Ende der Trockenzeit – Wasser ist Leben (14)

Schon Anfang März hat es mehrmals geregnet

Während in Deutschland der nicht stattgefundene Winter zu Ende geht, ist hier das Ende der Trockenzeit in Sicht. An der Südostseite der Bergkette, wo ich arbeite, lässt der Regen immer noch etwas länger auf sich warten, denn die ersten Wärmegewitter und Wolken, die das ersehnte Nass bringen, regnen sich zunächst am Bergfuß im Nordwesten ab. Dieses Jahr ungewöhnlich früh, schon Anfang März, hat es dennoch gleich mehrmals geregnet. Das lässt jetzt Bohnen, Kartoffeln und Mais keimen und hoffen, dass das zarte Grün bis zum eigentlichen Regenbeginn Anfang April durchhält. Der bis auf die Wurzeln abgefressene braune Rasen auf den Viehweiden erinnert jetzt sich seiner ursprünglich grünen Farbe. Doch nur, um von abgemagertem Vieh sogleich wieder gefressen zu werden.

Magerkuh auf Magerrasen

Magerkuh auf Magerrasen

Das Ende der Trockenzeit ist auch für die Menschen die härteste Zeit. Die Vorräte sind zu Ende und die Felder sind bestellt, doch sie geben noch nichts her. Der Kleinhandel, das heißt das Portionieren von käuflichen Nahrungsmitteln wie Nudeln, Zucker, Reis in winzigst kleine und entsprechend billige Einheiten ist jetzt wichtige Einkommensquelle und auch ein Verteilungsmechanismus. Zuweilen bitten mich Nachbarn um diese Jahreszeit ernsthaft um etwas Essbares, während ich sonst eher als Smalltalk-Einstieg gefragt werde, was ich denn mitgebracht hätte.

Schon im Januar haben mich die Nachbarn auch gefragt, ob sie aus der Zisterne an meinem Haus Wasser holen können. Das hätte ihnen den einstündigen Weg zur Quelle erspart. Mein Nein ist mir da wirklich schwer gefallen. Doch meine Erfahrung ist, dass die vorausberechnende Nutzung von Ressourcen nicht funktioniert. So habe ich die Wasserentnahme im Januar verneint, jedoch mit der Ansage, dass sich ab März jeder der fünf direkten Nachbarn drei Eimer pro Woche holen kann. Dennoch kamen vorher Einzelne immer wieder an und fragten. Die Absagen, die ich mir durch die Regelung erhoffte zu ersparen, musste ich der Konsequenz halber und der Gleichbehandlung wegen also dennoch machen. Es blieb mir auch nicht erspart, irgendwann den Wasserhahnkopf abzuschrauben, denn die Nässe um den Hahn herum zeigte, dass mein Nein nicht von allen respektiert wurde. Dazu sei gesagt, dass ich tagsüber im Büro oder im Feld arbeite und so nicht sehe, wer sich Wasser an meinem Häuschen holt.

Die 15 bis 20 Prozent der Haushalte, die eine Zisterne haben, zu erhöhen, ist eine wirksame Maßnahme, die Lebensbedingungen der Leute zu verbessern. Daher beschäftigen sich drei Kollegen im Projekt ausschließlich mit Zisternen- und Latrinenbau.

Vor meiner Zisterne: 2 Nachbarinnen – eine im 9. Monat schwanger

Vor meiner Zisterne: 2 Nachbarinnen – eine im 9. Monat schwanger

Der kommende Regen, der für die Pflanzen ein Segen ist, ist für den Boden die nächste Runde Erosion. Was nicht schon der kräftige Wind die vergangenen Wochen fortgetragen hat, schaffen in den kommenden Wochen zu einem ordentlichen Anteil die Regengüsse. Bei uns wachsen die Steine, so nehmen die Leute die Erosion wahr. Dass die Erde „fortgeht, ins Meer“, das haben die Bauern schon im Kopf. Aber Techniken, wie man den Boden wirklich schützt, fehlen in der üblichen Kulturpraxis noch. Dass Bäume die Erde schützen, ist den Leuten klar. Aber Mais, Bohnen und Kartoffeln wachsen nun einmal nicht so gut im Schatten von Bäumen, das sehen sie auch. Bäume und Büsche haben deshalb zugunsten von Nahrungspflanzen immer das Nachsehen. „Kompost“ existiert als Wort, aber noch nicht in der Praxis, und Mulchen, das heißt den Boden mit Pflanzenresten abdecken, ist unbekannt

Da trockenes Unkraut und abgeholztes Gebüsch immer noch verbrannt statt kompostiert wird, habe ich in der Konzeption »meines« Programmteils Aufforstung, die Trennung von Aufforstung und Kulturen vorgesehen und als einen Teil eines umfangreiches Fortbildungspakets, das Thema »die Erde fetter machen« eingebaut. Die verwendbaren Begriffe und Fragen teste ich manchmal schon vorher in Gesprächen. Neulich, mit einer Frau, vor meiner Zisterne, ging das, während ihr Eimer voll lief, so:

Weißt du eigentlich, was Pflanzen denn essen? „Ja, die Asseln essen die Pflanzen.“ Nein, das war nicht das, was ich gefragt habe. Ich wollte wissen, was Pflanzen denn essen, nicht wer sie frisst. Was trinken die Pflanzen denn? „Den Regen“. Und was essen sie? „Vielleicht Mist?“ Ja, das stimmt, aber nicht nur den Mist von Kühen oder Schafen. Denn im Wald, die Bäume, die bekommen ja keinen Kuhmist und wachsen dennoch. „Ja, das stimmt“, meint die Bäuerin. Ich dann: Also der Mist, den die Pflanzen essen, kommt von den winzig kleinen Tieren im Boden. Und die, die fressen tote Pflanzen. Wenn du die verbrennst, beim Saubermachen des Ackers vor der Aussaat, dann verbrennst du das Essen für die kleinen Tiere. Und deine Pflanzen haben nichts zu essen. Hier ist das Gespräch zu Ende, denn der Wassereimer ist voll. Meinem Gefühl nach könnte die Botschaft durchgekommen sein. Sicher ist, dass ein einziges solches Gespräch noch nichts bewirkt, und auch wenn das Bewusstsein da wäre, sich noch lange nichts im Handeln der Frau ändert. Viele Wiederholungen, und erst wenn es eine Mehrheit der Leute aufgreift, können möglicherweise eine Änderung in Gang bringen. Ich bin schon gespannt auf die Fortbildung.

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