Mikroplastik – Makroproblem? (5)

Roland Greissl

„90 Prozent aller Seevögel haben Plastik in ihren Mägen“, analysiert Melanie Bergmann, Meeresbiologin am Alfred-Wegner Institut in Bremerhaven, in der Sendung »Quarks« im WDR vom 18. September 2018, 21 Uhr, die Situation nüchtern. Circa 13 Millionen Tonnen Plastik würden pro Jahr in die Meere gelangen – nur ein Prozent finde sich wieder, „die restlichen 99 Prozent sind irgendwo“. Tiefseekameras zeigen, dass sich deutlich mehr Plastik am Meeresboden findet als auf der Oberfläche, er ist das »Endlager« von Plastik.

Ähnlich wie die Felsmassive der Gebirge durch Erosion zu Felsbrocken, zu Steinen und schließlich durch das Geschiebe zum Sand der Meere werden, wird auch das Plastik durch die Sonne, das aggressive Salz sowie die Reibung von Wind und Wellen zu Mikroplastik.

Als Mikroplastik bezeichnet man Plastikteilchen ab fünf Millimeter Größe abwärts – und von diesem Mikroplastik finden sich zum Beispiel in jedem Liter Wasser (bzw. Eis) der Arktis (!) mehr als 12 000 Partikel. Wie wirkt sich dieses Mikroplastik aus, wenn es Lebewesen aufnehmen? Meeresbiologe Lars Gutow vom selben Institut stellt in Versuchen fest, Meeresasseln würden es  „unverdaut wieder ausscheiden“, bei Miesmuscheln führe es zu  „Entzündungen im Blutkreislauf“ – und bei Menschen sei ihm kein Fall bekannt, dass jemand  „nachweislich krank geworden ist, weil er Mikroplastik aufgenommen hat“. Aber über die Menge sei noch zu wenig bekannt.

Der Reifenabrieb – ein ernstes Umweltproblem

Was aber wird sein, so frage ich mich, wenn winzigste Partikel im Nanobereich (ein Millionstel Millimeter) ungehindert in menschliche Körperzellen eindringen können? Wehren sich diese mit wuchernden Krebszellen, ähnlich einer Perle in der Auster? Darüber fehlen alle Langzeitstudien.

Fakt ist jedoch, dass wir Mikroplastik noch auf völlig andere Weise in die Umwelt ausbringen: Mit jedem gefahrenen Meter reibt es sich von den Reifen unserer PKWs ab; Textilien, die neben Baumwolle oder Seide auch Polyesterbestandteile haben, geben diese bei jedem Waschgang als Mikroplastik ins Waschwasser ab; ferner gelangt es über Duschgels, Zahnpastas, Shampoos, Lippenstifte, Waschmittel, Rasierschaum, Nagellack, Sonnenschutz und Haarsprays in die Kanalisation. Dort aber kann es nicht ausgefiltert werden und findet sich nun im Grundwasser, in Flüssen, Seen und Meeren. Kleine Lebewesen nehmen es auf, werden von größeren gefressen und „am Ende kommt dein Duschgel vielleicht als Heringsessen zu dir zurück“ … so sieht es zumindest Rita Apel, die mit ihrem Poetry-Slam »Das Kindergedicht vom Mikroplastik« einen Youtube-Hit gelandet hat.

Vermeiden lässt sich dies nur, wenn man sich die (meist sehr klein gedruckten) Inhaltsstoffe ansieht und Mittel mit Polyethylen, Polyurethan, Nylon oder Polyacrylat nicht kauft oder auf zertifizierte Naturkosmetika ausweicht, wie sie ja auch im Ex-Kloster Wessobrunn hergestellt werden. Für Verbote von Mikroplastik aller Art ist die EU leider kein Vorreiter.

Roland Greißl, Fuchstal

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