Jedes Jahr verschwinden auf der Erde rund 13 Millionen Hektar Regenwald – und mit ihnen wertvolle, artenreiche Ökosysteme. Der Holzeinschlag bildet dabei den Anfang eines Prozesses, an dessen Ende oft die vollständige Abholzung der Wälder steht. Deshalb sollten wir uns für Möbel und Holzprodukte aus heimischen Arten und entsprechender naturnaher und sozial verträglicher Waldwirtschaft entscheiden.
Die Umweltorganisationen »Rettet den Regenwald« und »Pro Regenwald« erläutern in ihren Publikationen, warum nur ein konsequenter Verzicht auf Tropenholz die Regenwälder retten kann.
Doch davon ließ sich der Schongauer Stadtrat bei der Auswahl der 15 Bänke rund um die künftige Fußgängerzone im Zentrum der Altstadt nicht beirren. Die vorgelegten Zahlen der Verwaltung waren zwar alles andere als umfassend, aber der gewählte Vergleich von 32 675 Euro Kosten für Bänke aus tropischem Kambala-Holz und rund 50 200 Euro für die Verwendung von heimischem Eichenholz überzeugte die große Mehrheit des Stadtrats, dass diese „erheblichen Mehrkosten“ – so die Begründung – einfach nicht hinnehmbar seien. Außerdem sei durch die Verwendung von »zertifiziertem Tropenholz« auch der Umweltschutz ausreichend berücksichtigt.
Die Tatsache, dass der Stadtrat auf Antrag der SPD bereits im Juni 1990 den Beschluss gefasst hatte, „auf Geräte und Möbel zu verzichten, die aus Tropenholz gefertigt sind“, stieß bei der Ratsmehrheit auf geringe Resonanz. Der Einwand aus der Alternativen Liste, dass der nach wie vor gültige Beschluss doch nicht einfach ignoriert werden könne, oder die Frage, ob zertifiziertes Tropenholz wirklich so nachhaltig sei, wie von Konzernen behauptet wird, wurde kurzerhand vom Tisch gewischt.
Bürgermeister Falk Sluyterman meinte hierzu, dass sich in den vergangenen 26 Jahren bei der Zertifizierung eine Menge getan habe. Auch könne der Stadtrat problemlos von einem vor so langer Zeit gefassten Beschluss abweichen. Auch aus der Bauverwaltung kam der Hinweis, dass es in Sachen Tropenholz „einen Quantensprung bei der Zertifizierung“ gegeben habe. Weitere Angebote von heimischen Hölzern wollte die Ratsmehrheit – auch aufgrund des Zeitdrucks? – nicht mehr einholen.
Zu einer völlig anderen Auffassung – was die Verwendung von Tropenholz betrifft – sind die Stadträte und Bürger von Ingolstadt gelangt. Im April 2012 sollten fünf Musterbänke in der Fußgängerzone zu Testzwecken montiert werden. Die Umwelt-Organisation »Rettet den Regenwald« protestierte, weil für die Bänke tropisches Kambala-Holz verwendet werden sollte. Fast 23.000 Menschen nahmen an der Aktion »Stoppt Tropenholz für Ingolstadts Bänke« teil. Mit deutlicher Mehrheit – 28 zu 19 Stimmen – entschied sich der Stadtrat gegen das tropische Holz aus Ghana und für die heimische Douglasie. Auf der Roten Liste der Internationalen Naturschutzunion IUCN wird Kambala-Holz übrigens als „bedroht“ eingestuft. Diese Holzart „leidet unter dem massiven Holzeinschlag”, heißt es.
Nicht jede Zertifizierung ist fragwürdig, aber wenn diese – wie so oft – zu hundert Prozent vom Auftraggeber finanziert wird, ist die Unabhängigkeit der Zertifizierenden nicht mehr gegeben. So wirbt der Verein Forest Stewardship Council (FSC) mit „verantwortlicher Waldbewirtschaftung“. Das »FSC-Siegel« konnte die Ingolstädter offenbar nicht überzeugen. Die Argumente der Umweltschützer waren stärker. Ihre Erklärungen lauten u. a.: „Der sogenannte selektive Holzeinschlag im Regenwald ist nach wie vor ein reiner Extraktionsbetrieb. Die empfindlichen Ökosysteme werden schwer geschädigt, die Artenvielfalt nimmt drastisch ab. Und die Holzindustrie raubt der lokalen Bevölkerung ihre Lebensgrundlagen – auch mit FSC-Label. Deshalb Hände weg von Tropenhölzern, gleichgültig ob mit oder ohne Label.“
Sigi Müller
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Dialog: Zertifizierter »Kahlschlag«
Dr. Uwe Sayer, FSC-Geschäftsführer: „Wenn Sie Waldwirtschaft zulassen, wenn Sie forstliches Handeln zulassen, dann müssen Sie ein Stück weit auch akzeptieren, dass alte Bäume gefällt werden. Sie lassen (sic) Sie kultivieren einen Wald und fällen irgendwann einen Baum, als Ergebnis dieser Forstwirtschaft.“
Reporter: Aber ein Kahlschlag?
Dr. Uwe Sayer: Die Bewertung von Kahlschlag ist problematisch, sehr differenziert zu betrachten.
Quelle: swr-report vom 14. Februar 2011: »Trotz Umweltsiegel holzen Papierhersteller rücksichtslos ab«
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