Schongau: Verzicht auf mehr Gewerbesteuer

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Sigi Müller

Die massive Steuerentlastung der Konzerne sollte auch dem Gemeinwohl dienen!

Die große Mehrheit – 17 Ratsmitglieder – ließ ein weiteres Mal die Chance verstreichen, der Stadt durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer dringend benötigte höhere Einnahmen zu beschaffen.

Nur 7 Ratsmitglieder, davon die ALS-Fraktion mit 5 Stimmen, Peter Huber und Martin Schwarz (beide SPD) waren für die Erhöhung auf 380. Deshalb stimmte die ALS geschlossen auch gegen den Haushalt. Denn ein Gewerbesteuer-Hebesatz von 380 v. H. ist aus Sicht der Alternativen Liste im Hinblick auf die laufenden Projekte – vor allem für den Neubau der Grundschule – die absolut notwendige Minimallösung auf der Einnahmenseite.

Rückblick

Im Jahr 2016 stimmte eine knappe Mehrheit (12:11) für eine Hebesatz-Erhöhung von 340 auf 380 zum Wohle der Stadt und nutzte damit den aufgezeigten Handlungsspielraum. Diese Entscheidung führte zu Mehreinnahmen von rund 1 Million Euro.

Aufgrund des Unmuts einiger betroffener Firmen erklärte der Stadtrat im Herbst 2016 – wiederum mit knapper Mehrheit – die Absicht, den Hebesatz ab 2017 auf 350 v. H. zu senken. Der ALS-Fraktion wurde nahegelegt, diesen Antrag auf Erhöhung bis zum Ende dieser Amtsperiode nicht mehr zu stellen. Für die ALS ist dieses Ansinnen jedoch eine Missachtung demokratischer Grundsätze.

Haushaltssitzung, Februar 2018

Den Antrag auf Erhöhung der Gewerbesteuer stellte diesmal Stadtrat Peter Huber (SPD). Die ALS unterstützte ihn und trug dazu folgende Argumente vor:

Wer weiterhin für den Gewerbesteuer-Hebesatz von 350 v. H. stimmt,

  • verzichtet bis zum Ende dieser Amts­periode 2020 auf mehrere Millionen Euro;
  • nimmt der Stadt die Möglichkeit, zukünftig dringend benötigte, hoch qualifizierte und damit gut bezahlte Mitarbeiter zu finden;
  • stimmt gegen die langfristigen Interessen der hiesigen Betriebe, die auf ein möglichst attraktives Schongau angewiesen sind, damit qualifizierte Mitarbeiter gerne in unserer Region wohnen und arbeiten möchten;
  • ignoriert die vom Städte- und Gemeindetag aufgezeigten Handlungsspielräume und schadet damit der Stadt Schongau.

Jetzt im Jahr 2018 wollten nur noch 7 von vormals 12 Ratsmitglieder die dringend notwendige Verbesserung der Einnahmen fürs Gemeinwohl. Wie es zu diesem Sinneswandel kam, ist für die ALS nicht nachvollziehbar und wurde in der Haushaltssitzung von keinem Ratsmitglied thematisiert.

Anmerkungen: „Eine Festsetzung des Gewerbesteuer-Hebesatzes bei 380 v. H. entlastet gerade auch kleine und mittlere Personenunternehmen.“ „Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wurde die Steuerbelastung auf Unternehmensebene in Deutschland erheblich gesenkt.“ … „Nettoentlastung von bis zu 10 Milliarden Euro.“ Quelle: Bayerischer Gemeindetag 8/2009

Die Kapitalgesellschaften sind in den letzten Jahrzehnten mehrmals steuerlich entlastet worden. Durch die Senkung der Körperschaftsteuer von 25 auf 15 Prozent und die Absenkung des Steuermessbetrags von 5 auf 3,5 Prozent wurde den Kapitalgesellschaften, also den Holdings und GmbHs, durch die Unternehmenssteuerreform des Jahres 2008 eine weitere Nettoentlastung von bis zu 10 Milliarden Euro gewährt. Diese von der ALS angesprochene Milliarden-Einsparung war für die anderen Räte überhaupt kein Thema und wurde einfach ignoriert. Schärfstens zurückzuweisen ist zudem der Vorwurf der „Gier“ gegenüber Ratsmitgliedern, die für die Hebesatz-Erhöhung gestimmt haben. Dieser Vorwurf von Stadtrat Eberle (CSU) ist so absurd, dass er eigentlich keiner Kommentierung bedarf. Eine Frage sei aber erlaubt: Wie abwegig ist es, wenn Stadträte einen winzigen Teil der massiv entlasteten Konzerne für die Finanzierung des Gemeinwohls einsetzen wollen? Toll! In Weilheim, Peiting usw. grassiert die „Gier“!

Fazit

Wir halten die Entscheidung, zugunsten großer Unternehmen auf Millionenbeträge zu verzichten, für grundfalsch und verantwortungslos.

Früher gab es mal eine städtische Musikschule, eine Stadtbücherei und ein Stadtmuseum. Seit mehreren Amtsperioden schafft es die Stadt Schongau nicht mehr, diese Einrichtungen – so wie früher – selbst zu betreiben und muss froh sein, wenn diese mit ehrenamtlicher Arbeit erhalten werden können.

Ich hoffe, die ALS wird weiterhin dafür kämpfen, dass die hiesigen Unternehmen in Zukunft wieder stärker zur Finanzierung städtischer Aufgaben – also fürs Gemeinwohl – beitragen.

Sigi Müller, ALS-Stadtrat

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