Die verdrängten Schattenseiten der Mobilfunk-Technik

In Deutschland will man in Zukunft weniger Huawei wagen. Die Regierung will jetzt offenbar die Beteiligung des chinesischen Tech-Riesen Huawei am deutschen 5G-Netz untersuchen. Obgleich die Spionagevorwürfe gegen die eingebaute Huawei-Technik bisher nicht zu beweisen sind, soll ein Ausstieg aus der chinesischen Mobilfunk-Technik ernsthaft geprüft werden. Wie zu hören und zu lesen ist, geht es dabei auch um eine Verringerung wirtschaftlicher Abhängigkeit, die mit Staaten wie Russland und China vor allem aufgrund des Ukraine-Kriegs vollzogen werden soll.

Ein Verbot ist im Gespräch, aber dies sei aus verschiedenen Gründen insbesondere auch wegen der bisher eingebauten Technik nicht so einfach umsetzbar. Komponenten auszutauschen, wäre technisch eine große Herausforderung offenbar auch deshalb, „weil 5G auf den Bestandsnetzen aufbaut und die Bauteile verschiedener Hersteller untereinander nicht kompatibel sind“, so wird die Lage u. a. in einem Artikel der FAZ vom 22. März 2023 dargestellt.

Nun stellt sich die Frage: Ist das geplante Verbot der 5G-Technik von Huawei eine positive oder negative Meldung? Uli Weiner, ein Fachmann in Sachen Mobilfunktechnik, der schon des Öfteren in unserem Pfaffenwinkel mit Vorträgen zu Gast war, schreibt in seinem letzten Rundbrief, dass dies sogar „die positivste Meldung“ gewesen sei. Dieses Verbot werde nämlich nach seiner Auffassung „die Gesamtkosten für den 5G-Ausbau erheblich steigern“ und die ein oder andere Sendeanlage könne damit von den Firmen eventuell sogar als „unwirtschaftlich“ betrachtet werden. „Eine erhebliche Verlangsamung des Netzausbaus wird die Folge sein“, so seine Vorhersage. Auch sei es sehr fraglich, ja kaum vorstellbar, dass diese preiswerten Komponenten so schnell durch europäische Produkte ersetzt werden können. Diskutiert werde sogar darüber, bereits bestehende Anlagen wieder zurückzubauen und durch europäische Produkte zu ersetzen.

Uli Weiner behandelt in vielen Beiträgen die Problematik des Mobilfunks und der sich immer weiter ausbreitenden Digitalisierung. Er verweist in seinen Artikeln detailliert auf die Gefahren der zugelassenen Funktechniken, die nach seiner Ansicht nicht ausreichend geprüft sind. Er schreibt dazu im Kapitel »Hintergrund meiner Tätigkeit«: „Grundsätzlich muss gesagt werden, dass für keine der bisher verwendeten digitalen Funktechniken im Vorfeld eine Gesundheitsüberprüfung stattgefunden hat.“ Und an anderer Stelle ergänzt er noch: „Die oft aufgeführten »gesetzlichen Grenzwerte«, welche zu 100% aus Industrieempfehlungen bestehen, schützen nur vor einer Überhitzung des Gewebes. Gesundheitliche Auswirkungen auf Mensch, Tier oder Pflanze wurden darin erst gar nicht untersucht.“ Die Auswirkungen stellt Uli Weiner auch konkret dar. Darunter befinden sich vor allem auch steigende Krebsraten, Burnout-Fälle, Depressionen sowie psychische Erkrankungen.[1]

Baumschäden durch Strahlenbelastung

Wie sich die Funktechnik auf die Natur und Pflanzenwelt auswirkt, kann inzwischen auch sehr anschaulich nachvollzogen werden. Cornelia Waldmann-Selsam gehört zu den wenigen Experten und Wissenschaftlern, die seit vielen Jahren Auswirkungen der Strahlenbelastung auf Bäume beobachten. Anlässlich ärztlicher Hausbesuche bei erkrankten Anwohnern, die in der Nähe von Mobilfunksendeanlagen wohnten, sei ihr ab dem Jahr 2005 aufgefallen, dass häufig gleichzeitig mit den Krankheitssymptomen der Menschen auch Veränderungen und Schäden an Bäumen aufgetreten waren. Laub- und Nadelbäume sowie Sträucher waren betroffen durch einseitig beginnende Kronenschäden jeweils auf der Baumseite, die einem Mobilfunksender zugewandt war. Insbesondere sei ihr und anderen dazu der Kontrast zwischen geschädigten Bäumen vor dem Haus – mit Sichtverbindung zu einem Sender – und gesunden Bäumen hinter dem Haus – ohne Sichtverbindung aufgefallen.
Vor Kurzem hat nun Cornelia Waldmann-Selsam die Dokumentation »Baumschäden durch Mobilfunkstrahlung« veröffentlicht und viele Beispiele geschädigter Bäume aus dem Zeitraum 2005 bis 2021 zusammenstellt. Diese Dokumentation stellt zudem in einem Rückblick sehr ausführlich die über Jahrzehnte und bis heute noch unveränderte Haltung der politisch Verantwortlichen, insbesondere des Bundesamts für Strahlenschutz dar. Trotz einer Vielzahl von beschriebenen Beobachtungen z. B. einer Ärzteinitiative in dem Artikel »Baumschäden im Umkreis von Mobilfunksendeanlagen« (in umwelt・medizin・gesellschaft) oder in dem von Diplom-Volkswirt Helmut Breunig bereits im Jahr 2017 veröffentlichten Beobachtungsfaden »Baumschäden durch Mobilfunkstrahlung« bleibt die Haltung der amtlichen Strahlenschützer unverändert. Wie sie lautet, zeigt diese Stellungnahme des »Bundesamts für Strahlenschutz« vom 19.03.2021. In der Einleitung heißt es: „Nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand gibt es keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise auf eine Gefährdung von Tieren und Pflanzen durch hochfrequente elektromagnetische sowie niederfrequente und statische elektrische und magnetische Felder unterhalb der Grenzwerte.“ [2]

