P wie … Perspektive

Wie doch die Perspektive täuschen kann! Bei meiner Pilgerbegleiterausbildung anno 2012 gingen wir am Jakobsweg Wallgau – Mötz in Tirol teils nahe der Isar entlang, wo ich aus der Ferne einen Baumstamm über dem Fluss liegen sah. Als ich davor stand, war es nicht einer, sondern acht Stämme nebeneinander! Faszinierend!

Foto: Irmgard Deml
Foto: Irmgard Deml

Phänomene optischer Täuschung kennen viele von Ihnen wohl aus eigener Erfahrung, vor allem wenn Sie gerne mal auf einen Berg gehen. Der Gipfel scheint immer wieder zum Greifen nah, nach der nächsten Biegung ist er aber weiter weggerückt.

Schon länger scheint es mir, als säßen wir alle mehr oder weniger gemütlich in einem Suppenteller und schauten gar nicht bis mehr oder weniger interessiert über den Tellerrand auf das, was um uns geschieht. Die Kommentare zu den Folgen der staatlichen Maßnahmen sind teils total unterschiedlich. Eine Kassenkraft meinte: „Bis auf das, dass ich nicht in Urlaub fahren konnte, hat sich bei mir nichts geändert. Und mein Garten ist so aufgeräumt wie nie.“ Während von einer lieben Bekannten kam: „Für mich ist das eine Katastrophe! Von heute auf morgen keine Einnahmen mehr! Meine Arbeit mit Gruppen fällt völlig weg!“

Es ist ganz klar, dass jemand, der in Rente ist und sein regelmäßiges Einkommen bezieht, alleine oder »nur« mit Partner*In lebt, einen anderen Blickwinkel auf die aktuelle Situation hat als Eltern mit Halbwüchsigen, Kindergarten-/Schulkindern, oder wenn jegliches Einkommen fehlt. Jedes Leben ist einmalig und seine Umstände ebenso. Wichtig finde ich für mich persönlich, mir immer wieder auch Gedanken um meine Mitmenschen zu machen und wie sie von allem betroffen sein könnten, um ihr Verhalten besser verstehen zu können.

Wie beim Einkauf, als ich eine junge Frau nach mir an der Kasse höflich bat, hinter der Markierung am Boden zu warten. Ihr Begleiter, unter anderen Umständen vermutlich nett und sympathisch, sagte zu mir: „Scheißns eahna fei ned in d’ Hosn.“ Oha! Darauf ging ich nicht näher ein. Dieses Niveau liegt mir nicht. Im Gegensatz dazu ein anderes Mal eine ältere Dame hinter mir: „Entschuldigung. Sie haben recht.“ So hört es sich an wenn jemand begreift, etwas besser anders gemacht zu haben. Wobei ich selbst auch keine Heilige bin, mir natürlich auch ab und zu Fehler unterlaufen. Dann bin ich dankbar dafür wenn mir jemand respektvoll sagt, was an meinem Verhalten nicht passt, denn nur so lerne ich dazu.

Ansichtssachen: Ab und zu stelle ich fest, dass Dinge für mich oft noch brauchbar oder zu reparieren sind, während Andere »Müll« darin sehen. Was von Erfindergeist zeugt: In afrikanischen Ländern, teils seit Jahren unter verheerenden, die Ernte vernichtenden Heuschreckenplagen leidend, werden jetzt die millionenfach einfallenden Schädlinge, die nachts auf Bäumen schlafen, von dort abgeschüttelt und in Säcken gesammelt. Sie werden gemahlen und, da sie sehr einweißhaltig sind, zu Tierfutter oder Dünger verarbeitet. Derart Negatives in so Positives zu wandeln, ist etwas, das Mut macht. Und Briefkastenaufkleber mit »Bitte keine Werbung einwerfen« sollten auch beachtet werden, oder? Wenn mir allerdings eine junge Frau begegnet, die in unserer Straße überall etwas einwirft und auf meine Frage nach Werbung hin meint: „Nein, das ist keine Werbung, das ist ein Flyer“, dann kann ich nur staunen. Was ist denn ein Flyer anderes als Werbung?

Das Gras von oben oder unten zu »betrachten«, sind total unterschiedliche Perspektiven, so wie sie Zootiere mit Besuchern erleben, Kinder mit Erwachsenen, Normalbürger mit manchen Politiker*Innen, Geringverdiener oder Hartz-IV-Bezieher mit Wohlstandsbürgern. Hartz-IV wünsche ich niemandem! Diese »Grundversorgung« war so nicht gedacht[1] und hat mit Menschenwürde nicht viel zu tun. (Peter Hartz, Namensgeber des Ganzen, wurde vor Jahren nach Veruntreuung von Millionenbeträgen rechtskräftig verurteilt.) Es ist schon längst überfällig, dieses erniedrigende System zu reformieren. Jede/r hat das Recht auf Teilnahme am sozialen Leben und es ist gar nicht sozial, wenn jemand um irgendetwas Wichtiges »betteln« muss oder sich – wenn wir das denn endlich wieder »dürfen« – keinen Kino- oder Café-Besuch mit Freunden leisten kann weil sie/er keinen Cent dafür übrig hat.

Irmgard Deml, Weilheim

Menschenwürde steht allen Menschen weltweit zu, nur wird jemand der im Regenwald lebt, nicht darunter leiden, sich nicht mit Freunden einen Film anschauen und dann irgendwo einkehren zu können. Dort ist das Leben schlicht anders einzigartig.

Ach ja! Zum guten Schluss nochmal ein Gesundheits-Hinweis: Wenn sie gerne Salat essen, vorzugsweise jetzt noch mit (China-) Kohl oder anderem Wintergemüse, rühren Sie doch mal Senf oder Meerrettich in die Soße, sofern Sie das gut vertragen. Ihr Immunsystem freut sich!

Irmgard Deml, Weilheim


Quellenangaben / Hinweise
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  1. www.youtube.com/watch?v=teibd7Gu_5g

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