Der ehemalige CSU-Ministerpräsident ist schon längst nicht mehr im Amt, aber bei vielen schwebt noch die legendäre »Transrapid-Rede« im Gedächtnis.
Edmund Stoiber wollte eine Magnet-Schwebebahn vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen im Erdinger Moos. … „Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München … mit zehn Minuten, ohne dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen … am … am Hauptbahnhof in München starten Sie Ihren Flug“, so Stoiber 2002 beim Neujahrsempfang.
Damit diese Lachnummer oder dieses Drama nicht weitergeht, haben die künftigen CSU-Verkehrsminister Ramsauer, Dobrindt und Scheuer nicht mehr auf Magnet-Schwebebahn oder Schiene gesetzt, sondern haben Strecken stillgelegt. Stoibers Ziele waren vielleicht noch erkennbar. Er wollte in 10 Minuten vom Hauptbahnhof zum Flughafen.
Schwieriger wird es, die Ziele von Rüdiger Imgart (Kreistagsabgeordneter der AfD) zu erkennen. Fährt Herr Imgart für fünf Minuten von Weilheim nach Berlin, um einzuschätzen, dass Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann ziemlichen Unsinn fabuliert? Fährt der AfD-Politiker für fünf Minuten von Weilheim nach Berlin, um dem Reichstagsgebäude näher zu kommen, als es angebracht wäre? Warum trug er keine Mund-Nase-Bedeckung? Ist er Maskenverweigerer? Ist ihm der Schutz anderer nicht so wichtig oder steckt eine Krankheit dahinter? Hat er es genossen, in seinem Hintergrund mehrere Reichskriegsflaggen wehen zu sehen oder war das der Grund, dass er sich nach angeblichen fünf Minuten von dannen machte? Fährt Herr Imgart für fünf Minuten nach Berlin, um sehr vertieft und intensiv mit einer bekannten Münchner Pegida-Aktivistin vertrauliche Privatgespräche zu führen? Laut Presse soll es aber Augenzeugen geben, welche Herrn Imgart deutlich länger gesehen haben. Ist es für einen Rechtsanwalt und ehrenamtlichen Verfassungsrichter angebracht, sich in der Mitte von Rechtsradikalen, Reichsbürgern und Neonazis zu tummeln? Aber nach eigener Aussage kann er sich dies erlauben, da sein Ruf eh schon ruiniert ist. Ob das andere Parteien und PolitikerINNEN auch so sehen? Zumindest Florian Ritter (SPD und Rechtsextremismus-Experte) und Katharina Schulze (Grüne) halten nach den wiederholten Auffälligkeiten Imgarts Rücktritt für angebracht, um Schaden von dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof abzuwenden.
Vor Kurzem haben wir noch den 70. Geburtstag unseres Grundgesetzes gefeiert. Noch nie wurden in der Geschichte der Bundesrepublik unsere Grundrechte so schnell und massiv eingeschränkt. Deshalb müssen alle Demokraten ein wachsames Auge haben und eine Wiederherstellung eines »demokratischen Normalzustandes« systematisch und stufenweise vorantreiben. Sicherlich gibt es hier unterschiedliche Meinungen, wie der richtige Weg dorthin am besten gelingt. Es gibt viel zu tun, um einerseits den besten Weg aus der Krise zu einem demokratischen Normalzustand zu finden und andrerseits allen den bestmöglichen Schutz vor Krankheiten zu gewährleisten. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit sind wichtige Errungenschaften und deshalb auch im Grundgesetz geregelt. Unser Grundgesetz sieht aber auch vor, dass eine Demonstration friedlich abzulaufen hat und die Grundrechte anderer nicht verletzt. Seltsam ist, dass sich gerade jetzt Rechtsextremisten als Schützer der Grundrechte darstellen. Gerade diese Fraktion hat Grund- und Menschenrechte schon oft missachtet und verhöhnt. Da wird mit Ängsten gespielt und es werden Halbwahrheiten und Lügen verbreitet.
Meines Erachtens ist so ein Tabubruch schädlich für unsere Demokratie, eines Politikers und ehrenamtlichen Verfassungsrichters unwürdig.
Peter Maier, Penzberg
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