Mehr Funkstrahlung, weniger Schutz der Umwelt?

Offensichtlich gibt es eine nicht überwindbare Diskrepanz, die da lautet: »Immer mehr Funkstrahlung und immer weniger Schutz für Mensch und Natur.« Aber es gibt doch Grenzwerte, heißt es unisono von Seiten der Politik und der Industrie. Um über diese Grenzwerte noch etwas mehr zu erfahren, ist ein Interview, das der Journalist Klaus Scheidsteger mit Klaus Buchner geführt hat, höchst aufschlussreich.
Der Physiker Prof. Dr. Dr. Klaus Buchner war u. a. auch Bundesvorsitzender der ÖDP und bis Mitte Juli 2020 Mitglied des europäischen Parlaments. Hier Auszüge aus seiner Stellungnahme zu folgendem Zitat: „Ein privater Lobby-Verein der Mobilfunk-Industrie sitzt mit dem Bundesamt für Strahlenschutz unter einem Dach und regelt weltweit die Grenzwerte, die die Verbraucher schützen sollen.“
Buchner: „Das ist meiner Meinung nach auch eine der Wurzeln des Übels. Das ist ein Verein, der sich »ICNIRP« nennt – das heißt: »Internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung« – das ist ein privater Verein, das heißt ein Lobby-Verein. Er ist mietfrei im Bundesamt für Strahlenschutz untergebracht. Das allein schon ist ein Skandal, diese örtliche Nähe. Dann die personelle Nähe. Das Sekretariat vom Bundesamt arbeitet auch für ICNIRP. Dann bekommen sie von unseren Steuergeldern als privater Lobby-Verein jedes Jahr 100 000 Euro. Und mit diesem Geld kann man natürlich was machen. Sie sitzen im wissenschaftlichen Rat der Gremien der Weltgesundheitsorganisation und im Gremium der Beratung der EU-Kommission, sie sitzen in vielen anderen Kommissionen, auch im deutschen Bundesamt für Strahlenschutz natürlich – und in anderen Gremien.“

Von wahnsinnig hohen und ganz niedrigen Grenzwerten

Nachdem zurzeit bei den Kriegs- und Friedensdiskussionen die gewählten Volksvertreter in unserer Bundesrepublik nicht müde werden, unser demokratisches Wertesystem in den höchsten Tönen zu loben, habe ich den Eindruck, dass wir uns noch etwas genauer mit den Grenzwerten – vor allem mit den »wahnsinnig hohen Grenzwerten« in Deutschland befassen sollten, die Prof. Dr. Dr. Buchner kurz vor der Corona-Zeit in einem Vortrag in Owingen (am Bodensee) über »5G und seine biologischen Wirkungen« erläutert hat. Die Zahlen, die er an die Wand projizierte, lauten:
Deutschland: 4500000 Mikrowatt/m2 (D Netz); 9000000 Mikrowatt/m2 (E Netz); in Polen und Italien sind es nur 95000 Mikrowatt/m2 und in Neusüdwales (Australien) sogar nur 10 Mikrowatt/ m2. Und auch in Australien könne man angeblich gut telefonieren, so Buchner.
Er erklärt die hohen Grenzwerte in Deutschland so. Seine Frage: „Warum haben wir in Deutschland so wahnsinnig hohe Grenzwerte?“ Seine Antwort: „Der formale Grund ist, dass diese Lobby-Vereinigung der Mobilfunkindustrie ICNIRP sehr gut mit unseren Regierungen vernetzt ist.“ Aber der praktische Grund sei, „dass sie sich überhaupt um nichts mehr kümmern müssen“. Die Grenzwerte seien „so verrückt hoch, dass sie einen Masten irgendwo aufs Dach stellen können. Und dann ist in einem gewissen Umkreis um den Masten der Grenzwert natürlich überschritten, aber das sind wenige Meter. Und dann heißt es halt, das ist der Schutzkreis, in diesem Bereich darf sich niemand länger aufhalten. Warum macht man sowas? Man muss nicht rechnen, man kann überall seinen Masten hinstellen! Stellen Sie sich vor, hier im Ort hätten Sie eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 300 Stundenkilometern, dann sparen Sie sich die Polizei! Das ist doch ganz bequem. Und genauso ist es beim Mobilfunk.“
– Auch wenn die Hiobsbotschaften von Prof. Dr. Dr. Buchner alles andere als erfreulich waren, dieser Vergleich von Grenzwert und hoher Geschwindigkeit wurde vom Publikum spontan zwar mit verhaltenem Applaus aber doch mit etwas Heiterkeit quittiert.

Sigi Müller, Schongau


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