Lächeln wir das Plastik weg


EC-Karten aus Plastik – neues Bezahlen durch »Smile to pay«!

Bezahlen Andrea und Roland, die beiden »Lächler«, hier gerade den Eintritt in einen Botanischen Garten? (Foto: Roland Greißl)

Sie lächeln? Nein, sie ist ganz und gar nicht zum Lachen, diese Idee. Aber der Reihe nach. Im Juni 2019 informierte uns eine Studie des WWF darüber, dass wir alle pro Woche Mikroplastik im Gewicht einer ganzen EC-Karte zu uns nehmen, aus der Nahrung, aus dem Wasser, aus der Atemluft. Langzeitstudien über die Schädlichkeit der Aufnahme von Mikroplastik in den Körper fehlen zwar, aber Untersuchungen an vielen Arten von Meerestieren lassen nicht erwarten, dass wir damit unserer Gesundheit einen Gefallen tun.

Nun greift gerade in China eine Tendenz immer rasanter um sich: Das System »Smile to pay«, das Jack Ma, der Begründer des Internetdienstes Alibaba, schon 2015 vorgestellt hatte: Statt mit EC-Karte oder Smartphone zu bezahlen, lächelt der Kunde in eine 3-D-Kamera – und der Kaufpreis ist beglichen. Auch die Buchung von Hotelzimmern, für die man statt eines Schlüssels nur noch sein Lächeln benötigt, oder das Buchen und Boarding von Flügen auf die gleiche Weise erfreut sich gerade bei Chinas Jugend immer größerer Beliebtheit.

Hinter dem System stecken die Raffinessen der künstlichen Intelligenz: Für das »face print«, also den eindeutigen Abdruck eines Gesichts, bei dem ausgeschlossen werden soll, dass Unbefugte mit Fotos oder Videos versuchen, das System zu überlisten und das Konto anderer Kunden zu knacken, werden beliebig viele Punkte eines Gesichts vermessen und zugeordnet.

Dennoch hält sich Alibaba mit diesem System noch vorsichtig zurück – wegen Sicherheitsbedenken. Denn was geschieht, wenn zwei Menschen – zum Beispiel eineiige Zwillinge – dasselbe Lächeln haben, wenn Zahnlücken auftreten, das Gesicht durch einen Unfall entstellt wird? Ferner bietet diese Technologie auch einzigartige Möglichkeiten für die gezielte Überwachung jedes im System erfassten Bürgers.

Aber einen Vorteil böte »Smile to pay«: Die EC-Karten wären überflüssig, denn sie sind ein besonders schwieriger Fall von Plastik-Müll. Alte EC-Karten dürfen keinesfalls in die Plastik-Tonne, sondern sie sind »Elektrogeräte«, also einem kaputten Toaster vergleichbar, und gehören weder in den Restmüll noch in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack. Somit raten die Banken, das kleine Speichergerät mit den sensiblen Daten an Wertstoffhöfen abzugeben. Die Kommunen dagegen raten, diese zur Vernichtung an die Banken zurückzugeben.

Auf jeden Fall müssen die sensiblen Daten »gelöscht«, also bei EC-Karten per Schere zerstückelt und alle Namen und Nummern unkenntlich gemacht werden. Ein »Zahlungsverkehrsexperte« meint jedoch klar, dass diese Karten „kaum sauber zu recyceln“ sind. Und es geht um weit über 100 Millionen dieser Karten. Ein riesiger Berg von »winzigen Elektrogeräten«, zu denen sich mittlerweile Tonnen an Textilien und Schuhen mit blinkenden Leuchtdioden gesellen. Sie mögen für Kinder nett sein, sind jedoch völlig unnötig – und gehören keinesfalls in Kleidercontainer. Ein ernstes Problem, das sich nicht einfach weglächeln lässt.

Roland Greißl, Fuchstal

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