IHK-Gremium Landsberg-Weilheim Schongau – Schreiben vom 10.11.2014 und Stellungnahme von Peter Ostenrieder
IHK: Finanzielle Situation des Landkreises Weilheim-Schongau gibt „Anlass zur Besorgnis“
In seinem Schreiben kritisiert der IHK-Gremiumsausschuss die hohe Kreisumlage von 58 % („eine der höchsten in ganz Bayern“). Kernpunkt des Schreibens ist die Kritik an Gemeinden, die ihre Gewerbesteuer-Hebesätze erhöht haben. Dies schade der „Standortqualität“. Das IHK-Gremium fordert den Kreistag auf, die richtigen Prioritäten zu setzen und „den Fokus nicht auf die Einnahmen, sondern auf die Ausgabenseite zu legen“. Dazu veröffentlichen wir das Antwortschreiben des CSU-Kreisrats Peter Ostenrieder an die IHK, das er auch an Landrätin Jochner-Weiß, den Kreiskämmerer und an Mitglieder des Kreistages geschickt hat.
Sehr geehrter Herr Hofbauer,
sehr geehrter Herr Klein,
ich schreibe Ihnen heute als Zwangsmitglied in der IHK sowie zugleich als gewählter Kreisrat im Landkreis Weilheim-Schongau (seit 2008). Über Ihr Schreiben war ich doch sehr verwundert, da es leider von großer Desinformation über bestimmte politische Entscheidungen im Landkreis Weilheim-Schongau zeugt.
Die von Ihnen angesprochenen Punkte werden seit vielen Jahren vom Kreistag Weilheim-Schongau beachtet und berücksichtigt. Nichtsdestotrotz kann man nicht umhin, auch wichtige Investitionen in die Zukunft zu tätigen, wie die anstehenden Schulneubau- und -sanierungsmaßnahmen, u. a. die Großmaßnahme Neubau einer Berufsschule, die insbesonders unseren Unternehmen zugute kommen wird. Daneben arbeitet der Kreistag parteiübergreifend mit Hochdruck an der Konsolidierung unserer Krankenhaus-GmbH, die ebenfalls als wichtiger Standortfaktor für die Bürger im Landkreis wichtig ist. Der Erhalt unserer dezentralen Standorte für die Krankenhäuser sowie ein wirtschaftlicher Umtrieb zugleich stehen hier im Vordergrund. Die Belehrung Ihrerseits, wohin das Augenmerk unserer Arbeit gelegt werden sollte, ist unnötig, da der Kreistag mit allen Parteien auch bei den langen Diskussionen über die o. g. Themen genau die von Ihnen geforderten Punkte immer beachtet hatte. Ihre „Besorgnis“ hätte sicherlich in einem klärenden gemeinsamen Gespräch mit Mitgliedern des Kreistages oder der Verwaltung abgebaut werden können.
Da nun aber ein Investitionsprogramm in Höhe von zirka 180 Mio. Euro unabdingbar für die Allgemeinheit im Landkreis ansteht, muss auch der Kreishaushalt entsprechend angeglichen werden. Der Kreisumlagesatz von 58 % entspricht bei weitem nicht den tatsächlichen Anforderungen bzw. dem Satz, den der Landkreis tatsächlich hätte erheben müssen. Dies läge aufgrund der notwendigen Investitionen sicher über 60, was alle Kreistagsmitglieder definitiv vermeiden möchten. Vielmehr wurde der Hebesatz in Absprache mit allen Fraktionen, in denen auch etliche Bürgermeister (und Unternehmer) sind, festgelegt, um die hohen Investitionen, die unseren Standort Landkreis Weilheim-Schongau für die Zukunft sichern, auch finanziell darstellen zu können.
