Joachim Gauck, der Präsident der Herzen?

Maria Möhrle

Maria Möhrle

War die Wahl des neuen Bundespräsidenten ein demokratisches Lehrbeispiel? Ist ein Kandidat, der für fast alle Parteien wählbar und akzeptierbar ist, ein guter Kandidat? Gab es in Deutschland nur einen geeigneten Kandidaten? Jubel und Vorschusslorbeeren prasselten von links bis rechts auf den Freiheitspastor herab.

Deutschland hat am 18.3. den Präsidenten bekommen, den es verdient: konservativ und liberal!

Dass ein evangelischer Pastor (ebenso wie ein katholischer Priester) bei aller Zuwendung zu den Menschen nicht zu den Sozialexperten zählt und auch nicht bereit ist, für Gerechtigkeit zu kämpfen, ist eine alte, längst bekannt Wahrheit. Äußerungen von Gauck über „soziale Hängematte“, über die Kapitalismuskritik, über den Mut eines Sarrazin usw. waren mehr als deutlich, um ihn einzuordnen und sein geistiges Niveau zu erkennen.

Eine Devise von Gauck lautet: Frag nicht, was dein Land für dich tut, frage, was du für dein Land tun kannst. Eine fragwürdige Devise. Jedes Kind ist zunächst existenziell auf Zuneigung, Fürsorge, Förderung, Bildung, auf Chancengerechtigkeit angewiesen. Sofern der Staat diese Grundvoraussetzungen nicht zu leisten bereit ist, obwohl die Sozialwissenschaftler laut und deutlich auf die bestehenden Mängel aufmerksam machen, fehlen die elementarsten Voraussetzungen, um auch Forderungen der Gesamtgesellschaft an die Randgruppen, an Kinder und Jugendliche zu stellen. Schon die materiellen Ausgangsbedingungen werden nicht erfüllt. 8 Millionen Niedriglohnbezieher, Millionen Hartz IV Empfänger, massenhaft Kinderarmut im reichen Land!

Eine Gesellschaft charakterisiert sich selbst am meisten dadurch, wie sie mit ihren Minderheiten umgeht. Welche Freiheit hat ein Hartz IV-Empfänger? Die Möglichkeiten, die unser freiheitlicher Rechtsstaat bietet, die Teilhabe am kostenintensiven Leben, bleiben ihm verwehrt. Von wegen soziale Hängematte! Es umgeben ihn und seine Familie Mauern von Vorurteilen, von Abwertung und Diskriminierung.

Die Linke ist die einzige Gruppierung in Deutschland, die für mehr soziale Gerechtigkeit einsteht und kämpft – so betrachtet ist sie die einzige christliche Kraft, welche die Umsetzung der Bergpredigt zu ihrem Programm gemacht hat.

Ursprünglich war auch Christoph Butterwegge als Kandidat fürs Präsidentenamt vorgeschlagen, er trat zugunsten von Frau Klarsfeld zurück.

Christoph Butterwegge* wäre für unsere Gesellschaft ein dringend notwendiges und doch unverdientes Geschenk: eine sozialpolitische Kapazität, eine geistige Größe, die Stimme für eine andere, gerechtere und humanere Gesellschaft.

* Christoph Butterwegge ist Autor eines Standardwerkes mit dem Titel »Armut in einem reichen Land«: Wie das Problem verharmlost und verdrängt wird. Campus Verlag GmbH Frankfurt Main.

Maria Möhrle

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