Wer wählt, kann verlieren – wer nicht wählt, hat schon verloren.
Beobachtet man die Umfrageergebnisse zu den bevorstehenden Landtags- und Bundestagswahlen, so scheinen die Ergebnisse schon festzustehen.
Die CSU und Herr Seehofer stellen unbeschadet von allen kleinen und großen Skandalen die Mehrheit in Bayern; vielleicht sogar die absolute.
Die neue (alte) Kanzlerin heißt Angela Merkel, ob mit Brüderle oder mit Gabriel muss sich noch zeigen.
Die zahlenmäßig größte »Partei« werden aber wahrscheinlich die Nichtwähler. Regiert werden wir dann wieder von Leuten, denen nur eine Minderheit das Vertrauen ausgesprochen hat.
Aber so funktioniert nun mal die parlamentarische Demokratie. Jammern hilft da nicht weiter.
Die Motive der Nichtwähler sind sehr unterschiedlich. Da sind einmal die bewussten Nichtwähler, die mit ihrer Entscheidung ein Signal aussenden wollen: „Seht her, wir haben kein Vertrauen mehr in Euch!“. Sie misstrauen der sogenannten politischen Klasse, den Parteien und zwar allen, ja dem System insgesamt. Das kann man u. U. gut verstehen, angesichts der unzähligen Versagensbeispiele und dem offensichtlich fehlenden Willen zu Veränderungen.
Denjenigen, welche mit der relativen Mehrheit gewählt wurden, geht das an einen bestimmten Körperteil vorbei. Auch wenn am Wahlabend scheinheilig die geringe Wahlbeteiligung beklagt wird. Der Protest geht insofern ins Leere bzw. bleibt im inneren Kreis der Gleichgesinnten.
Der weitaus größere Teil der Nichtwähler verzichtet ebenfalls aus Enttäuschung und Hoffnungslosigkeit auf sein Wahlrecht, wenn auch meist ohne groß darüber nachzudenken. Es ist ein sehr gefährliches Zeichen, dass die Wahlbeteiligung mit dem Einkommen sinkt. Die Spaltung der Gesellschaft in »unten« und »oben«, in Arm und Reich zeigt auch hier ihr trauriges Gesicht. Diese Wahlabstinenz trifft vor allem die »linken« Parteien, wozu ich in diesem Fall auch die Sozialdemokraten zähle. Freilich haben letztere nichts dazu getan, das Vertrauen der »Prekären« zu erringen. Aber auch der LINKEN ist es nicht gelungen, die Stimmen der von Sozialabbau und Niedriglöhnen Betroffenen zu erkämpfen. Viele von ihnen haben genug damit zu tun, finanziell über die Runden zu kommen. Da bleibt wenig Zeit für politische Information.
Ohnehin finden die Wahlkämpfe schon lange in der sog. Mitte statt. Deren »oben« ist man sich sicher, die »unten« braucht man nicht, weil sie ja nicht wählen gehen. Aber wo ist eigentlich die Mitte der Gesellschaft? Sind das die Facharbeiter bei BMW und Audi, deren Einkommen deutlich über dem Durchschnitt liegen? Sind es die mittleren und gehobenen Beamten mit dem (angeblich) »sicheren« Einkommen? Oder sind es die niedergelassenen Ärzte, die Apotheker, die mittelständigen Betriebe? Was haben eigentlich der BMW-Arbeiter und der Apotheker gemeinsam?
Natürlich sind Wahlentscheidungen von vielschichtigen Erfahrungen und auch Ängsten geprägt. Und freilich spielen die Medien eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Ängste vor höheren Steuern, vor Arbeitsplatzverlust durch Mindestlöhne und andere Schreckensszenarien werden täglich aufs Neue geschürt. Im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Diskussionen steht die alles überstrahlende »Konkurrenzfähigkeit« der Bundesrepublik. In ihrem Namen werden die Südeuropäer drangsaliert, wird eine ganze Generation Hoffnungsloser herangezogen. Diese ausgezeichnete Konkurrenzfähigkeit verdanken wir den Millionen Leiharbeitern, Werksvertraglern und Niedriglöhnern. Sie zahlen die Zeche für den Exporterfolg der Republik. Den Rahm schöpfen andere ab. Die Prekären verschwinden hinter der Behauptung, »uns« geht es gut. Aber niemand beschreibt, wer mit »uns« gemeint ist. Mehr als ein Fünftel der Arbeitnehmer arbeiten inzwischen im Niedriglohnsektor. Zählen die auch zu »uns«?
Oder wollen wir uns nicht lieber abgrenzen von denen »da unten«, in der »Mitte« bleiben und nicht nach links und rechts schauen.
Die Tendenz, dass die Reichen immer reicher werden, die Mitte abnimmt und unten das tägliche Überleben immer schwieriger wird, diese Entwicklung wird sich wohl allem Anschein nach fortsetzen.
Ändern könnte das nur der »Wähler«!
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