Eine Betrachtung der »Mikrowellen« aus vorwiegend technischer Sicht
Am Anfang war das Wort. Es passte durch enge Mobilfunkkanäle und in Sprechpausen ließen sich darin sogar schriftliche Kurzmitteilungen (SMS) unterbringen. Der Mensch freute sich, bequem überall erreichbar zu sein.
Inzwischen hat die technische Entwicklung die menschlichen Bedürfnisse weit überholt. Es wird angeboten was die Technik erlaubt, auch das, was der Mensch vorher nicht vermisst hat. Smartphones (zu Deutsch etwa »schlaue Mobiltelefone«) sind zum unentbehrlichen Begleiter des Menschen in allen Lebenslagen mutiert. Das Schlagwort »5 G« suggeriert nun eine noch bessere Mobilfunkwelt mit bisher nicht gekannten Anwendungsmöglichkeiten wie »autonomes Fahren« und Turbo-Internet-to-go. Für die 5te Mobilfunk-Generation sollen – neben der Neuordnung nutzbarer Frequenzbereiche – künftig auch höherfrequente Mikrowellenbereiche (> 5 GHz) erschlossen werden, weil dort erst die begehrten Bandbreiten für »Echtzeit«-Übertragungsgeschwindigkeiten effektiv nutzbar sind.
Bei den umstrittenen »Mikrowellen« handelt es sich um elektromagnetische Strahlung mit Frequenzen über 1 GHz. Diese durchdringt Luft mit annähernd Lichtgeschwindigkeit, woraus sich Wellenlängen kürzer als 30 cm ergeben (in festen Körpern noch kürzer). Derzeit werden für den Mobilfunk bereits »Mikro«-Wellenlängen zwischen 30 und 10 Zentimeter (1 … 3 GHz) genutzt. Umgeben von Mobilfunkwellen wird die 12 cm-Strahlung (2,45 GHz) in Mikrowellenherden zur Erhitzung von Speisen genutzt. Das Militär macht sich die selbst bei kurzzeitiger Anwendung tödliche Wirkung von Mikrowellenstrahlung zunutze. Andererseits werden wir dauerhaft von TV-Satelliten mit Mikrowellen bestrahlt. Die Strahlungsleistung macht den Unterschied. Während im gut abgeschirmten Herd mehr als 100 W »verbraten« werden, ist die von Satelliten bei uns ankommende Strahlung so schwach, dass sie praktisch im natürlichen atmosphärischen Rauschen versinkt. In Mobilfunksystemen reichen derart geringe Leistungen wie beim Satellitenempfang allerdings nicht aus.
Zum bestehenden Mobilfunk gibt es bisher keinen wissenschaftlich ausreichend gesicherten Zusammenhang mit Erkrankungen. Trotzdem empfehlen Smartphone-Hersteller die Verweildauer ihrer Geräte am Ohr möglichst kurz zu halten. Mit dem Abstand zum Sender nimmt die Leistung schnell ab, wodurch abgesetzte Ear-Phones das Bestrahlungs-Risiko fürs Gehirn erheblich verringern können. Mit hohen Strahlungsleistungen fällt der Schädigungsnachweis an lebenden Organismen leicht. Als weiterer Faktor ist auch die Wellenlänge zu beachten. Aus physikalischer Sicht ist meines Erachtens davon auszugehen, dass bei gleicher Strahlungsleistung am Einwirkungsort mit kurzwelligerer Strahlung eher eine Schädigung von Organismen zu erwarten wäre. Wassermoleküle z. B. werden dabei schneller umgepolt und so stärker erwärmt.
Stellen Sie sich Ihr Gehirn als Strahlungsempfänger vor: Zwischen gegensätzlichen Polen im Abstand der halben Wellenlänge (z. B. 3 cm) wirkt dort jeweils ein elektromagnetisches Spannungsfeld. Zum Vergleich beträgt der Polabstand im UKW-Radio-Bereich 150 cm.
Die für 5 G angestrebten superschnellen Mobilfunk-Netze in den Mikrowellenbereichen oberhalb 5 GHz (Wellenlängen < 6 cm) sind Relais-Standorte mit Abständen von 100 m geplant. Dafür gibt es folgende technische Gründe: Da für kürzere Wellen die terrestrische Dämpfung höher ist, nimmt die Reichweite schnell ab. Außerdem sind breitbandige Funkkanäle in der Regel störanfälliger. Die Dämpfung ließe sich mit höherer Strahlungsleistung – sowohl beim Mobilfunkanbieter als auch beim Mobilgerät – kompensieren. Es scheint aus technischer Sicht aber wenig sinnvoll, von wenigen Standorten mit mehr Leistung die Reichweite erhöhen zu wollen. Stattdessen soll die Leistung über viele Antennen über der Fläche verteilt werden. Das erhöht die Ortbarkeit und Erreichbarkeit von mobilen Geräten signifikant. Die müssten im Gegenzug nicht lauter »schreien«, um von einem entfernten Relais gehört zu werden. Diese Technik wird sich aber bevorzugt in Ballungsgebieten durchsetzen. Für die ländliche Versorgung macht die langwelligere Strahlung ab 700 MHz (bis 21 cm Wellenlänge) mit wenigeren Standorten wegen der höheren Reichweite (10 km) mehr Sinn.
Wir sind heute schon einem Strahlungsgemisch nicht nur eines Mobilfunk-Anbieters ausgesetzt. Für die kommenden Jahre wird ein Mobilfunk-Boom erwartet, der mit einer steigenden Strahlenbelastung einhergehen wird. Bei ihrer Selbstprofilierung mit Visionen – getreu dem Motto »Bavaria first« und »Stopfen von Funklöchern« – sollten unsere Volksvertreter die damit verbundenen Gefahren nicht aus den Augen verlieren. Es muss auch über eine Deckelung der Summe aller Strahlenbelastungen nachgedacht und entsprechende Studien dafür gefördert werden. Abschließend wäre noch anzumerken: Auch wer am Mobilfunk nicht aktiv teilnimmt, bezahlt für dessen Aufrüstung eventuell mit seiner Gesundheit. – Die stade Zeit böte doch Gelegenheit sich zu besinnen, ob wir z. B. das Smartphone unbedingt für alles Machbare nutzen müssen. Aber das ist wohl nur »in den Wind gesprochen«.
Siegfried Klar, Weilheim
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