Persönliche Eindrücke vom 4. September aus der Peitinger Schlossberghalle
An der Eingangstüre muss ich mein Getränk, meine Süßigkeiten, mein Transparent und meine Trillerpfeife draußen lassen. Der Auftakt beginnt mit 20-minütiger Verspätung, mit lauter Marschmusik und Standing Ovations.
Reno Schmidt, der AfD-Kreisvorsitzende in WM-SOG, hält die Begrüßungsrede. Er bedankt sich bei den Gegendemonstranten für die „Gratiswerbung“ und kündigt das Absingen von Bayernhymne und Deutschlandlied am Schluss der Veranstaltung an.
Alexander Neumeyer, Bezirkstagskandidat, hält eine kurze Rede und geht auf ein „deutsches Verbrechensopfer“ in Chemnitz ein. Die meisten Anwesenden erheben sich und schweigen ergriffen.
Zwei junge Männer verlassen den Saal, im Hinausgehen wirft einer einen Papierflieger nach vorne. Gleichzeitig werden sie von rückwärts beschimpft: „Raus mit dir, du linke Bazille!“ Hans-Helmut Herold (Fotograf) verlässt den Saal mit dem aufgesammelten Papierflieger in der Hand – und kommt später wieder zurück.
Rüdiger Imgart, Landtagsdirektkandidat, möchte, „dass wir uns schön aufführen ohne Störungen“. Wir seien eine kleine, aber kämpferische Truppe in Weilheim-Schongau und „wir werden das Ding schon wuppen“. Sein Beruf – er ist Anwalt in der Kreisstadt Weilheim – bedinge die Auseinandersetzung mit dem Recht, die „unser Staat offenbar nur noch unzureichend erfüllt“. Er möchte den Kreis in Kürze übernehmen, in dem Franz-Josef Strauß als Vollblut-Politiker begonnen hat. Die jetzigen Politiker bezeichnet er als „blutleer“. Man möge Björn Höcke nicht zu viel Zeit stehlen, weswegen er seine Rede relativ kurz hält. Björn Höcke sei sein großes Vorbild. Ein paar bildhafte Zitate: „Gemeinsam statt einsam.“ „Mehr deutsche Kinder“ …, „Sozialer Wohnungsbau meint bezahlbarer Wohnraum für deutsche Menschen.“ (Applaus!) „Politik für diese Menschen – unser Geld für unsere Leute“; „Die Zeit ist reif für den Wechsel“; „Ganz Bayern braucht einen politischen Wechsel“; „Die AfD ist die kommende große Volkspartei“; „Linke Politik“; „schwarzer Filz“; „Heimattreue“; „Wechsel“; „Erneuerung“; „Gemeinsamer Kampf“; …
Danach spricht Katrin Ebner-Steiner. Sie wird mit vielen hofierenden Adjektiven als „unsere bezaubernde, hübsche, schöne stellvertretende Landesvorsitzende“ vorgestellt. Sie spricht über Zukunft für „bayerische Kinder“ und „Frieden und Freiheit im Herzen Europas“. O-Ton für lauter werdende Zuhörer: „Das finden Sie also toll da hinten, dass unsere Frauen und Mädchen angegriffen werden.“ Merkel müsse „in den unverdienten Ruhestand geschickt werden“. „Der Dreh-Söder kopiert die AfD.“ „Filz und Amigo-Strukturen sind gnadenlos auszurotten.“ Der CSU müsse „ein Schuss vor den Bug verpasst werden“, … „und dann nachgeladen werden“. Herr Söder habe „keine Ahnung von unseren Strukturen. Die AfD ist die Strafe Gottes für die CSU“. Man brauche „eine Wiederkehr des gesunden Menschenverstandes“. „Auf Sieg für Deutschland!“
Donnernder Beifall für Björn Höcke aus Thüringen. „Wenn ich die Berge sehe, geht mir das Herz auf!“ „Bayern ist eine Gegend, die von Gott gesegnet ist.“ „Dieses Land hat eine Leitkultur – und das ist die deutsche.“ Er bezeichnet das Lesen der FAZ als „seine Jugendsünde“, das Lesen von Tageszeitungen allgemein als „Lebenszeitverschwendung“. „Lesen Sie Bücher!“ Über den Verfassungsschutz äußert er sich so: „Er sichert die Herrschaft des politischen Establishments. Er betreibt Gesinnungsschnüffelei.“ Und das möchte er nicht. Uns Zuhörer bezeichnet er immer wieder als „liebe Freunde“. (Liebe Freunde von wem?)
„Die Kartellparteien“ würden systematisch Recht brechen. Danach redet er den Journalismus schlecht, vor allem den Münchner Merkur. (Dort sei er nicht richtig angekündigt worden.) Er kritisiert den Erziehungsauftrag unserer Schulen, bezeichnet die AfD als Familienpartei: „Für uns und unsere Kinder, deutsche Zukunft in der Mitte Europas.“ Höcke war 15 Jahre Lehrer und kritisiert vor allem die Rechtschreibreform und die Energiewirtschaft. „Das machen wir von der AfD nicht länger mit!“ Das Polizeiaufgabengesetz möchte er nicht, weil „… wenn wir die Grenzen nicht geöffnet hätten, bräuchten wir es gar nicht!“ „Das Sicherheitsgefüge unseres Landes ist erodiert.“ „Sie lösen unser Deutschland auf wie ein Stück Seife unter einem Wasserstrahl.“ Höcke prangert Linksextreme an, die mit Millionen von Steuergeldern z. B. mit Bussen nach Chemnitz „gekarrt“ werden. „Der Kampf gegen Rechts ist nur ein Kampf gegen die bürgerliche Mitte.“ Die Toten Hosen werden von ihm verrissen, weil sie in Chemnitz ein Konzert gegeben haben.
Mehrere Zuhörer in den hinteren Reihen verlassen den Saal. Dazu sagt Höcke: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“
Auch ich verlasse an dieser Stelle den Saal. Ich habe genug Parolen gehört. Den Rest der Rede und das Absingen der Hymnen habe ich leider verpasst.
Beim Hinausgehen fragen mich die Polizisten: „Ist die Veranstaltung schon zu Ende?“ Ich antworte: „Nein, mir ist nur schlecht!“
Meine draußen abgelegten Sachen sind noch da.
Susanne Becker, Schongau
Demonstrationen für einen bestimmten Zweck
Wann, wo und in welcher Form sind sie hilfreich? Hier drei Beispiele aus Peiting!
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