Welches Licht brauchen wir? (Teil 2)

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Reinhard Gerl

Auswirkungen von verschiedenen Lichtquellen auf unsere Gesundheit

Was gibt uns die Natur?

Natürliches Tageslicht am Abend bei Sonnenuntergang ist sehr warm und damit rothaltig. Es enthält nur noch wenig Blau. Das Licht von Glüh- beziehungsweise Halogenlampen kommt dem sehr nahe. Vermehrt blauhaltiges Licht gibt es nur während eines Teils des Tages, jedoch werden diese Anteile am Abend erheblich geringer.

Viel Blau im LED-Licht

Licht von modernen LED-Lampen ist in der Regel sehr blauhaltig, was von den meisten Menschen am Abend als unangenehm empfunden wird.

Alle modernen Leuchtmittel, ganz besonders LEDs, strahlen mit viel Blau. Eine moderne, energieeffiziente Beleuchtung lässt sich heutzutage nur durch Licht mit viel kurzwelligem Blau- und möglichst wenig langwelligem Rot- und Infrarot-Anteil erzeugen.

Mittlerweile ist es gut erforscht, dass Licht mit kurzer Wellenlänge – also das »blaue« Licht – zur stärksten Unterdrückung der Melatoninausschüttung führt, was negative Auswirkungen auf den Schlaf hat.

Wo bleibt die Regeneration?

Langwellige Lichtstrahlung (Rot, Infrarot) hat zellregenerierende und durchblutungsfördernde Eigenschaften.

Zitat von Alexander Wunsch, Arzt und Lichtbiologe: „Was die Astronomen und Soldaten seit Jahrzehnten wussten, ist die Tatsache, dass rotes Licht die Dunkelanpassung des Auges nicht beeinträchtigt. Jeder kennt die alten, grün lackierten Militärtaschenlampen mit einem Grünfilter und einem Rotfilter. Der Rotfilter ist genau für den Zweck gemacht, die Dunkelanpassung des Auges und damit auch vegetative Helligkeitsreaktionen des Körpers zu verhindern. Auch die Astronomen sind bei ihren Himmelsbeobachtungen auf eine möglichst große Lichtempfindlichkeit ihrer Augen angewiesen und verwenden daher ebenfalls rotes, gedämpftes Licht, wenn sie sich z. B. Notizen machen und danach gleich wieder in ihr Fernrohr schauen.

Nächtliches Licht erhöht Brustkrebsrisiko erheblich

Die erste Studie zu Auswirkungen von nächtlichem Licht auf die menschliche Gesundheit stammt bereits aus dem Jahr 1980, berichtete Richard Stevens, Gesundheitsforscher vom Health Center der University of Connecticut in Berlin. Schon diese Studie zeigte, dass Licht in der Nacht die Melatonin-Produktion reduziert, die in der Dunkelphase normalerweise hoch ist. Seitdem haben zahlreiche Studien deutliche Hinweise darauf geliefert, dass die Unterdrückung des Botenstoffs Melatonin die Risiken für Brustkrebs beziehungsweise Prostatakrebs erhöht. Es besteht ein signifikanter Zusammenhang mit der Beleuchtung in der Nacht. Auch Schichtarbeiter sind davon betroffen.

Die mögliche Erklärung liegt darin, dass Melatonin eine Rolle bei der Reparatur von DNA-Schäden spielt. Auch epidemiologische Studien deuten in die gleiche Richtung. So müssen zum Beispiel Schichtarbeitende mit einem höheren Brust- beziehungsweise Prostatakrebsrisiko rechnen.

Eine neue Studie deckt auf: »Weißes« Licht unterdrückt die Produktion von Melatonin mehr als orangegelbes Licht!
Wenn man dem Licht von weißen LED-Leuchten (die immer eine hohe Abstrahlung im Blaubereich zw. 400 und 500 nm haben) ausgesetzt ist, wird Melatonin 5 mal mehr unterdrückt als bei Natrium-Hochdrucklampen, die eine orangegelbe Lichtfarbe abstrahlen.

„Die aktuelle Systemumstellung in vielen Bereichen von den weit verbreiteten Natriumdampflampen zu den weißen LED-Lampen verstärkt die Melatoninunterdrückung bei Menschen und Tieren“, sagen die Forscher.
Prof. Abraham Haim von der Universität in Haifa empfiehlt, man sollte Licht stärker daraufhin untersuchen, welche Wellenlängen eine Lampe produziert und genaue Angaben machen, wie stark deren Melatonin-unterdrückenden Effekte sind.

Fazit 1: Wenn wir nachts zur Orientierung Licht anmachen, ist gedämpftes Licht wichtig, das entweder rot, orange oder goldgelb ist. Vor allem die Blauanteile und größere Helligkeit sind dafür verantwortlich, dass der Körper vegetativ reagiert, z. B. mit Veränderung der Pupillenweite oder einer verminderten Ausschüttung des Schlaf- und Regenerationshormons Melatonin. Diese Reaktionen sollten nach heutigem Kenntnisstand möglichst vermieden werden.“

Farbtemperatur – Absurde Berechnungsmethode

Die Farbtemperatur ist ein Maß, um einen jeweiligen Farbeindruck einer Lichtquelle quantitativ zu bestimmen. Anstatt diese aus allen Daten einer Lichtquelle zu berechnen, werden der Einfachheit halber nur 3 Punkte des Spektrums dazu verwendet. Diese liegen bei 436, 546 und bei 700 nm. Es erfolgt also keine kontinuierliche, sondern eine isolierte Messung, die nur Annäherungswerte liefert. Damit werden Energiesparlampen und LED sozusagen »schöngerechnet«.

Dies führt dazu, dass unterschiedliche Lichtquellen durch den Betrachter als ähnlich interpretiert werden, obwohl sie eine völlig unterschiedliche Lichtzusammensetzung haben. Mit fatalen Folgen.

Fazit 2: Wir Menschen könnten uns doch mal die Frage stellen, warum wir von den natürlichen Bedingungen so fundamental abweichen. Warum lassen wir uns kaltes, ungemütliches und letztlich naturfremdes Kunstlicht in unseren Häusern und auf den Straßen vorsetzen, wo doch längst bekannt und hinreichend wissenschaftlich erforscht ist, welche Auswirkungen das haben kann.

Reinhard Gerl
Kontakt: reinhardgerl@durchblick.Me
(Der erste Teil zum Thema »Licht« finden Sie hier.)

1 Kommentar

  1. Sehr geehrter Herr Gerl,

    vielen Dank für diesen Artikel. Ich fühle mich schon seit langem beeinträchtigt von den schlimmen

    Lichtverhältnissen beispielsweise an der Uni Frankfurt, dort in der Physik. Das Licht ist eindeutig

    bloßes RGB-Licht aus einer Röhre, was sich sogar auf den rauen Tischplatten optisch auffächert.

    Wird bereits rechtlich darum gekämpft, dass Arbeitsplätze mit langer optischer Beanspruchung am PC

    (wie in der Physik) endlich so beleuchtet werden, dass die Leute darunter nicht mehr leiden? Hier wird am

    falschen Ende gespart! Das ist ja grad so, als würde man sagen: Was stört mich die Scheiße im Trink-

    wasser, solange es nur billig ist? Fast kriminell, oder nicht?

    Viele Grüße

    Eric Pade

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