er in seiner Trauerrede Ende April in Ingolstadt. Bundespräsident Köhler hat dann bei seinem Afghanistanbesuch einfach konkret nachgelegt, dass „im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“, … Im Grunde ist das nur die Bestätigung bzw. Ergänzung der von Guttenberg schon verkündeten neuen »Friedenspolitik«, die den deutschen Michel auf weitere Militäreinsätze vorbereiten sollte.
Anhang
(Im Wortlaut, Abschrift der Tonaufzeichnung):
Am Samstag, 22. Mai 2010 sagte Bundespräsident Köhler auf dem Rückflug von Afghanistan nach Berlin gegenüber Deutschlandradio Kultur Folgendes:
„(…) Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall, auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen. (…)“
Anmerkung von Sigi Müller: In mehreren Foren des Internets wird mitgeteilt, dass Deutschlandradio versucht habe, durch Löschung dieser Passage aus dem Interview das Schlimmste zu verhindern. Was aus dieser Passage zu angeblichen Missverständnissen geführt haben soll, ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Damit werden der Bundeswehr von höchster Stelle eindeutig Aufgaben außerhalb des im Grundgesetz klar definierten Verteidigungsfalls zugewiesen. Deutlicher geht’s kaum noch!
Art 87a Abs. 2 GG
(2) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zulässt.
Art. 115a Abs. 1 GG (definiert den Verteidigungsfall)
(1) Die Feststellung, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.
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