Unterzeichnung von CETA mit Auflagen ist weiter umstritten –
nach wie vor fehlt die demokratische Legitimation
Wallonien (auch als »die Wallonie« bezeichnet) hat nun Ende Oktober den Weg für CETA vorerst freigemacht. Doch für ein Ja zu CETA formulierte das wallonische Parlament wichtige Hürden: Das Abkommen dürfe weder Sonderklagerechte für Konzerne enthalten noch die bäuerliche Landwirtschaft gefährden und öffentliche Dienstleistungen unter Privatisierungsdruck setzen.
Belgien will nun vom Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen, ob die geplanten Schiedsgerichte legal sind. Die Richter könnten also CETA noch stoppen. Und die Chancen sind eigentlich nicht so schlecht. Denn kürzlich haben auch Juristen aus ganz Europa in einem offenen Brief dargestellt, dass die Schiedsgerichte nicht durch EU-Recht gedeckt sind.
Eine weitere Hürde ist die Vereinbarkeit von CETA mit dem Grundgesetz. Dies ist durch das Bundesverfassungsgericht noch zu prüfen. Sollte das Gericht den Antrag ablehnen, ist CETA aber noch längst nicht beschlossen. Die Parlamente der Mitgliedsstaaten müssen dann dem Vertrag noch zustimmen. In Deutschland sind das der Bundestag und der Bundesrat. Auch da kann der Protest gegen CETA durch direkte Demokratie noch etwas bewirken. Drei Bundesländer setzen nämlich darauf. Nordrhein-Westfalen und Schleswig Holstein wollen nach Sammlung der erforderlichen Unterschriften demnächst Anträge auf Volksbegehren stellen.
Bayern ist da schon einen Schritt weiter. Verteilt auf 96 Kartons haben die Initiatoren im Oktober bereits 85 146 gültige Unterschriften zum Bayerischen Innenministerium gebracht. Symbolisch stehen die 96 Kartons für die 71 bayerischen Landkreise und die 25 kreisfreien Städte. Aus allen Ecken Bayerns haben die Menschen den Zulassungsantrag für das Volksbegehren gegen CETA unterschrieben. In nur knapp drei Wochen Sammelzeit kamen 85 146 Unterschriften zusammen, davon 50 000 allein am ersten Sammeltag. Dabei hätten 25 000 Unterschriften schon ausgereicht, um ein Volksbegehren in Bayern zu beantragen.
Sowohl die EU-Kommission als auch die Regierungschefs werden weiterhin mit aller Macht und sämtlichen Tricks versuchen, CETA durchzudrücken. Sie üben massiven Zeitdruck aus, beschwören das Ende Europas herauf. Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprechen von „gravierenden Folgen“, „die Glaubwürdigkeit Europas“ stehe auf dem Spiel und Europa mache sich komplett lächerlich, wenn CETA nicht durchgeht. Gabriel in der Tagesschau: „Der Rest schaut kopfschüttelnd auf Europa, dass wir nicht mal mit Kanada ein Handelsabkommen hinbekommen. Dies ist kein gutes Zeichen. Europa ist ohnehin nicht in guter Verfassung.“
Aber ist es nicht eher so, dass Millionen Menschen das Handelsabkommen CETA als Angriff auf das demokratisch organisierte Europa sehen? Das Misstrauen ist durch die Geheimverhandlungen von CETA und TTIP enorm gestiegen. Dass es bisher noch nicht gelungen ist, das undemokratisch ausgehandelte Abkommen zugunsten der Konzerne durchzusetzen, ist das Verdienst von Menschen, die Widerstand leisten. 3,3 Millionen Menschen haben die Europäische Bürgerinitiative gegen CETA und TTIP unterzeichnet. Hunderttausende sind gegen die Handelsabkommen auf die Straßen gegangen, und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks.
Sigi Müller
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