Fortsetzung des Ostsee-Krimis vom 9. September 2024 [1]
Die »ukrainische Spur« der angeblichen Nord-Stream-Attentäter wird in derAusgabe #48 vom 20. November 2024 im Magazin DER SPIEGEL zementiert. Das Magazin veröffentlichte seine finale Story zur Sprengung der Nord-Stream-Pipelines. Es entstand eine saftig garnierte Agenten-Story à la Hollywood, die aus angeblich eigenen Recherchen der acht Autoren stammt.
Hier die Zusammenfassung der umwerfenden Erzählung: [2][3]
# Von einer “wild entschlossenen“, „eingeschworenen Gruppe ukrainischer Patrioten“ konnten laut SPIEGEL die Pipeline-Röhren mit „enormem Glück“ zerstört werden.
# Der „irrwitzige Plan“ wurde von einer „zusammengewürfelten Truppe“ aus “Hobbytauchern, Klimaanlagen-technikern, IT-Administratoren“, „Agenten* und Soldaten“ mit „Wagemut“ und „Todesverachtung“ durchgeführt. („Manche der Täter haben … Verbindungen zur CIA“ wird verraten.)
# Die Patrioten haben in der Ostsee ein „militärisch legitimes Ziel“ angegriffen und mit der filmreifen „Heldengeschichte“ „einem übermächtigen Gegner einen Schlag verpasst“.
# Der Anschlag wird Operation »Diameter« genannt und ist „Ein Segen für Deutschland“, weil „Putin Deutschland nicht mehr mit Gaslieferungen erpressen kann“.
# Fünf ukrainische Patrioten und eine Frau sind auf der abgetakelten Segeljacht »Andromeda« quer über die stürmische Ostsee nach Bornholm geschippert. Im Gepäck sechs als Taucherflaschen getarnte »Rohrbomben«. „Ein Sprengsatz geht verloren“. Die restlichen fünf »Geschenke« wurden einige Tage vor den geplanten Explosionen vor Ort in 80 Metern Tiefe mit Zeitzündern für den 26. September 2022 versehen. Drei der massiven Pipeline-Röhren wurden zerstört, zwei davon auf „einer Länge von 200 Metern“ aufgerissen.
# „Unfähige Sicherheitsbehörden“ haben den Anschlag nicht verhindert. Seit September 2022 „jagten Ermittler und Geheimdienste die Täter“.
# Dann hat „ein Rechercheteam“des SPIEGEL„mit westlichen Nachrichtendiensten und Ermittlern gesprochen“ und die „abgetauchten .. Mitglieder des Kommandos .. identifiziert“, „nach zwei Jahren Recherche in .. den Schattenwelten von Geheimdiensten“.
# „Der SPIEGEL kennt die Identitäten der meisten Beteiligten, aber sie können hier nicht genannt werden. Sie würden wohl zu Zielen russischer Mordkommandos.“ Nur zwei Namen werden genannt:
# 1. Der gesuchte Tauchlehrer Wolodymyr S. (oder Sch.) bleibt unauffindbar, „in Sicherheit“.
# 2. Der ukrainische Held der Story, der heruntergekommene Ex-Geheimdienstler Roman Tscherwinsky wollte nicht mit dem SPIEGEL über den Anschlag reden. „In der Vergangenheit hat er eine Beteiligung über einen Anwalt zurückgewiesen“.Der SPIEGEL mutmaßt: „Alles deutet darauf hin, dass er auch der Kopf der Operation»Diameter« ist.“
– Ende der Zusammenfassung –
Damit sollte der Kriminalfall um den Terroranschlag gelöst sein. Warum ist die Bundesanwaltschaft nicht darauf gekommen? Liegen dort die Identitäten der mutmaßlichen Terroristen vor?
Anmerkungen zur Story
Eigentlich ist diese Story die Zeit nicht wert sich damit auseinanderzusetzen. Aber es machte mir gerade eine besondere Freude, das schwülstige, emotional triefende Pamphlet ‘mal zu sezieren und das Skelett darzustellen. Besonders da die SPIEGEL-Story in anderen Mainstream-Medien zitiert wird.
Es wird unterschlagen, dass Russland 50 Jahre absolut zuverlässig und zu günstigen, stabilen Preisen Erdgas nach Deutschland geliefert hat! Sogar während des sog. Kalten Krieges. Bis zu der ausgebufften Gasturbinen-Intrige im Vorfeld der russischen Invasion. Dass Russland diese Abhängigkeit missbrauchen würde war nie zu erwarten, weil es im Gegenzug an deutscher Technologie sehr interessiert ist. Zerstört wurde eine deutsch-russische win-win-Situation, die hauptsächlich einigen mächtigen US-Strategen nicht in ihre imperialen Ziele gepasst hat.
