Ernährungskultur heute: Was soll ich denn eigentlich essen? (5)

Florian Reistle Koch, Diätassistent und Heilpraktiker, Weilheim

Florian Reistle
Koch, Diätassistent und Heilpraktiker, Weilheim

Meine Empfehlung: „Essen Sie so bunt wie möglich!“

„Essen Sie so bunt wie möglich!“ höre ich mich sagen und entlasse eine kleine Gruppe von Patienten aus der Mensa des großen Unfall-Klinikums in Murnau zu ihrem Mittagessen. Diese einprägsame Empfehlung zur Lebensmittelauswahl hat sich in meinem ernährungstherapeutischen Alltag gut etabliert. Wenn ich Patienten auf dem Gang des Klinikums treffe, höre ich nicht selten den Gruß „… Heut war’s wieder ziemlich bunt beim Mittagessen!“ So locker der Spruch auf den ersten Blick anmutet, so gehaltvoll ist diese Empfehlung zur gesunden Lebensmittelauswahl der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf den zweiten Blick.

„Was soll ich denn eigentlich essen?“ Auf diese Frage muss jeder Mensch eine eigene Antwort finden. Gibt es doch zahlreiche Empfehlungen, die sich völlig widersprechen. Keine Kohlenhydrate, aber dafür viel Eiweiß essen? Oder wenig Eiweiß, dafür aber hauptsächlich komplexe Kohlenhydrate? Und wie ist es mit dem Fett? Wenig Fett, oder pflanzliches Fett? Soll man sich vegetarisch ernähren oder auch Fisch verzehren? Welche Lebensmittel man auswählen soll, welche »gut« und welche »schlecht« wirken, sind Inhalt der meisten Artikel und Abhandlungen über gesunde Ernährung.

Fest steht jedenfalls, dass wir auf unserem Streifzug im Supermarkt irgendetwas im Käfig unseres Einkaufswagens einfangen müssen. Und fest steht auch, dass unsere Lebensmittelauswahl eine stabilisierende – ja bisweilen sogar heilsame – Wirkung auf unsere Gesundheit haben kann.

Was aber steckt nun hinter der „Essen Sie so bunt wie möglich!“-Empfehlung? Sehen wir uns an, welche Lebensmittel uns bunt entgegenleuchten. Fleisch und Fisch – eher weiß, oder grau; maximal rosa im Lachs. Getreide, Kartoffeln und Brot – eher weiß, braun über gelb bis goldgelb. Obst und Gemüse – ? Hier leuchtet uns die ganze lebensfreudige Farbenpracht der genießbaren Natur entgegen (siehe auch Teil 4). Die orange Karotte, die intensiv roten Rote Beete, der gelbe Zuckermais, der grüne Brokkoli; die rosé-farbene Grapefruit, die hellgrüne Kiwi, der rote Apfel, die dunkelvioletten Trauben usw. … Lässt man diese Farben auf sich wirken, bekommt man einen Begriff von Lebensfreude.

„Soll man nun nur noch Obst und Gemüse verzehren?“, werden Sie sich jetzt bestimmt fragen. „Essen Sie so bunt wie möglich“ soll heißen, dass für eine gesunde und abwechslungsreiche Lebensmittelauswahl knapp die Hälfte der Lebensmittel auf ihrem täglichen Teller bunt sein sollte. Auf dieser Hälfte des Tellers könnte folglich gedünstetes, gebratenes oder roh-mariniertes Gemüse oder Salat sein. Die zweite Hälfte teilen sich dann Getreide oder Kartoffeln sowie Milch & Milchprodukte wie auch bei Bedarf Fleisch und Fisch.

Betrachten Sie bei Ihrer nächsten Mahlzeit einmal Ihren Teller. Wie wirken die vorhandenen Farben auf Sie? Kommen sie ihnen leuchtend entgegen? Entsteht vielleicht eine kleine Empfindung der Lebensfreude, für die die Farben der Lebensmittel ein Ausdruck sind?

Florian Reistle
Koch, Diätassistent und Heilpraktiker, Weilheim

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