Sigi Müller (SM): Als biologisch wirtschaftende Landwirte in Morgenbach bei Wildsteig habt ihr voriges Jahr die Impfung gegen die Blauzungenkrankheit entschieden abgelehnt. Eure Gegenwehr war letzten Endes auf der ganzen Linie erfolgreich. Und das Landratsamt hat ja den Impfzwang bei Impfverweigerern nicht durchgesetzt und auch das angedrohte Bußgeld von euch nicht verlangt.
Maria Lüdemann (ML): Das ist richtig. Es gab fünf Klagen. Bei fast allen hatte die Staatskasse letzten Endes die Kosten zu übernehmen.
SM: Jetzt steht aber für euch ab Januar 2011 schon wieder eine vielleicht unangenehme Bewährungsprobe ins Haus. Die Regierenden in Deutschland, genauer gesagt im Bundeslandwirtschaftsministerium, wollen jetzt eine weitere Rinderkrankheit, genannt BVD, durch die so genannte Ohrstanzmethode endgültig ausmerzen. Haben eure Tiere schon mal diese Krankheit gehabt?
ML: Nein, dieser durch Viren verursachte Rinderdurchfall ist in unserem Stall noch nie aufgetreten. Landwirte, die vernünftig wirtschaften, haben normalerweise damit kein Problem. Nur wenn die Tiere nicht mehr fit sind, bieten sie Angriffsmöglichkeiten für Bakterien und Viren. Wenn immer höhere Leistungen gefordert werden, wird der Organismus der Tiere anfälliger für Krankheiten. Darin sehen wir das Kernproblem. Man muss eben die natürlichen Gegebenheiten und Grenzen beachten. Und das tun wir.
SM: Vertreter des Bauernverbands sagen, die Untersuchung der Gewebeprobe aus der Ohrmuschel ist die sicherste, kostengünstigste und schnellste Methode zur Ausmerzung von BVD. Kann man sich auf solche Aussagen vor allem in punkto Sicherheit verlassen?
ML: Von unserer Seite ist kein Vertrauen mehr da. Es weiß ja keiner genau, was passieren wird. Ab 1. Januar soll die Ohrstanzmethode Pflicht werden. Aber es gibt ja noch andere zulässige Methoden wie den Blut- oder Milchtest. Also, für mich ist das Ganze eher ein Vorwand. 2009 waren lediglich 0,01 Prozent der Rinder mit dem BVD-Virus infiziert. Ich denke, dass da ganz andere Gründe dahinterstecken.
SM: Welche zum Beispiel?
ML: Die Gewebeproben können sehr nutzbringend verwertet werden. Dieses staatlich registrierte Gen-Material wäre für die großen Lebensmittelkonzerne bares Geld. Ich denke da an Patente und Lizenzzahlungen. Es gibt ja schon Anträge auf Genom-Daten von Kühen. Die Behörden wiegeln immer ab, der Zugriff sei nicht möglich. Aber die Realität sieht leider anders aus.
SM: Ihr wollt also keine Gewebeproben abliefern?
ML: Wir sehen dafür überhaupt keinen Anlass. Wenn ein Landwirt Probleme mit einer Tiererkrankung hat, dann lässt er ohnehin seinen Tierbestand untersuchen. Dann kann er die Krankheit ausmerzen. Aber man soll doch endlich die Landwirte, die keine kranken Tiere haben, einfach in Ruhe lassen.
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