Kinderbetreuung – Sozialraumanalyse – Mehr Aufenthaltsqualität in der Altstadt
Die Tagesordnung der Stadtratssitzung vom 30. Juni interessierte mich sehr: Es ging um die Untersuchung des Bedarfs für Kinderbetreuungseinrichtungen und die Vorstellung der Sozialraumanalyse des Landkreises.
Stefan Rindsfüßer von der Firma SAGS-Consult stellte beide Untersuchungen sehr sehr langatmig und detailverliebt 90 (!) Minuten lang vor. Hier seine wichtigsten Aussagen:
Im Jahr 1950 lebten in Schongau 6.599 Einwohner, bis zum Jahr 2014 stieg die Zahl auf 12.253 Einwohner an. Die Geburtenzahlen der Jahre 1994-2014 schwankten von 103 bis 129. Ging man im Jahr 2014 noch von einer Zuwachsprognose von +30 aus, so liegt die Tendenzprognose im Jahr 2015 schon bei +136.
„Die Entwicklung der letzten drei Jahre kommt auf einen um 100 höheren Wert“, so der Diplom-Statistiker. „Das höhere Geburtsniveau der letzten Jahre hat Auswirkungen auf die Kindertagesstätten-Nachfrage, (…) In den Jahren 2018-2020 kommen 60 Kinder mehr in die Schule, (…) diese Kinder sind schon geboren.“ Die Stadt Schongau bzw. der Stadtrat sollte jetzt Überlegungen anstellen: Wie viel Notfallreserve soll in den Kitas eingeplant werden? Will die Stadt mehr Personal einstellen? Oder soll eine intensivere Tagespflege (Tagesmütter) angestrebt werden?
Rindsfüßer ergänzte: „Es werden immer mehr Eltern auch eine Ferienbetreuung wünschen. Auch das müssen Sie einplanen.“
Stadtrat Michael Eberle drückte seine Verwunderung über die steigenden Zahlen aus, denn vor nicht allzu langer Zeit wäre die CSU bei der Stadtverwaltung diesbezüglich an Wände gestoßen. Es seien moderne und kindgerechte Einrichtungen (mit Sanierungen und Erweiterungen) nötig.
Schongau ist ein sozialer Brennpunkt
Danach stellte Stefan Rindsfüßer die Sozialraumanalyse vor, die das Jugendamt in Auftrag gegeben hatte: Die großen Gemeinden im Landkreis benötigen mehr erzieherische Hilfen.
„Schongau ist ein sozialer Brennpunkt, (…) Kinder sind überdurchschnittlich von Armut betroffen. Im Landkreis davon am meisten betroffen sind die Kinder in Schongau“, stellte der Statistiker fest. „Alle Problemfälle ziehen nach Schongau. Die Gemeinden rundherum können sich zurücklehnen“, mit diesen Sätzen fasste er die Sozialanalyse (untersucht wurden Einkommen, Wohnsituation, Arbeitslosigkeit, SGBII, erzieherische Hilfen, Jugendkriminalität, Scheidungen, Kinder alleinerziehender Elternteile) abschließend zusammen.
Dass nun Handlungsbedarf besteht, das sah ich an den betroffenen Gesichtern der Stadträt*innen und der Zuhörer*innen.
Für den Fußgänger soll mehr Raum geschaffen werden
Als TOP 2 der Stadtratssitzung stellte Architekt Jochen Baur die Planentwürfe für die Neugestaltung der Münz- und Weinstraße vor. Diese beiden wichtigen Schongauer Straßen sollen mit Mitteln der Städtebauförderung niveaugleich ausgebaut werden: Es gibt dann keine hohen Bordsteine mehr, die Straßen werden durch Entwässerungsrinnen gegliedert, der Straßenraum bildet eine Einheit. Das Verkehrsverhalten erfordert von den Verkehrsteilnehmer*innen, dass sie untereinander Rücksicht nehmen und Blickbeziehungen haben. Jochen Baur dazu: „Das ist ein gebauter § 1 der Straßenverkehrsordnung mit gegenseitiger Rücksichtnahme.“
Stadtrat Paul Huber (CSU) meinte dazu: „Ich könnte mir diesen »Shared Space« gut vorstellen. Die Autos können sich begegnen und auch auf Fußgänger achten. Mir gefällt aber weniger, dass es gepflasterte Fahrbahnen gibt.“ Auch Stadtrat Dr. Zeller (SPD) lobte die Entwürfe als gelungen, er fügte noch an: „Es ist keine städtebauliche Revolution, aber das wird in Schongau nicht gewünscht.“ „Grundsätzlich finde ich das so weit in Ordnung, (…) dass sich alle auf Augenhöhe begegnen“, fand UWV-Stadtrat Hild, aber er gab zu bedenken, dass die Zahl der wegfallenden Parkplätze in Schongau insgesamt betrachtet werden müsse.
„Wir wollen niemandem etwas vorsetzen, wir wollen alle interessierten Gruppen mitnehmen!“, so der Hinweis von Stadtbaumeister Knecht auf die Planungswerkstatt, die voraussichtlich im September/Oktober zur Neugestaltung der Münz- und Weinstraße stattfinden wird.
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