G wie … Genuss

Irmgard Deml, Weilheim

Ach, wie schön! Die wärmende Herbstsonne – eine Wohltat für Leib, Geist und Seele! Vor allem nach nasskalten Tagen und im Hinblick auf den bevorstehenden Winter können wir hier nochmal so richtig genussvoll unsere »Akkus« füllen. Und ob es sich um das Wetter handelt, bei dem der licht- und wärmespendende Planet nicht nur unsere Haut streichelt, oder um Anderes, das ebenfalls Genuss darstellt: Alles miteinander tut uns oft gut und baut uns auf.

Ein sehr feines Mahl wird ja auch nicht nur verzehrt, um sich Kalorien zum Überleben zuzuführen, sondern es wird ebenfalls genossen, wenn dies in freundschaftlicher, liebevoller Gesellschaft und in angenehmer Umgebung geschieht. Wie zum Beispiel beim einmal mehr stattfindenden »Knödelfest« am Kirchweihsonntag im Hofgartenstüberl in Unterhausen mit einer Auswahl an schmackhaften Knödeln. Kaspressknödel, Kürbisknödel, Spinatknödel, Speckknödel und: Überraschung! Chiliknödel! Nach Wunsch mit oder ohne Krautsalat, mit Butter oder Kürbissoße. Mmmh!

Wobei »Genuss« sich auch weit in den Kulturbereich erstreckt, denn einen Theater- oder Opernabend können wir – zumindest ein großer Teil von uns – in anderer Hinsicht ebenso genießen, was uns zum Teil vielleicht sogar mehr stärken kann als körperliche Nahrung. Wie Folgendes zeigt:

Von Rainer Maria Rilke (1875 – 1926), der wohl zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu rechnen ist, wird während seines Aufenthaltes in Paris folgende Geschichte erzählt:

Gemeinsam mit einer jungen Französin kam er um die Mittagszeit an einem Platz vorbei, an dem eine Bettlerin saß, die um Geld anhielt. Ohne zu irgendeinem Geber je aufzusehen, ohne ein anderes Zeichen des Bittens oder Dankens zu äußern, als nur immer die Hand auszustrecken, saß die Frau stets am gleichen Ort. Rilke gab nie etwas, seine Begleiterin gab häufig ein Geldstück. Eines Tages fragte die Französin verwundert nach dem Grund, warum er nichts gebe, und Rilke gab ihr zur Antwort: „Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand.“ Wenige Tage später brachte Rilke eine eben aufgeblühte weiße Rose mit, legte sie in die offene, abgezehrte Hand der Bettlerin und wollte weitergehen.

Da geschah das Unerwartete: Die Bettlerin blickte auf, sah den Geber, erhob sich mühsam von der Erde, tastete nach der Hand des fremden Mannes, küsste sie und ging mit der Rose davon.

Eine Woche lang war die Alte verschwunden, der Platz, an dem sie vorher gebettelt hatte, blieb leer. Vergeblich suchte die Begleiterin Rilkes eine Antwort darauf, wer wohl jetzt der Alten ein Almosen gebe.

Nach acht Tagen saß plötzlich die Bettlerin wieder wie früher am gewohnten Platz. Sie war stumm wie damals, wiederum nur ihre Bedürftigkeit zeigend durch die ausgestreckte Hand. „Aber wovon hat sie denn all die Tage, da sie nichts erhielt, nur gelebt?“, fragte die Französin. Rilke antwortete: „Von der Rose …“[1]

So freue ich mich stets, wenn ich die Möglichkeit habe, Kunst und Kultur genießen zu können. In Weilheim fand in der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt eine Orgelführung mit Erläuterungen zur vierteiligen Orgel und anschließend ein Konzert statt. Auch wenn ich Laiin bin und nur staunend vor diesem faszinierenden, klanglich und auch optisch sehr ansprechenden Bauwerk aus Metall und Holz stehen kann, ist mir bewusst, wie wichtig Derartiges für uns als Menschheit ist.

Der Organist Jürgen Geiger, aus einer musikalischen Familie stammend, in der sein großes Talent sehr gefördert wurde, ist in dem kleinen Apfeldorf aufgewachsen. Sein musikalischer Einstieg war das Akkordeonspiel; mit zwölf Jahren begann er dann mit Klavier und Orgel. Ob meine Ansicht richtig ist, weiß ich nicht, jedoch könnte es sein, dass es sich bei Herrn Geiger um einen Organisten von Weltrang handelt, so virtuos wie er dieses Instrument spielt. Da geht einem einfach das Herz auf. Bei besagtem Konzert spielte Anian Schwab die Trompete und beides ergänzte sich wunderbar. Vielleicht haben wir das Glück und dieses Konzert ist in Bälde auf CD zu erwerben. Es wäre schön.

Die über 3000 Orgelpfeifen haben eine Größe von wenigen Millimetern bis hin zu 5,10 Metern! Und jede einzelne von ihnen ist wichtig für das Gesamtkunstwerk eines darauf gespielten Stückes. Ebenso wichtig wie jeder einzelne Pinselstrich bei einem Gemälde meiner Freundin Irma Streck,[2] die einmal mehr im Kreuzgang des Klosters Benediktbeuern ihre »Lichtmalerei« ausgestellt hatte. Dieses Jahr wurde ihr Gemäldezyklus »Vater unser« im Zusammenhang mit »Das Gebet im Leben der Russlanddeutschen« präsentiert. Das war sehr informativ und es gab erneut sehr berührende Szenen, als manche Menschen vor ihren Bildern standen und anfingen zu weinen …

Nahrung für die Seele, die laufend neue Aufgaben im Leben gestellt bekommt. Und Gott sei Dank haben wir die Gelegenheit, Impulse durch den Genuss von Wunderbarem zu erhalten, die ihr dabei helfen können. Nehmen Sie diese Chancen wahr, wenn sie sich Ihnen bieten.

Irmgard Deml, Weilheim


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