Rechte der Kommunen bei Mobilfunkplanung gestärkt

Juristischer Doppelerfolg gegen Telefonica Germany (O2)

Die kleine Gemeinde Aßling in Oberbayern hat dem Mobilfunkriesen Telefonika (O2) die Stirn geboten und gewonnen. Ein Lehrstück auch für andere Gemeinden.

 

Die Gemeinde Aßling aus dem Landkreis Ebersberg/Bayern kann einen Doppelerfolg verzeichnen. Der von dem Mobilfunkbetreiber Telefonica Germany (O2) geplante 46 m hohe Sendemast konnte durch ein zweigleisiges Vorgehen verhindert werden.

Zum einen mit der Kündigung des sehr einseitig zu Gunsten des Mobilfunkbetreibers ausgerichteten 30-jährigen Pachtvertrages und der Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung durch die Verpächterin. Das Oberlandesgericht München ermöglichte in letzter Instanz die Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, da sich der BGH „zur Wirksamkeit einer 30-jährigen Laufzeit für Mietverträge“ noch nicht geäußert und der Konzern im gesamten Bundesgebiet ähnliche Verträge abgeschlossen habe. Damit stand beim BGH eine Grundsatzentscheidung an, die möglicherweise die bisherige Vertragspraxis der gesamten Mobilfunkbranche in Frage gestellt hätte mit bundesweit gravierenden Auswirkungen auf bestehende und kommende Miet- und Pachtverhältnisse zwischen Mobilfunkbetreibern und Haus- und Grundstücksbesitzern sowie generell auf die Rechtsprechung.

Dieser Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs ist der Mobilfunkbetreiber jetzt mit einer außergerichtlichen Einigung mit der Verpächterin zuvorgekommen. Damit hat O2 eine Entscheidung des BGH über die Rechtmäßigkeit des Pachtvertrages vermieden.

Zum anderen hat die Gemeinde Aßling mit einem Flächennutzungs- und Bebauungsplanverfahren Alternativstandorte außerhalb der Ortschaft ausgewiesen, um damit innerörtliche Sendemasten zu verhindern. Dieses Verfahren stellt derzeit die einzig rechtliche Möglichkeit für die Kommunen dar, die Standortplanung für Mobilfunksendeanlagen in eigener Regie durchzuführen. Nötig zur Abwicklung dieses Verfahrens: Ein Planungsbüro für die Prüfung der naturschutzrechtlichen Belange im Außenbereich, ein Gutachter für die Ermittlung der funktechnischen Eignung der Alternativstandorte sowie ein zum Thema Mobilfunk versierter Rechtsanwalt.

Die Kosten dieser Bauleitplanung haben sich aufgrund der mittlerweile gewonnenen Erfahrungen erheblich verringert. Während die Gemeinde Aßling dafür noch rund € 140.000 aufbringen musste, fallen nach Auskunft des Rechtsanwalts der Gemeinde jetzt nur noch maximal die Hälfte der Kosten an.

Gegen den Flächennutzungs- und Bebauungsplan der Gemeinde Aßling hat O2 beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollklage erhoben. Auch dieser Grundsatzentscheidung ist der Mobilfunkbetreiber jetzt mit einer Klagerücknahme zuvorgekommen. Damit ist die Änderung des Flächennutzungsplanes rechtswirksam und die Rechtmäßigkeit des durchgeführten Mobilfunkvorsorgekonzepts bestätigt. Durch diese Rechtmäßigkeit ist sicherstellt, dass innerhalb der Gemeinde die grundsätzlich genehmigungsfreien Sendemasten bis 10 Meter Höhe ausgeschlossen und für Sendeanlagen im Außenbereich ausschließlich die im Flächennutzungsplan festgelegten Alternativstandorte verwendet werden können.

Fazit aus beiden Vorgehen

Gerichtliche Vorgehen von Immobilienbesitzern und Kommunen gegen Mobilfunkbetreiber können durchaus erfolgreich sein. Es handelt sich nachweislich nicht um einen Kampf »David gegen Goliath«. Die Gemeinde Aßling ist dafür eindrucksvolles Beispiel, das unbedingt Schule machen sollte – auch ohne entsprechende Grundsatzentscheidungen.

Quelle: Diagnose Funk vom 04.07.2011

http://diagnose-funk.org/recht/recht-int/rechte-der-kommunen-bei-mobilfunkplanung-gestaerkt.php

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