10jähriger entdeckt »Jesusgesicht« – eine typisch honduranische Story (48)

Christbaum?

Heute der Aufmacher in meiner morgentlichen Zeitung La Tribuna: Jesuscristo deslumbra (erscheint blendend) im Baumstumpf eines Zedernbaumes. Was war passiert? In Las Vegas, einem kleinen Vorort von Victoria in Yoro, hatte ein Zehnjähriger dieses »Wunder« beim Brennholzsammeln gefunden. Zu sehen ist am unteren Ende des Baums die Verwachsungen von zwei Quer und drei Längsschnitten – insgesamt kann man gut ein Gesicht herauslesen. Wieso das dann gleich ein Christusgesicht sein muss (vor allem in Ermangelung jeglichen Bild-/Fotomaterials des Besagten) – bleibt mir zwar unbegreiflich. Aber ich gehöre ja auch zu dieser Sorte von Ungläubigen, die in diesen Dingen nicht das letzte Wort haben.

Jedenfalls hat mittlerweile ein reger Touriverkehr zu diesem neuen Wallfahrtsort eingesetzt, Kranke und Bittende strömen herbei und erflehen Hilfe. Und ich überlege mir auch, ob ich nicht meine Bäume im Garten mit ein paar Axthieben bearbeiten sollte: vielleicht klappt das ja auch in Peiting?

Jesusgesicht

Déjà vu forever oder die unendliche Geschichte

Die abgelebten Jahre, auf die ich nun schon zurückblicke, haben doch einen Vorteil: Es sind Ähnlichkeiten zu erkennen, Muster, nach denen machtpolitische Spielchen laufen und Vormachtstellungen erhalten werden. Hier in Honduras, wo ich nun schon 5 Jahre verbringe, wurde eine den „demokratischen“ Spielregeln entsprechende Variante zur Machtübernahme ausprobiert – im Wissen, dass Parlament und Justiz voll auf Putschlinie war – und natürlich das Militär dahinter stand.

Ganz ähnlich war die Situation beim gewaltlosen Staatsstreich vor einem Monat in Paraguay: Der Staatspräsident Fernando Lugo wird nicht wie Mel Zelaya im Pyjama vom Militär aus dem Land geschafft, sondern er wird per Stimmabgabe aus dem Amt katapultiert – gestolpert über eine Lappalie, die unsere Kanzlerin nicht mal ein Lächeln gekostet hätte. Und der linke Expriester Lugo gab nach, um Blutvergießen zu vermeiden. Löblich, leider wird dieses Denken von den rechten Counterparts und deren weiter im Norden sitzenden Unterstützern mit dem GreenGo-Label nicht geteilt.

Andere Zeiten waren es noch in den 80er – Jahren, als Nicaraguas Revolution durch einen low-intensity-warfare (Krieg auf niedriger Dosierung) mit doch etwa 50.000 Toten in die Knie gezwungen wurde. Damals wurden über Honduras und Costa Rica sogenannte Contras, durch die USA bewaffnete Diktatorengünstlinge (Somoza) und Söldner ins Land geschleust, deren Abwehr der Revolutionsregierung zum Schluss über die Hälfte des Staatshaushalts kostete – und 1990 zu deren Abwahl führte (was ich auch miterleben durfte).

Aber unsere friedliebende, menschenrechtsachtende und ach so freie Supermacht ist ja nicht nur auf einem Kontinent aktiv: nachdem Libyen als Öllieferstaat unserer westlichen Ausbeutungsgesellschaft wieder eingegliedert worden ist, ist derzeit Syrien auf dem Speiseplan zu finden: diesmal geht es weniger ums Öl, mehr wie im Fall von Nicaragua um die strategische Stellung mitten in Nahost. Und die Taktik ist verblüffend ähnlich: ein paar Unzufriedene werden hochmodern aufgerüstet, ausgebildet, mit grünen Scheinen versorgt und mit Söldnern unterfüttert, die dann Terror ins Land tragen. Nicht zu vergessen eine allzu willfährige Mainstream-Presse, die halt das berichtet, was berichtet werden soll (die armen Reporter müssen schließlich auch leben…).

Und – Syrien ist der letzte Bündnispartner der Iraner, der als Nächster auf der Speisekarte steht. Und da wird es dann schon üppiger und kalorienreicher: die zweitgrößten Billigölreserven der Welt sind doch zu verlockend. Bei zwar noch ziemlich viel Öl auf der Welt, aber halt nicht mehr so billig zu fördern. Das macht einfach die Gewinnspannen kaputt.

Reinhard Böttger

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