Fünf Jahre Asyl im Oberland

Verkehrsregeln sind wichtig: Fahrradkurs für Geflüchtete in Peißenberg (Alle Fotos: © Asylhelfergruppe Oberland)

Ehrenamtliche brauchen mehr politische Rückendeckung

Julia Poweleit, Böbing

Seit vor fünf Jahren die ersten Asylbewerber und Asylbewerberinnen ins Oberland kamen, hat sich vieles bewegt und auch verändert. Asyl im Oberland veröffentlicht zum Jubiläum einen Bericht zur Situation der ehrenamtlichen Asylunterstützerkreise und plant viele interessante Veranstaltungen im ganzen Landkreis.

2013 kamen die ersten Asylbewerberinnen und Asylbewerber der neuen Flüchtlingsbewegung in den Landkreis Weilheim-Schongau. Seither kamen (und gingen) mehr als 2500 Flüchtlinge aus vielen Ländern der Erde. Von Beginn an kümmerten sich zahlreiche Ehrenamtliche (zeitweise 900 im gesamten Landkreis) um die Geflüchteten. In allen Gemeinden, in denen Asylsuchende untergebracht wurden, formierten sich Unterstützerkreise, die sich unter dem Namen »Asyl im Oberland« vernetzten. Seit Sommer 2016 werden sie zudem von den hauptamtlichen Ehrenamtskoordinatoren Susanne Seeling und Jost Herrmann unterstützt.

Bestandsaufnahme in der Flüchtlingshilfe

Mit den Jahren des intensiven Engagements gingen auch die Helferzahlen in den Unterstützerkreisen zurück – höchste Zeit für eine Bestandsaufnahme: Wo geht es hin mit dem Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe? Im Auftrag der Unterstützerkreise verfasste Jost Herrmann eine umfassende Studie über die Situation und Herausforderungen der Ehrenamtlichen auf dem Gebiet der Flüchtlingshilfe im Landkreis Weilheim-Schongau und darüber hinaus. Sie bietet einen umfassenden Überblick und ermöglicht einen Vergleich mit den Verhältnissen in anderen Landkreisen.

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Quo vadis Flüchtlingshilfe?

2017 sind noch rund 660 Helfer im Landkreis Weilheim-Schongau aktiv in der Flüchtlingshilfe. Viele der Befragten sind seit Beginn engagiert, nur wenige Unterstützende kamen neu hinzu. Eine der großen Herausforderungen in der Flüchtlingshilfe ist es, die aktiven Ehrenamtlichen zu behalten und neue dazu zu gewinnen. Die Bedingungen für das Engagement haben sich geändert: Es gibt keinen emotionalen Auslöser, keine Notsituation mehr, in die Helfende ohne Vorwissen »hineinspringen« können. Deswegen werden vermehrt Ehrenamtliche für Teilbereiche gesucht: Wohnungspaten, Sprachpaten, Nachhilfelehrer, Unterstützung bei Schule, Ausbildung und Steuererklärung.

Was motiviert die Helfer?

Die Motivation der Helfer besteht 2017 weiterhin aus den Gründen, die auch zu Beginn des Ehrenamtes im Fokus standen: Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen und der Wille, die Gesellschaft zu gestalten. Deutlich gesunken ist nach eigenen Angaben der Spaß. Die Verpflichtung zu helfen wird hingegen sehr oft als Grund für das eigene Engagement benannt.

Susanne Seeling und Pfarrer Jost Herrmann koordinieren die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen im Landkreis Weilheim-Schongau

Stimmung in den Unterstützerkreisen

Ähnliche Ergebnisse, wie im Bereich der Motivation, zeigt der Bereich der Stimmung in den Helferkreisen: Mehr als die Hälfte der Ehrenamtlichen sind eher frustriert als erfreut in ihrem Ehrenamt. Grund dafür sind vor allem die ausbleibende politische Rückendeckung, steigende Verantwortung sowie zurückgehende Unterstützung der Bevölkerung. Jost Herrmann stellt klar:  „Das bedeutet natürlich nicht, dass das Ehrenamt im Bereich Asyl grundsätzlich keine Freude und Befriedigung mit sich bringt. Im Gegenteil: Man erfährt viel Dankbarkeit, immer mal wieder findet man Arbeit für Asylsuchende oder eine Wohnung, freut sich mit, wenn getrennte Familien nach zwei Jahren wieder zusammen geführt werden, der Erfahrungshorizont wird erweitert und das Miteinander bei »Asyl im Oberland« ist richtig gut. Und doch könnte viel mehr erreicht werden, für die Geflüchteten und die gesamte Gesellschaft, wenn es ein besseres Miteinander zwischen Ehrenamt und Politik gäbe.“ – „Integration ist eine Aufgabe für alle und nicht nur die Einzelner“, ergänzt Susanne Seeling.

Lösungsansätze der Ehrenamtlichen sind neben einer bürgernahen Verwaltung, vor allem klare Strukturen und Zuständigkeiten der hauptamtlichen Stellen in der Flüchtlingsarbeit. Zudem wird immer wieder die Schlüsselrolle der Politik betont: Gefordert werden hier eine Unterstützung durch die Erteilung von Arbeitserlaubnissen für alle, Schaffung von sozialem Wohnraum, Beibehaltung der Asylsozialberatungsstellen, und öffentliche Wertschätzung der vielen ehrenamtlich Tätigen.

Veranstaltungsreihe zum Jubiläum

Die Ehrenamtskoordination Asyl nimmt das fünfjährige Bestehen von Asyl im Oberland zum Anlass, um mit einer Reihe von Veranstaltungen im ganzen Landkreis aktuell relevante Themen sowohl für Ehrenamtliche als auch für die lokale Bevölkerung aufzugreifen und zu bearbeiten: In zehn Veranstaltungen stehen die Themen Flucht, Religion, Integration sowie auch Abschied und freiwillige Rückkehr im Fokus. Ziel ist es mit unterschiedlichen Gruppen ins Gespräch zu kommen. Den Abschluss bildet das Jubiläumsfest des Netzwerkes »Asyl im Oberland« am 9. Juni 2018 im Weilheimer Stadttheater.

Julia Poweleit, Böbing

Informationen zu den Veranstaltungen sowie die Studie »Zur Situation der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer« von Jost Herrmann gibt es auf: www.asylimoberland.de

 

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