Als Kind war ich ein richtiger Bücherwurm und wenn ich die Zeit dazu finde, lese ich heute noch sehr gerne. Wie in jungen Jahren auch jetzt immer mal wieder ein Märchenbuch. Vor Kurzem entdeckte ich im Gebrauchtwarenladen ein paar Büchlein, die für kleinere Kinder gedacht sind und die für Eltern und Großeltern eine Erläuterung dazu enthalten, was die Geschichte uns allen sagen kann. Sie stammen aus der Reihe »Die goldenen Kinderbuchklassiker« des Domino-Verlages.
»Die Katze Nimmersatt«, ursprünglich aus Norwegen, und »Der dicke fette Pfannekuchen«, ursprünglich aus Niedersachsen, sind in diversen Varianten bekannt. Dabei geht es um das lebensnotwendige Essen und Trinken, das beides einem großen Teil der Weltbevölkerung eher kaum zugänglich ist, den anderen Teil durch im Übermaß verfügbare, häufig denaturierte Nahrungsmittel und Getränke nicht selten krank macht. Abgesehen davon, dass Vieles, das noch verzehrt werden könnte, ohne der Gesundheit zu schaden, nicht nur bei uns weggeworfen wird.
Daher sind mit der Überschrift hier nicht die Maß Bier gemeint, die beim jährlich stattfindenden Oktoberfest in Massen getrunken werden, sondern die Mäßigkeit. Platon zählt diese zu den vier Kardinaltugenden – und Tugend kommt von »taugen«. Wer von uns taugt zum gedeihlichen Zusammenleben? Wer ist vorwiegend auf seinen eigenen Vorteil bedacht? Hier kann uns sogar der Patron Europas, der Heilige Benedikt (immer mal wieder Begleiter bei Pilgertagen) einen Weg weisen. Eine seiner Grundregeln ist die Weisheit des Maßes. Gemeint sind damit Einfachheit und Genügsamkeit, die durch Askese (= Übung, Training) erreicht werden können, wenn mancher Mensch sein Ego hinterfragt. Dazu gehört: ge-horchen, aufeinander horchen …
Ja, ja, die Mäßigkeit! »Die Katze Nimmersatt« fängt eines Tages an, alles zu fressen, was ihr begegnet, von Bauer und Bäuerin angefangen, über Kuh, Fuchs und Bärin bis hin zu Mond und Sonne. Wie vorauszusehen, nimmt das für sie kein gutes Ende, während alle von ihr Verspeisten das Ganze tatsächlich putzmunter überleben. Und der dicke, fette Pfannekuchen lässt sich nur von jenen essen, die wirklich Hunger haben und ihn brauchen.
Die Katze kann wohl mit den Konsumenten der Länder gleichgesetzt werden, die wie das gefräßige Tier jegliches Maß verloren haben. Wobei mir in dieser Hinsicht vor allem die »Straßenkreuzer« und »Schlachtschiffe« einfallen, die seit längerer Zeit auf unseren Straßen unterwegs sind. Diese früher geläufigen Begriffe, wozu auch »Bonzenfahrzeug« gehört, passen aktuell sehr gut zu den tonnenschweren, unsinnig breiten und langen Kraftfahrzeugen, die zudem Massen an Rohstoffen und Energie bei Herstellung und Gebrauch sowie enorm viel Platz benötigen.
Als der ADAC im Jahr 2016 einen Parkhaus-Test durchführte und ich hörte, dass bei sehr vielen der Geprüften die Parkplätze zu schmal sind, hätte ich fast laut losgelacht. Aber nur fast, denn im Grunde genommen ist es zum Heulen, wenn wir glauben, uns immer noch mehr individuellen Platz nehmen zu können, der dann logischerweise anderen fehlt. Die Parkplatzbreite von 2,30 m reicht heute nicht mehr aus! Nein! Es müssen 2,50 m sein! Ja, wie soll das denn gehen? Alle Parkhäuser und Parkplätze umbauen, um den maßlosen Größenwahn immer noch mehr auszuweiten? Bitte nicht! Ganz im Gegenteil: Die Autos müssen wieder kleiner (und leichter) werden!!!
Außerdem kommt sehr häufig vor, dass im Parkhaus oder am Parkplatz diese »Riesenschlitten« derart doof stehen, dass kein anderes Fahrzeug daneben Platz hat oder der/die Fahrer*In daneben nicht mehr aussteigen könnte oder tatsächlich nicht mehr einsteigen kann. Dazu gibt es einen, wie ich finde, prinzipiell gültigen, sehr klugen Satz: „Meine Freiheit endet dort, wo die des anderen beginnt.“ Hier sind meiner Meinung nach mehr Rücksichtnahme und Achtsamkeit sowie wesentlich weniger Egoismus nötig und bei vielen gedanken- und achtlosen Fahrer*Innen schon längst überfällig. Zudem kommt es vor allem in Parkhäusern, aber auch auf Parkplätzen, immer häufiger zu Blechschäden, wohl den großen Autos geschuldet, die mit Fahrerflucht enden. Wie kann es sein, dass sogenannte erwachsene Menschen sich wie kleine Kinder aus Angst vor Strafe ihrer Verantwortung entziehen? Wie soll denn so ein auskömmliches Miteinander möglich sein?
Womit wir zurück zu »Der dicke fette Pfannkuchen« kommen können und hier wünsche ich mir manchmal ein wenig Kindergarten für die »Großen«: Eines von zwei Kindern darf den angebotenen Kuchen in zwei Stücke schneiden, während das andere sich dann zuerst eines der beiden nehmen darf.
Irmgard Deml, Yogalehrerin, Pilgerbegleiterin, Weilheim
Quellen:
www.adac.de – Parkhaustest 2016
Weilheimer Echo, 02.10.2019
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