Realitätsverweigerung zeigen die Autoren auch zu den derzeitigen Firmenpleiten infolge der hohen Energiepreise. Und dass sie sich innerhalb der einen Story widersprechen*, fällt ihnen offenbar nicht auf:
- „Im September 2022 zerstörte eine Truppe aus Agenten * und Hobbytauchern ….“ (1. & 2.Absatz)
- „Keine Militärs oder Agenten *, sondern Hobbytaucher, …” (x. Absatz)
Sie identifizieren sich mit den ukrainischen Behauptungen und suggerieren den Terror-Anschlag als »Akt der Befreiung für Deutschland«. Mit der Anzahl der beteiligten Autoren soll vermutlich die Glaubwürdigkeit ihrer 5600-Worte-Erzählung gesteigert werden.
Wegen dem »Aggressor Wladimir Putin« sollen gemäß SPIEGEL-Autoren die Ukrainer in ihrer Opferrolle aber vor Strafe verschont werden. Denn “im Ergebnis steht Deutschland besser da als zuvor. Die Versorgungssicherheit ist um ein Vielfaches höher“, wird ignorant behauptet. „Wladimir Putins Pipelines .. Es ist gut, dass sie weg sind“, bekennt einer der Autoren in einem eigenen Kommentar.[3] Sie toppen ihre Story schließlich mit den allzu plumpen Suggestiv-Fragen:
- „Wird man den Angreifern also gerecht, wenn man sie auf eine Ebene mit Terroristen stellt ?“
- „Sollte Deutschland die Täter überhaupt verfolgen ?“
und sie beantworten diese selbst mit:
- „Wer im Krieg ein militärisches Ziel angreift, ist völkerrechtlich womöglich nicht zu belangen.“
Was haben die Autoren geraucht? – Also, liebe Landsleute, den Terror akzeptieren und das Maul halten!
Laut SPIEGEL soll die angebliche »Low-Budget-Operation« »Diameter« so abgelaufen sein:
- „Erstmals lässt sich nun die ganze Geschichte der Nord-Stream-Attacke erzählen“
- „nun ist klar:Nord Stream wurdenicht von einer mit Hightech ausgerüsteten Eliteeinheit gesprengt, sondern von einer zusammengewürfelten Truppe, mit einem Budget von weniger als 300.000 US-Dollar.“
Der gesuchte ukrainische Tauchlehrer Wolodymyr S. soll einer der „Patrioten“ gewesen sein. Die Hobby-Taucher sind in den SPIEGEL-Recherchen zu Tieftauch-Experten mutiert, die in bis zu 100 m Wassertiefe trainiert hätten. Sie hätten sogar „ebenso wie die Kommandeure, Mittel aus eigenen Ersparnissen“ zur Finanzierung der Operation beigetragen.
- „Die Idee des Sprengmeisters: eine Druckluftflasche für Taucher in eine Rohrbombe zu verwandeln.“
Sechs so getarnte Sprengsätze wurden hergestellt und eingesetzt wie oben beschrieben.
Wer waren die Attentäter/Terroristen?
Der SPIEGEL behauptet, die Identitäten der meisten Beteiligten zu kennen. Trotzdem wurde bisher niemand angeklagt oder gefasst. Nun hat der SPIEGEL ein Foto von Wolodymyr S. mit seinem Gesicht veröffentlicht und von seinem Nachnamen wurden 2 weitere Buchstaben – ch – verraten. Gesucht wird der „mit einem Europäischen Haftbefehl“, aber …
- „– offenbar brachte ihn ein ukrainischer Diplomat im letzten Moment in Sicherheit“
Wie praktisch, entlastet das doch unsere Behörden, die offenbar eh’ kein Interesse hatten diesem Kriminalfall auf den Grund zu gehen. Erst recht nicht, nachdem die Skandinavier ihre Nachforschungen „ergebnislos“ eingestellt hatten.
Gab es Vorwarnungen?
In der SPIEGEL-Story ist die Rede von „Sicherheitsbürokratie“ und „unfähigen Sicherheitsbehörden“. Angeblich sollen CIA und BND vom „militärischen Nachrichtendienst der Niederlande“ im Juni 2022 in einer „streng geheimen Depesche“ vor dem Anschlag gewarnt worden sein. Aber was wäre die Story ohne die schon berüchtigten Pleiten, Pech & Pannen?:
- „Bundespolizei, Marine und die Terrorabwehrzentren von Bund und Ländern erfahren von den Hinweisen nichts“
Und die Krönung der Erzählung: Joe Bidens »Zentrale Intelligenz Agentur« soll den Terroranschlag untersagt haben.
