»Scheindemokratie und Wirtschaftsdiktatur«

Bernhard Maier

Bernhard Maier

Durchsetzung von Großprojekten gegen den Bürgerwillen

Deutsche Atomkraftwerke:

Die ersten organisierten Einsprüche von Bürgern kamen 1970 und 1971. Fallweise kam es zu 65.000 Einsprüchen (Breisach > Wyhl). Ab Mitte der 1970er Jahre war der Widerstand nicht mehr lokal konzentriert. Gegen die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf in den 1980er Jahren gab es einen Rekord von über 880.000 Einsprüchen. Erst im Jahre 2011 gab es nach der Wahlniederlage der CDU in Baden-Württemberg den Beschluss des kompletten Ausstiegs aus der Atomkraft bis 2022.

Durchgangsbahnhof Stuttgart 21:

1994 wurde das Projekt erstmals von der DB-AG vorgestellt. Bereits 1995 wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung angemahnt. Anfang März 1996 meldet sich »UMKEHR Stuttgart«, ein Bürgerbündnis zu Wort und stellt ein Alternativkonzept unter dem Namen »Das bessere Stuttgart 21« vor. Bis zum Planfeststellungsverfahren von 2001 gab es 13.000 schriftliche Einwendungen gegen das Projekt. Den befürwortenden Politikern und Unterstützern von Stuttgart 21 aus der Bauwirtschaft und dem Bankengewerbe geht es um zirka 7 bis 8 Milliarden Euro Investitionen!

Startbahn West Frankfurt/Main:

Ein Volksbegehren mit 220.000 Unterschriften von 1981 ignorierte der damalige hessische Ministerpräsident Holger Börner. Am 12. April 1984 wurde die Startbahn Frankfurt 18 West ihrer Bestimmung übergeben. Die Proteste gingen weiter.

Dritte Startbahn München:

Der »Nachbarschaftsbeirat« der FMG wurde als demokratisches Alibi gegründet. Von 2007 bis Mai 2010 gab es mindestens 60.000 schriftliche Einwendungen dagegen – alle Einwände wurden abgelehnt. Nachteile des Projekts: Ausweitung des Fluglärms, Wasserhaushalt wird gestört, Eingriff in den Naturraum Erdinger Moos, Luft- und Klimaverschlechterung. Der Bau soll 2012 beginnen.

Kuriosum: Die Bezirksregierung von Oberbayern beschließt das Planfeststellungsverfahren zu eröffnen; der demokratisch gewählte Bezirkstag Oberbayern lehnt mit 33 zu 25 Stimmen den Bau der Startbahn ab.

Transrapid-Strecke München:

Der Bau einer Magnetschwebebahn-Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen dem Münchner Hauptbahnhof und dem Flughafen wurde 2000 bekannt gegeben – der erste Zug sollte im Jahr 2012 eingesetzt werden. In 23.527 Einwendungen wurde ein hinreichender Planungsgrund bezweifelt. Die Regierung von Oberbayern, die für das Anhörungsverfahren und die weiteren Beurteilungen der Planung zuständig war, teilte im Januar 2008 mit, dass die Prüfung der Einwendungen abgeschlossen sei und hielt danach eine erneute öffentliche Anhörung für nicht erforderlich. Am 27. März 2008 wurde das Projekt auf Grund der erheblich gestiegenen Kostenprognosen beendet.

Ökologische Verkehrsplanung:

Autobahntrasse München Passau: Während die Trasse Haag in etwa der bereits bestehenden B12 folgen könnte, wird die Isentaltrasse (Trasse Dorfen) eine bisher unzerschnittene kleinstrukturierte Landschaft zerschneiden. B472: Nach der misslungenen Planung der Umgehungsstraße Peiting-Schongau rollt immer noch jede Menge Schwerlast-Durchgangsverkehr über die ehemalige B472 und B17 in Peiting. Die Umgehung Peißenberg hätte bei einer Westumgehung ohne Tunnel und ohne zwei Ammerbrücken auskommen können und an die Hohenpeißenberger Umgehung ohne aufwändigen rutschgefährdeten Brückenbau angebunden werden können. Wann und wie wird die Umgehung der B472 in Huglfing verwirklicht? Ob hier die Weitsicht unserer „Staatsdiener“ für eine ortsferne Umgehung auf bestehenden Straßen reicht?

Es zählen anscheinend nur Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze. Gesetze und Vorschriften werden nicht zugunsten von Mensch und Natur ausgelegt. Es besteht eine Scheindemokratie, der Bürger darf mitsprechen, jedoch entschieden wird in einer Wirtschaftsdiktatur.

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