Recherchen zu Patentanmeldungen aus dem Jahr 2020 zeigen, wie die Industrie die Verbote des Patentrechts umgeht
Patente auf Saatgut bedeuten eines der größten Risiken für die globale Nahrungssicherheit und die regionale Ernährungssouveränität. Patente gewähren eine Monopolstellung: Werden Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere erteilt, dürfen diese von anderen Züchtern, Gärtnereien oder in der Landwirtschaft nicht ohne die Zustimmung des Patentinhabers zur weiteren Züchtung genutzt werden. In vielen Fällen erstrecken sich die Patente auch auf die Verwendung der Ernte zur Produktion von Lebensmitteln. Im Ergebnis kann eine Handvoll internationaler Konzerne zunehmend die Kontrolle über die Produktion unserer Lebensmittel erlangen. Die Konzerne können darüber entscheiden, was wir essen, was Landwirte produzieren, was der Lebensmittelhandel anbietet und wie viel wir schließlich alle dafür bezahlen müssen. Diese Entwicklung hat auch Folgen für den globalen Süden.
Die Kontroverse
Im Juni 2017 hatte das Europäische Patentamt (EPA) beschlossen, dass auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung keine Patente mehr erteilt werden dürfen. Es gibt aber immer noch rechtliche Schlupflöcher: Das EPA beachtet die grundlegenden Unterschiede zwischen konventioneller Züchtung (nicht technisch, nicht patentierbar) und gentechnischen Verfahren nicht ausreichend. Nach der gegenwärtigen Praxis werden auch Pflanzen, die auf der Grundlage von zufälligen genetischen Veränderungen gezüchtet werden, als patentierbare Erfindungen angesehen. Es gibt bereits zahlreiche Beispiele dafür, wie diese rechtlichen Schlupflöcher vom EPA genutzt wurden, um weitere Patente auf Bier und Gerste, Melonen oder Salat zu erteilen, die aus konventioneller Züchtung stammen.
Die Strategie der großen Konzerne
Die aktuelle Patentrecherche zeigt, wie große Konzerne wie BASF, Bayer-Monsanto, DowDupont (Corteva) oder auch die KWS versuchen, die bestehenden rechtlichen Schlupflöcher so weit wie möglich auszunutzen: Viele Firmen verwenden in ihren Patentanträgen spezielle Formulierungen, mit denen technische Elemente (wie CRISPR/Cas) mit üblichen Methoden der konventionellen Züchtung vermischt werden, um den Eindruck einer technischen Erfindung zu erwecken. Dadurch werden die Grenzen zwischen konventioneller Züchtung und gentechnischen Eingriffen systematisch verwischt. Werden diese Patente nicht gestoppt, kann das schwerwiegende Auswirkungen für Züchtung, Landwirtschaft und Verbraucher haben. Diese geraten mehr und mehr in die Abhängigkeit von großen Konzernen, die den Zugang zu den biologischen Ressourcen kontrollieren, die für die weitere Züchtung benötigt werden. Es müssen jetzt so rasch wie möglich weitere politische Entscheidungen getroffen werden, ansonsten kann diese Entwicklung zu einer Gefahr für die Welternährung werden.
Die politischen Forderungen
»Keine Patente auf Saatgut!« will die Unabhängigkeit von Züchtern, Gärtnern und Landwirten erhalten, die Züchtung, Anbau oder Vermehrung konventioneller Pflanzen und Tiere betreiben. Der Zugang zur biologischen Vielfalt, die für die weitere Züchtung benötigt wird, darf durch Patente nicht kontrolliert, behindert oder blockiert werden.
Alle gen-manipulierten Artikel sollten im Handel gekennzeichnet werden
Große Agrarkonzerne üben daher momentan massiv Druck auf die EU-Kommission aus, um eine Aufweichung des bisher geltenden Gentechnikrechts in Europa zu erreichen. Das Ziel: Neue Gentechnikmethoden sollen von den bisherigen Regeln zu Gentechnik ausgenommen werden. Dann könnten künftig genmanipulierte Pflanzen ohne umfassende Risikoprüfung und ohne Kennzeichnung vermarktet werden. Dass Genfood ohne unser Wissen auf unseren Tellern landet, müssen wir gemeinsam verhindern!
Eine aktuelle FORSA-Umfrage hat ergeben, dass eine große Mehrheit von 84 Prozent der Bundesbürger wünscht, dass alle genmanipulierten Lebensmittel im Handel gekennzeichnet werden.
Keine Patente auf Saatgut e.V.
Umweltinstitut München e.V.
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