Wer sich näher mit Plastik auseinandersetzt, erlebt sie zwangsläufig: die Wechselbäder zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Nur wenige Beispiele seien hier genannt. Mein letzter Beitrag galt dem Mikroplastik und dessen noch weitgehend unerforschten Risiken.
Hoffnungsvoll lesen sich da Meldungen des BUND, dass „die Hersteller nun auch bei den Weißmacher-Zahnpasten auf Plastikkügelchen verzichten“ und stattdessen Mineralien gegen Beläge auf den Zähnen verwenden. Zahnpasten können nun als kunststofffrei gelten! Freude!
Trauriges Gegenbeispiel: Kosmetika, Peelings und Waschmittel enthalten winzigste Plastikkügelchen aus Polyethylen. Sie sollen zum einen die Cremes geschmeidig machen oder in Flüssigwaschmitteln deren gelartige Konsistenz garantieren, zum anderen als Schleifmittel winzige Hautschüppchen entfernen – wie früher in den Zahnpastas den Belag.
Hoffnungsvoll dabei: Viele dieser Produkte sind durch ein geändertes Einkaufsverhalten relativ einfach zu ersetzen – Kosmetika durch Naturkosmetik-Produkte, Waschmittel durch Waschnüsse mit natürlichen Saponinen oder biologisch abbaubare Waschkonzentrate.
Größte persönliche Enttäuschung: Kaugummi! Seit Kindertagen besteht für mich Kaugummi aus dem Saft des „Kaugummibaums“ (also aus dem Milchsaft des Breiapfelbaumes, genannt Chicle), und er ist biologisch abbaubar. Seit kurzem weiß ich es dank des BUND besser: „Moderne Kaugummis bestehen fast ausschließlich aus synthetischen Rohstoffen, nämlich Polymeren auf Erdölbasis.“ Sie enthalten Weichmacher, Bindemittel, Farbstoffe und künstliche Aromen. Und: Kaum ein Kaugummi ist biologisch abbaubar! Also: Schluss mit Runterschlucken oder Ausspucken in die Natur – ab in den Restmüll! Desillusionierung pur.
Bekleidung: Greifen wir statt der mollig weichen und warmen Fleece-Shirts, die überwiegend aus recycelten PET-Flaschen hergestellt werden, aber laut der Zeitschrift »Environment and Technology Journal« bei jedem Waschgang rund 2 000 winzige Kunststofffasern ungefiltert ins Waschwasser abgeben, einfach auf Naturwolle zurück. Wir vermeiden dadurch, dass die Flüsse und Seen unserer Region, in denen diese Mikropartikel ausnahmslos nachgewiesen sind, noch weiter belastet werden, dass sich die derzeitige Zahl von 70 Mikro-Plastik-Partikeln pro 100 Gramm Muschelfleisch in den Meeren weiter erhöht, und: Wir helfen dabei zum Beispiel den griechischen Schäfern, die seit Jahren Hunderttausende ihrer Schaffelle in Bergschluchten verrotten lassen, weil sich die Vermarktung nicht mehr lohnt.
Wie haben es in der Hand, statt der rein synthetischen Mikrofaser-Tücher wieder auf Naturfasertücher zurückzugreifen, die Kunststoff-Schwämme in der Küche durch Schwämme aus reinen Pflanzenfasern zu ersetzen.
Hoffnungsvoll stimmt auch, dass immer mehr dieser bedenklichen Kunststoffe verboten werden. So hat Schweden ab Juli 2018 ein Verbot von Kosmetikprodukten mit Kunststoffpartikeln durchgesetzt. Und das höchst bedenkliche Bisphenol A (BPA), das in einer unendlichen Produktreihe von Babyschnullern, Doseninnenbeschichtungen und Parkscheinen über Kassenbons zu finden ist, wurde in Kanada für Babytrinkflaschen bereits 2008, in Europa 2011 verboten. Die höchsten Belastungen fanden alle Studien nämlich gerade bei Kindern!
Verzweiflung kommt dagegen erneut auf, wenn man in neuesten Meldungen der dpa liest, dass die »Industrievereinigung Kunststoffverpackungen« im November 2018 stolz verkündet, dass sie einen Mengenzuwachs von vier Prozent auf 4,5 Millionen Tonnen erwartet. Wörtlich: „Negative Diskussionen zeigen derzeit keine Auswirkungen auf dem Markt.“ Da sind letztlich wieder wir Verbraucher gefordert. Wie bei der Zahnpasta …
Roland Greißl, Fuchstal
Neueste Kommentare