Polizeiaufgabengesetz (PAG) trotz massivem Widerstand beschlossen

Die noPAG-Demo am 10. Mai 2018 in München war ein unvergessliches Erlebnis für mich.

Der Marienplatz war absolut überfüllt. Als sich der Zug dann in Richtung Odeonsplatz in Bewegung setzten sollte, gab es erst einmal einen Stau. Den Grund dafür sahen wir nach etwa 30 Minuten – so lang dauerte es nämlich, bis wir durch das Tor des alten Rathauses ins Tal kamen. Jede Menge Gruppen, mit und ohne Fahrzeuge, reihten sich von links kommend in den Demozug ein. Da es nach wie vor mehr ein Stehen als ein Gehen war, legten wir kurz entschlossen eine Mittagspause ein. Die Demonstranten zogen unaufhörlich am Lokal vorbei, und als wir uns nach einer Stunde wieder einreihten, war noch lange kein Ende des Zugs zu sehen. Die Stimmung war friedlich und gut. Neben Rufen wie „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Freiheit klaut!“ erklangen auch Lieder z. B. „Die Gedanken sind frei“. Im Gegensatz zu Anti-Atomkraft-Demos oder Ostermärschen war an diesem Tag die Jugend absolut in der Überzahl. Fahnen von Parteien, Gewerkschaften, Amnesty usw. zeigten die Vielzahl der Gegner dieses neuen Polizeiaufgabengesetzes. (Siehe dazu auch den abgedruckten Offenen Brief von Naturschutzverbänden auf Seite 7) Von radikalen Gruppen sahen wir nichts. Höchstens ab und zu mal einzelne Personen, die sich nicht an das Vermummungsverbot hielten. Im Nachhinein erfuhr ich, dass laut Polizeibericht auch ein etwa 150 Personen starker »Schwarzer Block« am Demozug teilnahm. Aber was ist das schon bei nahezu 40 000 Teilnehmern?

Diese Fakten hinderten den Abgeordneten Reiß (CSU) jedoch nicht, am 15. Mai im Landtag erneut die schon im Vorfeld der Demo in die Welt gesetzten Diffamierungen zu wiederholen: „Das was bisher stattgefunden hat, das war Propaganda, die die SPD-Fraktion an der Seite von Linksextremisten, an der Seite von Autonomen, an der Seite von Antifa vorangebracht hat.“

Die Anträge von Grünen und SPD auf Absetzen der 2. Lesung der Änderung des PAG, die zu Beginn dieser Landtagssitzung gestellt wurden, blieben angesichts der absoluten Mehrheit der CSU erfolglos.

Nach einer 3. Lesung wurde das PAG mit einer 90-Stimmen-Mehrheit (CSU) bei 67 Gegenstimmen (SPD, GRÜNE, Freie Wähler, 2 Fraktionslose) und 2 Enthaltungen beschlossen. SPD und GRÜNE kündigten Klagen beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof und beim Bundesverfassungsgericht an.

Zuvor hatte MdL Manfred Ländner in seinem Redebeitrag für die CSU geäußert: „Was hier abgelaufen ist, in den letzten Monaten, ist meiner Meinung nach ein Affront gegen die Rechtsstaatlichkeit in unserem Staat, ist ein Affront gegen unsere Polizei und ist in erster Linie geeignet, das Vertrauen in unsere Polizei zu schwächen.“

Dies obwohl von allen Beteiligten des Widerstands immer wieder betont wurde, dass sich der Protest nicht gegen die Polizei richte, sondern gegen das von der CSU vorgeschlagene Gesetz. Bedenken gegen die Neuregelungen kamen und kommen auch aus Polizeikreisen.

Renate Müller, Schongau

 

Interessant hierzu ist auch die nachstehende Pressemitteilung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zu Polizeiaufgabengesetzen vom 16. Mai 2018.

 

GDP-Bundesvorsitzender Oliver Malchow:

„Vertrauen zwischen Bürger und Polizei darf nicht erschüttert werden“

Berlin – Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert die Innenministerkonferenz (IMK) auf, ihr eigenes Ziel nach einem Musterpolizeigesetz, das deutschlandweit für einheitliche Standards sorgen soll, nicht aus dem Auge zu verlieren. „Die turbulente öffentliche Diskussion um das am Dienstag vom bayerischen Landtag beschlossene Polizeiaufgabengesetz hilft der Polizei bei der Bewältigung ihrer Aufgaben nicht. Polizeiarbeit ist nur auf einer soliden Vertrauensgrundlage in der Bevölkerung möglich. Bei der Frage, was die Polizei tun darf, tun soll und tun muss, darf es keine Verunsicherung geben“, sagte der GdP-Bundesvorsitzender Oliver Malchow am Mittwoch in Berlin.

Malchow bedauerte, dass die positiven Ansätze des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes, wie bürgerfreundliche Datenschutz-Regelungen und Anpassung der polizeilichen Ermittlungsmöglichkeiten an den Stand der Kommunikationstechnologie, durch überzogene Eingriffsmöglichkeiten konterkariert würden.

„Dass jemand drei Monate in Polizeigewahrsam genommen werden könnte, wird in anderen Bundesländern nicht als notwendig erachtet. Daher sollte man mit einer solchen Regelung nicht für öffentlichen Zündstoff sorgen. Auch sind Bedenken gerechtfertigt, wenn künftig schwerwiegende Eingriffe nicht erst bei einer konkreten, sondern bereits bei einer drohenden Gefahr ermöglicht werden. Den Begriff der drohenden Gefahr hat das Bundesverfassungsgericht selbst für die Bekämpfung des Terrorismus geschaffen. Es hatte dabei sicherlich nicht eine Ausweitung auf andere Gefahrenlagen im Sinn“, betonte der GdP-Chef.

Malchow wies darauf hin, dass in solchen, wie auch in anderen Fällen, nicht die Polizei über Maßnahmen entscheidet, sondern ein unabhängiger Richter. Das müsste in den Diskussionen stärker betont werden.

Die Innenministerkonferenz müsse, so bekräftigte der GdP-Vorsitzende, in ihrer Frühjahrssitzung im Juni dafür sorgen, dass die Veränderungen der Polizeiaufgabengesetze, die unter anderem durch die neue Datenschutzgrundverordnung notwendig werden, ein weiterer bundesdeutscher Flickenteppich im Polizeirecht vermieden werde. Malchow: „Immerhin waren es die Innenminister selber, die sich in die Hand versprochen haben, einheitliche Sicherheitsstandards trotz der Zuständigkeit der Länder mit einem Musterpolizeigesetz auf den Weg zu bekommen. Dabei muss die Polizei rechtlich und mit ihrer Ausstattung in die Lage versetzt werden, ihren bürgernahen und zivilen Charakter zu behalten, aber auch in besonderen schwerwiegenden Sicherheitsbedrohungen handlungsfähig zu bleiben.“

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