Raffinierte Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche
Wo gibt’s denn so was? Mächtige Konzerne, Stiftungen und allerlei andere »Unternehmensformen« bieten ihr Werbematerial – oft als »Unterrichtsmaterial« gekennzeichnet – den Schulen an, um Kinder und Jugendliche damit zu beeinflussen.
Schon seit etwa 12 Jahren gibt es einen gemeinnützigen Verein, die »Initiative für Transparenz und Demokratie« namens »LobbyControl«. Diese Initiative zeigt an vielen Beispielen deutlich auf, wie stark und in welch erschreckendem Umfang die Politik immer mehr von Lobbyisten bestimmt wird. Die Beeinflussung durch Unternehmen mit Unterrichtsmaterialien und anderen Aktivitäten an Schulen – eines von vielen behandelten Themen – hat LobbyControl veranlasst, die Politik aufzufordern, endlich zu handeln. Doch die Politik schweigt.
Neue Broschüre beleuchtet Strategien und Motive der Einflussnahme
In der Broschüre »Lobbyismus an Schulen«, die Anfang dieses Jahres in überarbeiteter Form neu präsentiert wurde, führt LobbyControl eine große Anzahl von Beispielen auf, die deutlich zeigen, mit welchen Methoden Lobbyisten Einfluss auf den Unterricht nehmen und welche Motive dahinterstecken. Das alarmierende Ergebnis zeigt auch: Die Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche wird professionell organisiert und ist Teil langfristiger und umfassender Lobby-Strategien. In der Neuauflage werden die zunehmenden, aber äußerst fragwürdigen Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen ebenso thematisiert wie die Digitalisierung als neues Handlungsfeld der Lobbyisten. Lehrkräfte, Eltern und Schüler erhalten auch hilfreiche Hinweise, wie sie gegen die versuchte Einflussnahme aktiv werden können.
Sieht so die Bildungsoffensive aus?
Dass die Schulen von Unternehmen nicht aus reiner Hilfsbereitschaft mit Unterrichtsmaterialien ausgestattet werden, müsste eigentlich allen Verantwortlichen für Bildung und Erziehung in Schule und Politik klar sein. Dennoch sieht es inzwischen eher danach aus, dass Kinder und Jugendliche – auch als Konsumenten und Wähler von morgen – Ziel einer langfristigen Lobby-Strategie geworden sind. Eine Frage, die sich da aufdrängt: Ist diese Meinungsmache, dieses Marketing bereits Teil der Bildungsoffensiven, die uns die Politik permanent so penetrant und ambitioniert ankündigt?
Kaum zu glauben, wie viele Möglichkeiten es gibt, die Unterrichtsinhalte an Schulen zu beeinflussen. Da Schulbücher selten auf dem neuesten Stand sind, öffnet sich für Unternehmen eine Lücke, die es ermöglicht, aktuelle Themen mit den eigenen Interessen zu verknüpfen. Die meist kostenlos zur Verfügung gestellten Unterrichtsmaterialien sind da durchaus willkommen, auch wenn sie unausgewogen sind. Eine weitere Möglichkeit ist, Vertreter von Unternehmen oder Verbänden als »Experten« in den Unterricht zu schicken. Auch Schulwettbewerbe und Spiele – wie z. B. eine Schnitzeljagd – werden für die Meinungsmache genutzt. Der unterhaltsame Ansatz soll die Inhalte attraktiv machen und ein positives Image erzeugen. Sogar offizielle Schulbücher sind vor der Einflussnahme nicht sicher.
RWE-Beispiel für Lernangebote
Die Innogy-Stiftung der RWE-IT umfasst die Förderbereiche Bildung, Soziales und Kultur. Da gibt es u. a. interaktives Lernmaterial, das gemeinsam mit der Stiftung »Haus der kleinen Forscher« entwickelt wurde, um das Thema Energie bereits für Grundschüler erfahrbar zu machen. Angeboten werden auch »Wimmelbilder der etwas anderen Art«. Diese Bildchen können die Kleinen sich im Google Play-Store herunterladen oder als Web-Version verwenden.
Der RWE-Konzern unterstützt auch Schülerwettbewerbe wie »Jugend forscht« und »Schüler experimentieren« und vieles mehr. Auch Klassenausflüge zu Energiekraftwerken sind im Angebot.
Sigi Müller, Schongau
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