Fortschritt namens Minimum

Die Huglfinger Hella und Manfred Schreiber mit ihrem Wochenendgast Jörg Heger in Schreibers Wohnzimmer

J: Heut’ Vormittag, bei unserem Spaziergang durch euer preisgekröntes Dorf, hab ich mir gedacht, dass das Wirtshaus, der Bach und die Kirche eine Einfachheit symbolisieren, die uns Menschen gut tut, die wir alle in Zukunft anstreben sollten.

H: Jörg, das hast du ganz wunderbar gesagt. Und diese Sichtweise, Jörg, ist wohl auch einer der Gründe dafür, dass man unser Dorf ausgezeichnet hat.

J: Und nur ein paar Augenblicke später, Hella, habe ich überlegt, warum wir Menschen ganz verbreitet nach mehr streben. Übrigens, im Zug zu euch heraus habe ich eine Zeit lang darüber nachgedacht, wie es nur sein kann, dass weltweit ganze Heerscharen intelligenter Leute auf verschiedenen Wissensgebieten Enormes schaffen, aber in aller Regel nicht daran denken, sich mit dem größten Problem auseinanderzusetzen, vor dem wir Menschen seit Jahrzehnten stehen, nämlich der Problematik, dass wir ein zu aufwendiges Leben führen. Eigentlich sollte man ja meinen, dass unser ausgeuferter Lebensstil das interessanteste und wichtigste Gebiet für die Wissenschaft sein müsste, aber mir ist nicht bekannt, dass diesbezüglich nennenswert geforscht wird.

M: Mir auch nicht, Jörg. Fast alle Forschung geht nach meiner Kenntnis in Richtung mehr, größer und schneller.

H: Sehe ich genauso. Dabei sollten die Heerscharen kluger Köpfe, wenn ich dich richtig verstehe, Jörg, doch vorrangig in Richtung Minimierung unseres Lebensstils tätig sein.

J: So meine ich das, Hella. Die Menschheit sollte vor allem einen Lebensstil anstreben, der von Minimierung in den Bereichen Energie, Rohstoffe und Umweltbelastung geprägt ist. Wir müssen zuallererst dort Fortschritte erzielen und realisieren.

M: Unsere Wirtschaft und fast alle Politik, Jörg, haben aber vor allem das Zentralziel Wachstum im Auge, und zu dem passt Minimierung nun so gar nicht. Nicht einmal die ÖDPler in der Region wollen in diese Richtung denken, selbst sie stecken ganz arg in einem überkommenen Fortschrittsdenken fest.

H: Ja, Männer, was ist in so einer Situation zu tun? Wir können doch nicht darauf warten, bis die Aktionen der »Letzten Generation« zu einer Richtungsänderung führen!

J: Sollten wir keinesfalls, Hella. Ja, und außerdem wird unsere festgefahrene Politik und die breite Mehrheit in der Erwachsenenwelt diese Flamme möglicherweise bald zum Erlöschen bringen. Nein, ihr zwei, wir, die vorletzte Generation muss sich für einen minimalen Lebensstil stark machen, weil nur der eine Zukunft hat.

M: Jörg, dieser Gedanke passt sehr gut zu unserem Dorf und findet hier vielleicht auch ein paar Anhänger. Aber das Land und die Welt, Jörg, da kann man doch nur resignieren.

H: Sollten wir nicht, Manfred! Denn ich habe unauslöschlich im Kopf, was Jörg vor ein paar Minuten gesagt hat, dass nämlich unser Wirtshaus, der Bach und unsere Kirche eine Einfachheit symbolisieren, die den Menschen gut tut. Und möglicherweise, ihr zwei, ist nur ein kleiner Schubs notwendig, damit die Menschheit das erkennt.

J: Hella, das hast jetzt du ganz wunderbar gesagt.

Guggera

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