Großes Städtisches Theater in Schongau

Foto Irmgard Schreiber-Buhl

Irmgard Schreiber-Buhl

Der Stadtrat gab eine Vorstellung – Stoff für eine Sommerglosse

Am zweiten Dienstag im Juli war es wieder einmal so weit: Das Große Städtische Theater gab eine Vorstellung im Saal des Schongauer Rathauses in der historischen Altstadt. In der Ankündigung des Programms standen der Schwanenweiher, die Umgestaltung der Münz- und Weinstraße und die Straßenausbau-Beitragssatzung. Deshalb wollte ich als Zuhörerin nicht fehlen.

Fünf Stimmen gegen den Schwan

Die ZuhörerInnen lauschten andächtig den Worten des Planers Kern, der seine Bühnenbilder für den Sitzplatz auf dem Gelände des Schwanenweihers vorstellte. Die Akteure aus den Reihen der CSU wollten unbedingt einige Worte von Adolf Kolping dort verewigt haben. Kritik kam von einer Neuen im Ensemble. Die grün-alternative Stadträtin Bettina Buresch lehnte alle drei Vorschläge kategorisch als völlig unpassend und wahnwitzig teuer ab.

Auch der rote Peter Huber schlug die gleichen Töne an: Der Charme fehle ihm bei allen diesen Planungen zum Schwanenweiher, die blauen Krokusse auf dem Gelände blühten nur einen Monat lang, zudem sähen die Bänke sehr schwach aus. Die Mehrheit der Schauspieltruppe votierte jedoch am Ende des ersten Aktes – bei nur fünf Gegenstimmen – für den Schwan, der für Kleinkinder überquerbar sein soll.

Für uns Schongauer ist das eine erneute Geldausgabe für einen eh schon verhunzten Platz, auf dem die Aufenthaltsqualität gleich Null ist!

Keine Tiefgarage unter der Münzstraße

Zu Beginn des zweiten Aktes traten die Architekten Baur senior und Baur junior aus München auf die Bühne. Sie hatten schon im Jahre 1999 einen Wettbewerb zur Umgestaltung der Münz- und Weinstraße gewonnen. Die Zuschauer konnten bei ihrem Vortrag viel Neues entdecken: Ein niveaugleicher Ausbau der Straßen ermöglicht es allen, sich ohne Borde als gleichberechtigte VerkehrsteilnehmerInnen zu erleben. Kleinkronige Bäume, eine variationsreiche Pflasterung aus Klinker- und Granitsteinen, eine Beleuchtung an den Häuserwänden, ein Brunnenstandort mit Sitzbänken und ein innerstädtischer Bushalteplatz erreichten das aufgeschlossene Publikum mit zeitgemäßen Mitteln.

Sogleich drängte sich die UWV-Theatertruppe vehement in den Mittelpunkt. Diese hatte ja im September 2012 den Intendanten der Städtischen Bühnen, Karl-Heinz Gerbl, beauftragt, Untersuchungen für eine Tiefgarage unter der Münzstraße zu veranlassen. Der städtische Komparse aus dem Bauamt, Herr Joseph, soufflierte einen zweiseitigen Text: Dieser begann mit den Problemen während der Bauphase (teure Provisorien für Kanäle, Fernwärmeleitungen) und endete bei den Kosten in Höhe von schätzungsweise 3-4 Millionen Euro. (Wobei die Schäden, die an den Häusern in der Altstadt entstehen könnten, diese Summe noch um ein Vielfaches toppen dürften.)

