Im nächsten Haushaltsjahr will der Bürgermeister mit der CSU & UWV den neuen Gewerbesteuer-Hebesatz von 380 wieder auf 350 v. H. reduzieren – die Forderung der Hirschvogel-Holding, die Anhebung des Hebesatzes „zu revidieren“ ist damit erfüllt.
Die Anhebung des Gewerbesteuer-Hebesatzes auf 380 v. H. im Februar 2016 wurde mit denkbar knapper Mehrheit (12 zu 11 Stimmen) beschlossen. Obwohl der Antrag dazu alljährlich von der ALS kommt – und in diesem Jahr angesichts der Haushaltslage mit noch mehr Berechtigung – gab sich die unterlegene Fraktion überrumpelt und empört. Bürgermeister Sluyterman – wie so oft der CSU näher als seiner eigenen Partei – sah sich außerstande, die Entscheidung so stehen zu lassen:
Mit einem »Entschuldigungsschreiben« an alle Betriebe weckte er ganz offensichtlich die Hoffnung, man könne da noch »nachbessern«. Prompt erreichte ihn wenig später ein Brief, in dem die Firma Hirschvogel ganz unverblümt den Stadtrat aufforderte, seinen Beschluss zu revidieren. Statt den Versuch, souveräne, aus Verantwortung für die Stadt getroffene Entscheidungen nachträglich im Sinne von Firmeninteressen abzuändern, in aller Deutlichkeit zurückzuweisen, befleißigte das Stadtoberhaupt sich nun, Fraktionsvorsitzende und Vertreter betroffener Kapitalgesellschaften unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einen »runden Tisch« zu bringen. Dort wurde von der Hirschvogel-Holding weiterer Druck aufgebaut, indem sie eine anstehende Investition in den Standort Schongau von einer Rücknahme der Steuererhöhung abhängig machte.
Eben diese Firma hatte im Übrigen etwa zum Zeitpunkt der Haushaltsdebatten noch öffentlich verkündet, dass ihr Jahresgewinn „eine weitere Schallmauer durchbrechen“ werde. Ihr größtes Problem sei indes der für Erweiterung ihrer Produktionsstätte begrenzte Platz in Schongau sowie qualifiziertes Personal in die Stadt zu locken – ein Grund mehr eigentlich, den Stadtrat in seinem Bemühen zu unterstützen, durch Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die ja auf Gewinn erhoben wird, über ausreichende Haushaltsmittel für Schulen, Kindergärten und die Attraktivierung der Stadt verfügen zu können.
Anstatt die nötigen Mehreinnahmen zu begrüßen, wurde die CSU im Einklang mit Sluyterman nicht müde, den durch den neuen Hebesatz angeblich drohenden wirtschaftlichen Ruin heraufzubeschwören. Sie stellte schließlich den Antrag, der Rat möge bekunden, zukünftig auf 350 v. H. zurückgehen zu wollen, um den Kapitalgesellschaften Planungssicherheit zu bieten. Damit nimmt man zugunsten der Holding billigend in Kauf, dass die Stadt nach aktuellem Stand künftig auf zirka 700 000 Euro jährlich verzichtet. Für diesen Antrag stimmten allerdings nur 13 Ratsmitglieder, 10 waren dagegen, und damit nur eine ähnlich knappe Mehrheit wie beim Beschluss zur Anhebung im Februar. Dennoch sollte diese erneute „Kurskorrektur“ im Gegensatz dazu laut Bürgermeister nun „wirklich bindend“ sein.
Eine knappe Mehrheit ist also einmal heikel und inakzeptabel, das andere Mal unbedingt bindend! Das ist genauso willkürlich wie die Bereitschaft, einer von einem Beschluss betroffenen Gruppe, hier den Kapitalgesellschaften, ein »Vetorecht« einzuräumen, anderen, wie z. B. Eltern bei Erhöhung der Kindergartengebühren, aber nicht.
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