- „Der CIA-Vertreter in Kyjiw wird im Präsidentenpalast vorstellig. Er hat eine klare Botschaft: Die Anschlagspläne seien einzustellen“
Zwei konträre Anschlags-Versionen (Hersh & Spiegel):
Ich habe beide Versionen des Ostsee-Krimis aufmerksam gelesen:
# DER SPIEGEL liefert eine schnulzige Erzählung ohne Beweise. Warum sollten die westlichen Nachrichtendienste ihre Geheimnisse ausgerechnet dieser Zeitung anvertrauen? Werden die Terroristen nun angeklagt, von denen der SPIEGEL behauptet die Identitäten zu kennen?
Die Zielrichtung dieser Verschwörungserzählung ist klar:
1. Ablenkung von anderen möglichen Täterkreisen wie der Biden-Regierung und
2. eine weitere Verfolgung der Attentäter soll unterbleiben weil:
„Die Fahnder machen ihren Job. Aber sie helfen damit Russland.“
Genial in der (Ablenkungs-) Strategie ist die emotionale Generierung von ukrainischen Helden, die sich in ihrer Opferrolle nur verteidigt hätten, also nicht als Terroristen gesehen und verfolgt werden sollen. Die Mitleidsmasche soll das deutsche Gehirn sedieren.
Wenngleich die erste Version des Attentat-Hergangs – die von Seymour Hersh – nicht erwähnt wird, wurde sie von den SPIEGEL-Autoren anscheinend gelesen, denn sie haben sich in Anlehnung einige gefällige Redewendungen herausgepickt, z.B.:
- »Am Ende hatte das Mädchen die dicksten Eier«
# Seymour Hersh’s Version ist auch nicht beweisbar, da der (hochrangige) Whistleblower sich verständlicherweise nicht als Zeuge outen würde. Wie die US-Regierung mit Verrätern umspringt, zeigt das Schicksal von Edward Snowden. Aber ist Hersh’s Geschichte glaubhaft? Nach seinen Angaben wurde sie ihm angetragen. Dazu stellt sich die Frage:
? Warum sollte ein prämierter, inzwischen 85-jähriger US-Journalist, sein Ansehen riskieren für eine unglaubwürdige Geschichte ?
Mein Resümee
In ihren Aussagen liegen die investigativen SPIEGEL-Journalisten ganz offensichtlich treu auf Linie mit der amerikanischen Biden-Regierung, was die folgenden Schlüsse zulässt:
# Entweder sind sie der von »westlichen Nachrichtendiensten« gelegten Spur auf den Leim gegangen,
# oder sie wollten ihrem Auftraggeber/Finanzier** einen Gefallen tun.
Vor Kurzem wurde durch eine investigative europäische Recherche bekannt, dass der SPIEGEL über eine »Proxy-Organisation« finanzielle Unterstützung vom **US-Außenministerium erhält.[4] Ebenso wie auch die ZEIT, die SZ und der NDR. Beim NDR wird die Tagesschau produziert, in der die »ukrainische Spur« erstmals sensationell erwähnt wurde.[5] Die Einflussnahme aus den USA verstärkt den Eindruck der versuchten Vertuschung von Tatsachen.
Die Internet-Suchmaschine zeigt die wohl beabsichtigte Verbreitungswirkung der Erzählung: Zahlreiche Mainstream-Medien haben die SPIEGEL-Story schon zitiert.
Mir leuchtet die Version von Seymour Hersh, die er kostenfrei im Internet zur Verfügung stellt, immer noch als durchdacht und plausibel ein.
Siegfried Klar, Weilheim
Anhang:
Wer sich selbst ein vergleichendes Bild beider Versionen machen möchte, kann sich entweder das SPIEGEL-Heft 48 oder ein digitales Abo besorgen und selbst entscheiden, welcher Version er mehr vertraut.
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- OHA-Zeitung, S. Klar, 09.09.2024: »Verschwörungserzählungen in den Leit-Medien (1)«https://www.oha-zeitung.de/verschwoerungserzaehlungen-in-den-leit-medien-1/↵
- DER SPIEGEL, 20.11.2024: »Wie ein ukrainisches Geheimkommando Nord Stream sprengte«
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/nord-stream-wie-ein-ukrainisches-geheimkommando-pipelines-sprengte-a-7aceb6f8-060f-4d29-9ddd-582dfdaf4ac6↵ - SPIEGEL, Fidelius Schmid, 20.11.2024: »Gesprengte Nord-Stream-Pipelines – Gut für Deutschland«
https://www.spiegel.de/politik/deutschland-und-nord-stream-warum-die-sprengung-der-pipelines-gut-sind-a-e24256c2-23d9-4817-ad45-52b73e80b9b0↵ - BLZ, 17.12.2024: »Wie die US-Regierung Journalismus in Deutschland bezahlt«
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/das-geheime-video-wie-die-us-regierung-journalismus-in-deutschland-bezahlt-li.2282290↵ - ARD Tagesschau, 07.03.2023: »Sabotage an Nord-Stream-Pipelines: Spur führt zu pro-ukrainischer Gruppe« https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts-56079.html↵
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