Die Live-Aufführung im Rathaussaal erreichte nun einen ihrer Höhepunkte: Der Schauspieler Stephan Hild (UWV) war verwundert und zugleich verärgert, wie wenig sein Rollentext beim Regisseur ankam. Er wiederholte mehrmals lautstark sein Credo: „Das ist die letzte Chance für die Stadt!“ Die Tragödie wurde gesteigert durch die Wortbeiträge von den christlichen Räten Eberle, Blüml und Hunger. Sie befürchteten, dass sich zu wenige Geschäfte ansiedeln könnten, wenn es nicht eine für sie ausreichende Anzahl von Parkplätzen gäbe. Damit wiederholten sie gebetsmühlenartig ihre Texte, die man schon seit 25 Jahren im städtischen Sprechtheater von diesen Akteuren kennt. Sie brauchen dazu keine Souffleure mehr aus der Geschäftswelt, diese Texte kriegen sie in jeder Aufführung ohne irgendeinen Hänger hin! – Erleichtert vernahm ich dann das Ergebnis der Abstimmung zum Ende des zweiten Aktes: Mit 14 zu 7 Stimmen wurde die Tiefgarage unter der Münzstraße begraben! Die Gegenstimmen kamen von den Commedia dell’arte-Leuten Hunger, Blüml, Maucher, Motz, Hild, Heger und Loth.

Jedoch war sich die komplette Theatertruppe unter ihrem Theaterleiter Karl-Heinz Gerbl (bis auf den Vize) einig, dass Haushaltsmittel für die Umgestaltung der Münz- und Weinstraße eingestellt werden sollen.

Der dritte Akt war kurz. Hier versuchte der rote Arlecchino Robert Bohrer mit seinem Antrag, die Parkplatzsituation in Schongau für teures Geld untersuchen zu lassen. Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Straßenausbau ist für alle da: Mehrheit will keine Sonderabgabe für Grundstückseigentümer!

Danach begann der vierte Akt, die Tragödie um die Straßenausbau-Beitragssatzung. Der Hauptakteur in dieser Szene war ein Herr Wölfle vom Bauamt, der seine Texte mit paragrafischer Arroganz vortrug. Er wurde ganz sicher vom Regisseur des Schongauer Stückls hierher beordert, um als Hilfskraft unüberhörbar zu behaupten: „Das Soll ist für uns ein Muss!“ Dann ging es Schlag auf Schlag: „Die Stadt München kassiert den Bürger ab, wo es geht. Sie ist ein Unfug, diese Straßenausbau-Beitragssatzung“, schimpfte der 2. Bürgermeister Paul Huber. „Der Bürger wird damit belastet“, klagte der UWV-Mann Hild. Der Hauptdarsteller, der sozial(!)-demokrati­sche(?) Gerbl, beschwichtigte: „Der Bürger kann Stundungen erhalten, kann in Raten zahlen. Wir strecken das so, dass das für die Leute zu packen ist. Wir wollen die Leute in die Pflicht nehmen, wir wollen sie aber nicht in den Ruin treiben.“

Den größten Lacherfolg – nicht nur aus dem Publikum – erzielte kurz darauf der Christlich-Soziale-Darsteller Michael Eberle mit der Auflistung der 14 Gemeinden aus dem Landkreis, die bis dato noch keine Straßenausbau-Beitragssatzung eingeführt haben. Er begann mit „Bernbeuren, Burggen“, las dann in ganz langsamem Tempo weiter „Ho – hen – furch …“

Die Rätin der Alternative Liste lehnte die Straßenausbau-Beitragssatzung als völlig ungerecht ab, weil erst auf anderem Wege versucht werden müsse, die finanzielle Lage der Stadt zu verbessern (zum Beispiel mit der Erhöhung der Gewerbesteuer). Der Regisseur Gerbl leistete sich kurz darauf einen riesigen Patzer. Er sagte für alle unüberhörbar, dass der Haushalt nicht genehmigt worden sei. Großes Raunen ging durch alle Bänke. Dieser Satz löste bei einigen Statisten, die links und rechts von ihm auf den vorderen Bänken saßen, fast einen Nervenzusammenbruch aus! Der Komparse Hefele aus der Stadtkämmerei berichtigte dann diesen Versprecher. Wo aber der feine Unterschied der widersprüchlichen Äußerung zu finden ist, blieb leider ungeklärt.

Dieser Akt endete für das Publikum mit einem Happy-End. Die BürgerInnen der Stadt werden auch künftig nicht geschröpft. 13 Personen aus der Schongauer Theatertruppe stimmten – Gott sei es gelobt – gegen diesen Antrag.

 

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