Petition: Bayerische Wasserkraft wieder in Öffentliche Hand

Die SPD Kochel sammelte im Mai Unterstützer-Unterschriften für folgende Petition zur Wasserkraft:

Bürgerenergie statt Konzernstrategie: Bayerische Wasserkraft wieder in Öffentliche Hand
Petition an den Bayerischen Landtag

Die Bayerische Staatsregierung wird aufgefordert,

  • unverzüglich in Verhandlungen mit dem Bund über einen An- bzw. Rückkauf sämtlicher Wasserkraftwerke in Bayern, welche sich derzeit im Besitz des UNIPER-Konzerns befinden, einzutreten,
  • dabei dafür zu sorgen, dass Eigentum, Besitz, Erträge und Verfügungsgewalt über die betroffenen Kraftwerke, die dazugehörigen Infrastrukturen und Immobilien vollständig in die öffentliche Hand überführt werden,
  • dabei in engem Einvernehmen mit den von den Kraftwerken betroffenen Kommunen vorzugehen und sie an den Entscheidungen zu beteiligen,
  • verschiedene Varianten einer Überführung in öffentliche Unternehmensformen, gegebenenfalls unter Beteiligung der interessierten Kommunen und kommunaler Unternehmen, zu entwickeln und umzusetzen.

Unsere bayerische Wasserkraft darf nicht Spielball privater Investoren und internationaler Konzerne bleiben bzw. wieder werden. Die Übernahme des Konzerns UNIPER durch den Bund gibt uns jetzt die historische Chance, die Fehler einer gescheiterten Privatisierungspolitik zu korrigieren. Das Haben und Sagen über die Verwendung des Wassers, den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und die Verteilung und Verwendung der Wertschöpfung muss wieder in öffentliches Eigentum überführt und damit in die Hände der Bürger und Bürgerinnen gelegt werden. Energieversorgung ist Teil der Daseinsvorsorge.

Begründung:
Die aktuellen Genehmigungen für den Betrieb zahlreicher Wasserkraftwerke, wie beispielsweise im Bereich des Walchensees, laufen am Ende dieses Jahrzehnts aus. Teilweise ist ein direkter Heimfall, also eine erzwingbare Übereignung an den Staat, nicht mehr vorgesehen.

Seit Jahren wird über die naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Rahmenbedingungen, die in Zukunft gelten sollen, diskutiert. Sachgerechte, auf die Dauer praktikable, demokratisch legitimierte und bei Bedarf korrigierbare Regelungen werden im Einvernehmen mit einem allein am maximalen Gewinn orientierten Konzern kaum zu erreichen sein. Auch der Klimawandel und immer stärker schwankende Wassermengen machen Regelungen erforderlich, die im Interesse der jeweiligen Regionen und der Bevölkerung bei Bedarf den jeweiligen Entwicklungen angepasst werden können.

Die Erfahrungen mit der Privatisierung des Bayernwerks haben in den letzten dreißig Jahren gezeigt, dass ständig wechselnde Eigentümer, Konzernstrukturen und Unternehmensführungen nicht zu befriedigenden Lösungen geführt haben, auch und gerade in den betroffenen Regionen und Kommunen. Weder wurden halbwegs konstante Gewerbesteuern abgeführt, noch Arbeitsplätze gesichert. Viele früher sichere Beschäftigungsverhältnisse gingen zulasten der Qualität der Leistungen durch Fremdvergabe verloren, Investitionen wurden zeitweise verzögert, Immobilien veräußert und die Zahlung von Steuern, insbesondere an die betroffenen Kommunen, durch konzerninterne Verrechnung (legal) vermieden.

