Medientanz um syrische Contras
So aus der Ferne bekommt man, gerade im Vergleich der verschiedenen Programme und Sprachen, vermutlich besser als in Deutschland mit, wie das obszöne Spiel der Medien funktioniert.
Derzeit ist Syrien an der Reihe. Nach den wunderbaren Erhebungen gegen die Diktatoren in Tunesien und Ägypten sind unsere Machthaber von Barack bis Angela und Sarkozy nicht untätig geblieben und versuchen, diese Welle des Protestes in der arabischen Welt auszunutzen und für sich umzumünzen.
Was in Libyen wunderbar geklappt hat, sollte doch für die ganze Region klappen: Unterstützung von ein paar Aufständischen (die es sicher in jedem Land der Erde gibt), dann Paramilitärs, Waffen und Söldner reinschicken, Separationserklärung von ein paar dem »Westen« hörigen Aufständischen, dann Verurteilung im Sicherheitsrat und Bomben auf den Rest. Ein nicht immer Willfähriger (Ghaddafi) weniger – und das Öl fließt weiter – nun zu den Bedingungen unserer Ölfirmen.
Wichtig dabei ist vor allem, dass die publizistische Untermalung stimmt: Böser Ghaddafi, böser Assad, guter Netanjahu, lieber, lieber Saudi-König. Und schießen, rauben, killen oder vergewaltigen tun nur die Bösen, auch Babies werden bei Bedarf von denen umgebracht.
Dass Russland und China diesmal nicht so mitspielten, war Pech – aber die Retourkutsche ist schon unterwegs: Putin ist auf einmal nicht mehr unangreifbar und über Tibet sind plötzlich wieder Horrormeldungen zu lesen.
Anders die Lage in Bahrein: der dortige (dem Westen hörige) Oberscheich wurde nach massiven Protesten nicht gestürzt, sondern massiv gestützt – und dann ließ Saudi Arabien die von Deutschland gelieferten Panzer einrollen. Frühlingsende. Ohne großes Pressenachspiel.
Oder Yemen: Aufstand, Aufstand, Aufstand, am Ende bekommt dann der Potentat und Landesplünderer Salih Asyl in den USA – aber erst, wenn alles in deren Sinne geregelt ist. So schafft der publizistische Mainstream einfach neue Wahrheiten! Oder lässt sie einfach weg. Nicht wahr, liebe OHA-LeserInnen?
Und nun also Syrien. Das Libysche Muster ist unverkennbar: ein paar Menschen kommen zusammen, »unbestätigten« Meldungen nach einige Tausende, Dutzende werden getötet. Und schreien nach Hilfe. Komisch nur, dass sie auf einmal schwer bewaffnet sind und der Polizei und dem Militär Paroli bieten können. Es seien Freiheitskämpfer aus Libyen gekommen, stand da plötzlich als Erklärung zu lesen (kann gut sein, denn die Söldner werden ja dort nicht mehr gebraucht).
Und der stetige mediale Infotropfen höhlt das Hirn: Assad kommt heute gleich nach Hitler und Stalin in der Hitliste der grausamen Diktatoren.
Letztlich ist das alles Auftakt für die generelle Neuordnung des Nahosten – nur Iran fehlt dann noch als größter Baustein, der die Oberhoheit über »unser« Öl verhindert. Denn die Hand auf diesem Öl garantiert Weltmachtstellung in den nächsten 20 bis 30 Jahren. Einfach.
Totentanz
Derzeit sind die Titelblätter hier in Honduras voll von schrecklich anzusehenden, übereinander getürmten, angekohlten oder verbrannten Toten. Die Qual und der Schmerz steht noch in den schwarzen Gesichtern – alle vom Gefängnisbrand in Comayagua, der ja auch durch die Weltpresse ging: mehr als 350 Menschen kamen um.
Thema der hiesigen Blätter war aber weniger die Trauer über die Toten, sondern die Reaktion des Auslands auf den Brand. Denn die meisten ausländischen Blätter hatten die Tragödie in einen Zusammenhang gestellt mit der Tatsache, dass Honduras mittlerweile das gewalttätigste Land der Erde mit den meisten Morden ist. Und das eine habe doch mit dem anderen ja wohl nichts zu tun…
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