Gemüsezauber aus dem Pfaffenwinkel
Samstag, 20.7.2013 um 9 Uhr auf dem Kirchplatz in Weilheim: Die »Slow Food«-Aktivisten Anna Anzile und Ehemann Christian Schuster, Frank Matern, Inge Bias-Putzier und Heiner Putzier bauen zusammen mit Mitgliedern des Arbeitskreises »Keine-Gentechnik-Weilheim« zwei Pavillons auf. Neben Tischen und Bänken entsteht eine Kochstelle, mehrere Kisten mit Gemüse werden ausgeladen. Die Slow-Foodler ziehen weiße T-Shirts mit dem Aufdruck »Slow Food Weilheim-Pfaffenwinkel + Schnecken-Logo« an, auf dem Rücken steht der individuell gewählte Slogan »Her mit dem schönen Leben«.
Dann beginnen der Koch Frank Matern und Inge Bias-Putzier gelbe Rüben zu schnipseln, sie schälen Zwiebeln, vierteln Paprika und schon bald brutzelt die erste Gemüsepfanne auf dem Feuer. Erste Passanten bleiben stehen. Der ein oder andere fragt, was man denn mache und man kommt ins Gespräch. Genau das wollen die Weilheimer Slow Food Aktivisten: ins Gespräch kommen über Nahrungsmittel, deren Herkunft, wie sie verarbeitet werden, welche Auswirkungen die Erzeugung von Nahrungsmitteln auf die Umwelt hat und warum jeder Einzelne Verantwortung für Nahrungsmittel trägt.
Warum das englische Wort »Slow Food«?
„Gerade wenn man auf Regionalität Wert legt, sollte man in Bayern doch keine englischen Begriffe benutzen“, wendeten einige Passanten ein. Da ist natürlich etwas dran. Trotzdem macht der Name »Slow Food« Sinn, ist er doch das krasse Gegenteil von »Fast Food«. Und heute zählt die »Slow Food«-Bewegung weltweit mehr als 100.000 Mitglieder in über 150 Ländern. Da macht es schon Sinn, einen international geläufigen Begriff zu verwenden.
Zum Ursprung von »Slow Food«
Carlo Petrini war Journalist und Lokalpolitiker als er 1986 in Fontanafredda mitten in den Barolo-Weinbergen unter dem Namen »Arcigola« einen Verein zur Erhaltung der Esskultur gründet. Im zeitlichen Zusammenhang muss man den Wein-Methanol-Skandal 1985/86 sehen. Niemand wollte mehr italienischen Wein kaufen.
Der Protest gegen eine McDonalds Filiale 1989 an der Spanischen Treppe in Rom ist dann wohl ausschlaggebend für die Umbenennung des Vereins in »Slow Food«. Zu den ursprünglichen Zielen kommen weitere hinzu: Erhaltung der biologischen Vielfalt, Förderung einer nachhaltigen, umweltfreundlichen Lebensmittelproduktion, Bewahrung regionaler, kleinbäuerlicher Strukturen, Geschmacksbildung und das Zusammenbringen von Erzeugern handwerklich hergestellter Lebensmitteln auf Veranstaltungen mit Endverbrauchern.
Wie ist »Slow Food« organisiert?
»Slow Food Deutschland« ist ein eingetragener Verein, der 1992 gegründet wurde, mit Bundesgeschäftsstelle in Berlin. Die »Slow Food«-Bewegung zählt heute in Deutschland über 11.000 Mitglieder in rund 80 Convivien (Convivium heißt »Tafelrunde«). Sie sind der Ort, an dem Slow Food »gelebt« wird. Hier finden die unterschiedlichsten Aktivitäten statt, die selbständig organisiert werden.
Über alle diese »Slow Food«-Themen haben wir mit den interessierten Passanten auf dem Kirchplatz in Weilheim gesprochen und Informationsmaterial verteilt. Zum Beispiel das 100-seitige »Slow Food«-Magazin, das zweimonatlich erscheint und eine Fülle von Informationen rund ums Essen bietet. Neben fachlichen Beiträgen, zum Beispiel zur Gentechnik, kommen die Genießer guten Essens aber weiterhin voll auf ihre Kosten, ganz nach dem Weilheimer Motto: »Her mit dem schönen Leben«.
Die nächsten Aktionen sind bereits in der Planung. Am Samstag, den 7.9. wird »Slow Food Weilheim-Pfaffenwinkel« im Rahmen der italienischen Woche in Weilheim präsent sein. Und auf der Oberland Ausstellung in Weilheim am Mittwoch, den 3.10. ist eine Schauküche und ein Vortrag zum Thema »Lebt langsamer« geplant.
An alle OHA-Leser: Wir suchen Gleichgesinnte, die sich für die »Slow Food«-Themen einsetzen. Die Themen sind vielfältig und jeder kann seine individuellen Stärken und Neigungen einbringen. Wer gerne kocht, ist genauso willkommen wie jemand, der gerne isst oder einen Infostand organisiert.
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