Wegen des Zusammenbruchs des Geschäftsmodells im Bereich Gashandel konnte der UNIPER-Konzern nur noch durch den Eingriff des Bundes und auf Kosten der deutschen Steuerzahlenden vor der Insolvenz und einer willkürlichen Zerschlagung gerettet werden. Die hohen Erträge aus der Wasserkraft verschwinden in den milliardenschweren Verlusten aus dem Gasgeschäft. Der Vorstand des Unternehmens, dem dafür jede politische Legitimation fehlt, kämpft vor diesem Hintergrund lautstark dafür, die ertragreiche Wasserkraft im Konzern halten zu können.
Die Europäische Union fordert aus beihilferechtlichen Gründen den baldigen Ausstieg des Bundes. In dieser Situation müssen wir rechtzeitig verhindern, dass die bayerische Wasserkraft in die Hände der meistbietenden Kapitalanleger, Investmentfonds, privaten Aktionäre oder gar Spekulanten fällt.

Im Zuge der Energiewende wird es notwendig, gerade bei den erneuerbaren Energien die betroffenen Kommunen und ihre Bürger und Bürgerinnen an den Entscheidungen und den Erträgen zu beteiligen. Im Falle der bayerischen Wasserkraft geht es um die Erarbeitung eines neuen Modells der Abwägung von Interessen und der Bürgerbeteiligung. Dies kann es jedoch nur dann geben, wenn sich diese sensible Infrastruktur wieder in öffentlicher Hand befindet.

Die Rohrleitungen des Walchenseekraftwerks

Behandlung der Petition im Landtagsausschuss

Am 12. Juli 2023 befasste sich der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen des Bayerischen Landtags mit dieser Petition. Angelica Dullinger, die Vorsitzende des SPD Ortsvereins Kochel am See durfte an der Sitzung teilnehmen und verfasste folgenden Bericht:

Gestern hat der Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen die Petition der SPD Kochel am See an den Bayerischen Landtag behandelt. Der Sitzung durfte ich beiwohnen und erfuhr erhellende Beiträge.
Als Berichterstatter verlas der Abgeordnete Martin Bachhuber unter Hinweis auf 24 nachgereichte Unterschriften die vier Punkte unserer Forderung:

  • unverzüglich in Verhandlungen mit dem Bund über einen An- bzw. Rückkauf sämtlicher Wasserkraftwerke in Bayern, welche sich derzeit im Besitz des UNIPER-Konzerns befinden, einzutreten,
  • dabei dafür zu sorgen, dass Eigentum, Besitz, Erträge und Verfügungsgewalt über die betroffenen Kraftwerke, die dazugehörigen Infrastrukturen und Immobilien vollständig in die öffentliche Hand überführt werden,
  • dabei in engem Einvernehmen mit den von den Kraftwerken betroffenen Kommunen vorzugehen und sie an den Entscheidungen zu beteiligen,
  • verschiedene Varianten einer Überführung in öffentliche Unternehmensformen, gegebenenfalls unter Beteiligung der interessierten Kommunen und kommunaler Unternehmen, zu entwickeln und umzusetzen.

Er sieht die Petition als erledigt an, da auf Anfrage des Staatsministeriums für Umwelt am 22.10.2022 wegen eines Gesprächs bezüglich der Einleitung der Isar Anfang 2023 von Bundesebene mitgeteilt wurde, dass wegen beihilferechtlicher Auflagen der Europäischen Union (EU) vom Bund keine Eingriffe möglich seien.

Aufgrund der Zuständigkeit des Finanzministeriums wurde am 22.04.2023 Finanzminister Lindner dringend um Entscheidung gebeten. Von ihm wurde am 24.05.2023 ebenfalls bestätigt, dass die Rückführung aufgrund der Auflagen zum Wettbewerb und Beihilfevorschriften notwendig sei. Das bayerische Finanz- und Umweltministerium würden weiterhin das Heimfallrecht unter Beteiligung der Kommunen prüfen. Punkt 3 sei damit erfüllt. Verhandlungen laufen hier unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Bei Punkt 4 gebe es Zielkonflikte zwischen Umwelt und Wirtschaft. Hier seien Dialog und Kompromissfähigkeit gefragt. Der Freistatt prüft Überlegungen neu strukturierter Modell unter Beteiligung der Kommunen. Damit sei der Punkt erledigt.

