Vermutlich hat selten ein Manuskript aus dem Vatikan so viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalten wie die zweite Enzyklika von Papst Franziskus – erschienen im Juni 2015.
Die Enzyklika (= »ermahnendes Rundschreiben«) »Laudato si« wird gemeinhin als »Umweltenzyklika« betitelt, hat aber dabei auch stets soziale Zusammenhänge im Blick.
Selten war eine Enzyklika so nah an der direkten Lebenswelt der Menschen dran wie diese. In ihr sind theologische Thesen genauso vertreten wie wissenschaftliche Erkenntnisse, auch Theologen anderer Religionen kommen darin zu Wort.
„Wenn der Mensch sich selbst ins Zentrum stellt, gibt er am Ende seinen durch die Umstände bedingten Vorteilen absoluten Vorrang, und alles Übrige wird relativ.“
Aus der Enzyklika »Laudato sì«
Bei einem Vortrag der ÖDP in Peiting informierte der Umweltreferent der Erzdiözese München-Freising Mattias Kiefer über die Inhalte, die Aussagen des Papstes und die Wirkung, welche diese erzielen sollen.
ÖDP-Kreisvorsitzende Agnes Edenhofer wies in ihren einleitenden Worten zum Vortrag darauf hin, dass „im ÖDP-Programm ganz viel Papst enthalten ist“. Zur Thematik dieser Enzyklika, so Edenhofer, passe auch das Volksbegehren »Rettet die Bienen – zum Erhalt der Artenvielfalt«, wofür zurzeit Unterschriften gesammelt werden.
Der Untertitel der Enzyklika »Über die Sorge für das gemeinsame Haus« sagt bereits etwas über die Beweggründe für deren Entstehung aus. Schon nach seinem Amtsantritt hatte Franziskus eine Umweltenzyklika angekündigt. Veröffentlicht wurde sie einige Monate vor der UN-Klimakonferenz in Paris, mit dem Ziel, dass sie auf die dort anstehenden Entscheidungen Einfluss nimmt. Dies soll – nach Verlautbarung von Teilnehmern – auch gelungen sein.
In sechs Kapitel aufgegliedert umfasst die Enzyklika diese Bereiche:
- Analyse der Problematik, z. B. hinsichtlich der allgemeinen Umweltverschmutzung und der Wasserfrage. Besonders dringlich sind die Themen »Artensterben«, »Stickstoffkreislauf«, »Klimakrise«. Diese Problemfelder werden auch direkt in den Bezug gestellt mit der Verschlechterung der Lebensqualität und der weltweiten sozialen Ungerechtigkeit.
- »Vom Schöpfer und der Schöpfung«. Allen – Gläubigen und Nichtgläubigen – muss klar sein, dass die Erde ein gemeinsames Erbe ist, deren Schutz eine umfassende Aufgabe der gesamten Menschheit ist. Dies hat auch eine soziale Perspektive einzubeziehen – besonders die Berücksichtigung der derzeit benachteiligten Menschengruppen.
- »Die menschliche Wurzel der ökologischen Krise« – Kulturanthropologische Systemkritik (Technik/Markt/Macht)
- »Ganzheitliche Ökologie«, mit den Bereichen Umwelt-, Wirtschafts- und Sozialökologie, Kulturökologie, Ökologie des Alltagslebens, das Prinzip des Gemeinwohls und generationsübergreifende Gerechtigkeit
- »Leitlinien für Orientierung und Handeln«, welche die Verantwortung von Wirtschaft und Politik hinsichtlich des Gemeinwohls beinhalten. Das derzeitige unverantwortliche Wachstum und der unersättliche Konsum müssen begrenzt werden zum Wohle derer, die bisher nicht am Wohlstand teilnehmen konnten. Der Papst ruft darin auch zum Dialog zwischen Religionen und Wissenschaften auf.
- »Ökologische Erziehung und Spiritualität«. Eine Erziehung zu einem Bündnis zwischen Menschheit und Umwelt, ökologische Umkehr, innerer Frieden, Kultur der Achtsamkeit, welche zu einer »ökologischen Spiritualität« führt.
Mattias Kiefer wies immer wieder auf die ganzheitliche Sicht auf die Wirklichkeit und die dezentrale Perspektive der Enzyklika hin. Sie beinhaltet wissenschaftlich hochaktuelle Fakten und theologisch-religiöse Standpunkte gleichermaßen. Der Text ist durch Optimismus geprägt: er traut dem Menschen zu, die vorhandenen Problemfelder zu meistern.
Wer Lust gewonnen hat, sich intensiver mit der Umweltenzyklika zu befassen, kann diese im Buchhandel oder als Online-Version bekommen.
Rosi Hutter, Peißenberg
„Gehen wir singend voran! Mögen unsere Kämpfe und unsere Sorgen um diesen Planeten uns nicht die Freude und Hoffnung nehmen.“
Aus der Enzyklika »Laudato sì«
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