Normales Gehen ist mega-out

Foto: Kind läuft mit handy auf eine Laterne zu

Neuartige Risiken in der schönen neuen Medien-Welt! (Foto: Sigi Müller)

Die Unaufmerksamkeit durch Ablenkung nimmt zu

2014_06_distracted_walkingGefahren durch unaufmerksames, unkonzentriertes Gehen – ist das tatsächlich ein Thema, über das es sich lohnt nachzudenken oder gar zu schreiben? In der Englisch sprechenden Welt – vor allem in den USA – wird »distracted walking« – das »unaufmerksame Gehen« – längst als Problem der schönen Handy- und Smartphone-Welt wahr­­­­­­genommen. Selbst die Verantwortlichen in der Politik haben – aufgeschreckt durch steigende Unfallzahlen – inzwischen reagiert und in einigen US-Staaten versucht, durch Gesetzesvorlagen die Gefahren einzudämmen. Harvey Munford, Abgeordneter aus Nevada, der das „Texten“ auf dem Handy beim Überqueren einer Straße mit einem Bußgeld ahnden wollte, hatte mit seinem Vorstoß jedoch keinen Erfolg.

Aber der politische Druck, doch in absehbarer Zeit handeln zu müssen, hat sich insbesondere in den USA durch gravierende Unfälle verstärkt. Geschildert werden auch Todesfälle. In Maryland wurde ein 15-jähriges Mädchen mit Ohrstöpseln und Handy in der Hand beim Überqueren der Straße von einem Auto erfasst und getötet. In San Francisco, so wird berichtet, kamen im Januar dieses Jahres bereits drei Fußgänger bei ähnlichen Situationen ums Leben. Dort hat man jetzt die Aktion »Sei nett, schau zweimal« (»Be Nice, Look Twice«) gestartet. Weitere Aktionen dieser Art – wie das Poster hier zeigt – sollen vor allem Jugendliche darauf aufmerksam machen, ihre Umgebung wieder mehr wahrzunehmen.

Dass die Abschottung von der Mitwelt beim Gehen durch Ohr­stöpsel oder Fummelei auf dem Handy in den letzten 10 Jahren zugenommen hat und gefährlich ist, zeigt auch eine Studie von Wissenschaftlern der Ohio State University. Die Wissenschaftler haben Daten aus 100 Krankenhäusern gesammelt und im Zeitraum von 2004 bis 2010 die Zahl aller Verletzungen abgeschätzt, die in den Notfallaufnahmen aller Krankenhäuser in den USA behandelt wurden.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich im Jahr 2010 mehr als 1.500 Fußgänger Verletzungen durch unaufmerksames Gehen zugezogen haben und deshalb in Krankenhäusern behandelt werden mussten – mehr als doppelt so viele wie 2004, als 559 Verletzte gezählt wurden. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Zunahme seit 2010 angehalten hat, da die Nutzung von Handys und Smartphones weiter wächst und die mobile Nutzung der »sozialen Netzwerke« in den letzten Jahren erst so richtig explodiert ist.

Bei der Beobachtung von Fußgängern an einer Straßenkreuzung stellte sich heraus, dass fast ein Drittel der Menschen beim Überqueren der Straße »medial« abgelenkt bzw. unaufmerksam war, wobei weniger das Telefonieren mit dem Handy, sondern häufiger das Musikhören mit Ohrstöpseln sowie das »Wischen« und »Texten« auf dem Handy bzw. Smartphone zu beobachten war.

Bei uns in Deutschland ist das Thema noch nicht so ganz angekommen. Da wird ab und zu darüber diskutiert, ob Handy-Nutzung am Steuer die Zahl der Unfälle erhöht. Vielleicht sollte man zur Einstimmung geile T-Shirts – unterschiedlich im Style für Jung & Alt – entwerfen, wo draufsteht: »Konzentriertes Gehen & Fahren macht Spaß!«

Siegfried Müller

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