Mitberichterstatter Ludwig Hartmann teilte unser Anliegen und würde ihm stattgeben. Er gab sich überzeugt, dass „wir die Besitzstruktur nach Bayern zurückholen werden“. Im Schreiben des Finanzministers Füracker vom 23.5.2023 wurde bestätigt, dass es keine diesbezügliche Beschlussfassung der Bayerischen Staatsregierung gibt.

Der Abgeordnete Florian Ritter, SPD, dankte für die Petition und betonte, dass die Wasserkraftwerke das Rückgrat der Bayerischen Energieversorgung sind und in erheblichem Maß klimaneutrale Energie erzeugen. Er verwies auf den politischen Einfluss im Energiesektor, da dies ein Teil der öffentlichen Grundversorgung ist und die Initiative des Freistaats Bayern gefragt ist. Die Haltung des Bundes sei nachvollziehbar, da er aufgrund der europarechtlichen Vorschriften gebunden ist. Dagegen habe der Freistaat Bayern als Außenstehender die Chance, als Käufer in öffentlicher Unternehmensform aufzutreten.

Herr Bachhuber erklärte, dass Bundesfinanzministerium fordere aufgrund des Kartellrechts die schnellstmögliche Rückführung und sehe keine Grundlage für Gespräche. Die „Grüne Wasserkraft“ sei nur „Beifang“.

Die Grünen erläuterten konkret, was das heißt: bis auf 25% und 1 Aktie muss die Rückführung erfolgen. Nur der Bund muss raus, zu Bayern ist nichts gesagt. In Österreich gibt es seit 2009 ein Betreiberkonsortium, dass 51% in öffentlicher Hand hält, auch in Südtirol ist die Wasserkraft zurück in öffentlicher Hand der Kommunen. Der Abgeordnete Hartmann kritisierte, dass die Bayerische Staatsregierung nicht auf die Bundesregierung zugegangen ist. Jetzt bestünde die historische Chance, diesen Fehler zu korrigieren!

Der CSU-Abgeordnete Pohl bestand darauf, dass der Bund die Beteiligung reduzieren müsse, um hoheitliche Aufgaben zu bündeln.

Hier wiederholte der Abgeordnete Ritter die Erkenntnis, dass die Beihilferegeln den staatlichen Anteilseigner binden. Dies sei der Bund und nicht das Bundesland Bayern.

Dazwischen erhielt ich als Petentin das Wort und fasste unsere Gründe nochmals zusammen:

  • die Qualität sichern für den Erhalt, keine Fremdfirmen einsetzen,
  • Einfluss auf die Auslastung nehmen – gegen unzumutbare Absenkung des Walchensees,
  • Gewinne und Steuern im Land sichern, internationalen Verlustverrechnungen vorbeugen!

Aus unserer Sicht schieben die Regierungsfraktionen die EU vor, weil sie es selber nicht wollen. Das hat die Diskussion gezeigt: solange die Bayerische Staatsregierung keinen Beschluss fasst, den Heimfall bei den Wasserkraftwerken zu beanspruchen, gibt es für den Bund überhaupt keine Veranlassung, Gespräche zu führen oder gar zu verhandeln. Dabei gibt es überhaupt keinen Zwang, Uniper nur als Ganzes zu verkaufen. Pikant ist außerdem, dass es Söder und Aiwanger sonst auch völlig egal ist, was die EU dazu sagt.

Das Ganze als „Abwägungsprozess“ zu titulieren, bedeutet nichts anderes, als eine Hinhaltetaktik – möglichst bis zur Landtagswahl.

Die Abstimmung fiel erwartungsgemäß aus: CSU, FDP und Freie Wähler stimmten dagegen.

Im Frühjahr hat bereits die SPD-Fraktion im Landtag mit Sebastian Roloff, Annette Karl u.a. den Antrag gestellt, den Rückkauf der bayerischen Wasserkraftwerke zu beschließen. Auch das wurde von den Regierungsfraktionen abgelehnt.

Unser herzlicher Dank geht erst recht an alle 184 Leute, die auf der Petition unterschrieben haben!

Angelica Dullinger
Vorsitzende
SPD Ortsverein Kochel am See

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