Die Erhöhung des Gewerbesteuersatzes auf 380, der in einigen Kommunen vollzogen wurde, stellt in keinster Weise die von Ihnen ins Feld geführte Gefährdung des Standortes dar. Vielleicht wissen Sie ja nicht, dass Einzelunternehmer (von denen Sie ja etliche als Mitglieder haben) bis exakt zu diesem Satz die Gewerbesteuer komplett mit der Einkommensteuer verrechnen können, für sie also bis 380 der Hebesatz unerheblich ist. Dies gilt nicht für Kapitalgesellschaften. Betrachtet man die Hebesätze von florierenden Orten wie München (490), Ingolstadt (400), Rosenheim (400) oder auch Weilheim und Wielenbach (je 380), dann stellt man fest, dass zumindest der Hebesatz bis 380 nicht der Grund für mangelnde Gewerbeansiedlung sein kann. Selbst im westlichen Bernbeuren (380) hat sich noch nie einer meiner Kunden dort über den Hebesatz der Gewerbesteuer beklagt, es sind vollkommen andere Dinge, die unsere Mittelständler beschäftigen. Darüberhinaus werden Sie bei Befragung von Bürgermeistern feststellen, dass Interessenten eher nach dem Breitbandzugang, der örtlichen Schulsituation und den infrastrukturellen Themen fragen als nach dem Gewerbesteuerhebesatz. Diese Diskussion ist eine reine Schaufensterdiskussion. Vielleicht wäre es eine Anregung für die IHK, sich in dem Bereich der Infrastruktur stark zu machen und für eine vernünftige Breitband- aber auch Mobilfunksituation (die in unserem Landkreis grausam ist) eintreten. Die betreffenden Unternehmen sind ja ebenfalls IHK-Mitglieder. Diese digitale Infrastruktur sichert die Möglichkeiten für Gewerbe und Industrie auch im ländlichen Raum.
Auch wenn in einem Betrieb eine hohe Investition ansteht (wie jetzt die Schulen oder die Krankenhäuser im Landkreis), wird dieser Betrieb diese Kosten auf mehrere Geschäftsjahre verteilen, in denen eben der Ertrag nicht allzu rosig ist. Aber die Investition ist für die Standortsicherung notwendig. Gleiches gilt für unseren Landkreis. Die dezentrale Beschulung in Gymnasien und Realschulen, die Versorgung mit unseren Berufsschulen, die wohnortnahe Versorgung in unseren Kliniken, all das sind Faktoren, die den Standort Weilheim-Schongau in einem starken Wettbewerb – der nicht zuletzt auch von Landflucht unserer jungen Menschen geprägt ist – fit machen für die Zukunft.
Die in Ihrem Schreiben unter Punkt 3 genannten Forderungen werden längst vom aktuellen wie auch von dem Kreistag zuvor seit 2008 komplett erfüllt. Insofern muss ich Ihnen als IHK-Zwangsmitglied leider mitteilen, dass ich persönlich Ihr Schreiben als unnötig und anmaßend gegenüber allen ehrenamtlich tätigen Kreisräten und auch der Verwaltung unseres Landkreises empfinde. Bereits seit dem Jahr 2013 werden die von Ihnen benannten Forderungen sogar in sogenannten jährlich zu aktualisierenden Eckwerte-Beschlüssen im Vorfeld der Haushaltsaufstellung durch den Kreistag festgezurrt, um jegliche unnötige Ausgabe zu vermeiden und erst gar keine Begehrlichkeiten entstehen zu lassen. Insbesondere die von Ihnen ins Feld geführte Kreisumlage wird hier immer als Berechnungsgrundlage so niedrig wie – angesichts der notwendigen Investitionen – möglich angesetzt. Eine andere Betrachtungsweise würde eine Verschuldung in die Zukunft verlagern, was ich und Sie bestimmt ebenfalls nicht möchten.
Wir – und hier kann ich uneingeschränkt alle Kreistagsmitglieder einschließen – durchleuchten bei JEDER Haushaltsdiskussion alle Aufgabenbereiche und wägen sehr genau ab, welche Investitionen tatsächlich für die Zukunft wichtig sind, und auf welche Investitionen man verzichten kann. Aber es ist ja schön, wenn sich die IHK-Gremien exakt so positionieren, wie der Kreistag Weilheim-Schongau seit Jahren arbeitet, nämlich konzentriert auf die nachhaltige Stärkung unseres Standorts, gerade auch im Hinblick auf sparsamsten Umgang mit Steuermitteln und zukunftsfähige Investitionen wie unsere Schulen und Krankenhäuser.
Mit besten Grüßen nach Weilheim und Peißenberg!
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