Kein Signal gegen TTIP-Abkommen in Schongau

CSU-Stadtrat Eberle schlägt Nichtbefassung vor – und setzt sich knapp durch

Was in anderen Städten und Gemeinden auf großen Widerhall gestoßen ist und meist einstimmig bzw. mit großer Mehrheit beschlossen wurde, ist im Schongauer Stadtrat unerwartet gescheitert. Enttäuschend ist das insbesondere deshalb, weil wir mit unserem ALS-Antrag lediglich die bereits mit großer Mehrheit beschlossene Petition des Landkreises zu TTIP/CETA/TiSA und die ATTAC-Initiative gegen diese Freihandelsabkommen unterstützen wollten, um auch in Schongau ein Zeichen für den Erhalt der kommunalen Selbstverwaltung zu setzen.

Was sich immer mehr abzeichnet: Diese geheim verhandelten Abkommen werden tiefgreifende Auswirkungen auf die kommunale Selbstverwaltung haben. Das trifft insbesondere auf das Dienstleistungsabkommen TiSA zu, das den Handel mit Dienstleistungen vorsieht, die bisher weitgehend (noch!) in kommunaler Hand sind.

Städtische Dienstleistungen, die wir sehr schätzen und die uns einen Service zu fairen – teils sogar ermäßigten – Preisen bieten, künftig privaten Investoren und großen Konzernen zu überlassen, kann nicht unser Ziel sein. Die Umsetzung von TiSA bedeutet nämlich – nach allem, was inoffiziell bereits durchgesickert ist – dass private Unternehmen, die nach kommerziellen Erwägungen agieren, in das Recht der Kommunen zur öffentlichen Daseinsvorsorge eingreifen können. TiSA soll ermöglichen, dass die bislang auf das Gemeinwohl ausgerichteten kommunalen Aufgaben in Zukunft auch von anderen Betreibern übernommen werden können – d. h. gewinnorientiert und damit insbesondere zum Wohl privater Investoren.

Zur Disposition stehen dabei Bereiche wie die Trinkwasserversorgung sowie Schulen, Kultureinrichtungen, öffentliche Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser usw.

Bei unserem Einsatz für den Erhalt von Strukturen, die sich am Gemeinwohl orientieren, sollten wir uns auch keinen Maulkorb[1] verpassen lassen, wie dies der Wissenschaftliche Dienst der Bundesregierung vor einigen Monaten versucht hat, aber dabei auf heftigen Widerstand gestoßen ist.

Das mutige Signal zu verstärken, das von anderen Orten unseres Landkreises (Prem, Böbing, Wildsteig, Steingaden …) ausging, wäre ein klares Zeichen gewesen, dass wir nicht bereit sind, dieses undemokratische, von Wirtschaftslobbyisten geheim ausgehandelte Abkommen zu akzeptieren.

Aber eine knappe Mehrheit von 11 zu 10 (alle anwesenden Ratsmitglieder der CSU und UWV sowie Bürgermeister Sluyterman als »Zünglein an der Waage«) wollte sich mit unserem Antrag nicht einmal befassen.

Sigi Müller

 

Quellenangaben / Hinweise


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  1. Der »Maulkorb« vom Wissenschaftlichen Dienst der Bundesregierung im Wortlaut: »Weder den Gemeinderäten noch den Kreistagen stehen Befassungs- oder Beschlusskompetenzen im Hinblick auf eine politische Erörterung oder Bewertung der geplanten Freihandelsabkommen zu.«

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