Der Mensch

Das pensionierte Ehepaar Hellene und Sigurt Reichmann mit ihren Freunden Alexa und Ralf auf der Terrasse des Parkhotel am Soiener See

H: (nach einem Schluck Kaffee) Schöner kann die Welt doch nirgendwo sein, oder?

R: Schwer vorstellbar, Hellene. Beruflich bin ich ja viel unterwegs, aber eine schönere Landschaft und eine angenehmere Atmosphäre habe ich eigentlich noch nirgendwo erlebt.

A: Ja, Ralf. Fast jedes Mal, wenn du wieder nach Hause kommst, höre ich von dir zuerst, welche unguten Erlebnisse du hattest.

H: Und das sind dann wohl meistens Erlebnisse mit den Menschen, oder?

R: Ja. … Okay, ich bin auch schon wegen einem Taifun einige Tage in Indonesien hängengeblieben.

S: Und schlägt man die Zeitung auf, stößt man dort in erster Linie auf negative Ereignisse, die von Menschen ausgelöst wurden.

H: Aber auch immer wieder auf Positives, für das der Mensch verantwortlich ist, Sigurt.

S: Stimmt, Helly. Aber wir Menschen sind schon eine ganz spezielle Spezies.

A: Ohne Zweifel, Sigurt. Da waren Mozart und Beethoven, da waren Kopernikus und Einstein; und da waren auf der anderen Seite Hitler und Stalin, und heute sind da Putin und Assad. Also, Freunde, leicht ist das nicht zu verstehen.

H: Ja, Alex. Und man kann diese zweigliedrige Reihe schier ohne Ende fortsetzen. Und so fragt man sich sogar an einem so traumhaften Tag wie heute und an einem so wunderschönen Fleck Erde, wieso uns die Natur so angelegt hat.

R: Vielleicht, weil die Natur selbst so angelegt ist, Hellene.

A: Mann, Ralf, das ist jetzt aber ein wahrhaft kapitaler Gedanke, Respekt!

S: Die Natur? Viele, ja sogar hochkarätige Wissenschaftler, reden von einem Schöpfer, der uns über eine lange Strecke geschaffen hat.

R: Jetzt wird es schwierig, Leute. Für mich ist alleine der Mensch schon ein zu schwieriges Thema, und somit ist mir so etwas wie ein Schöpfer viel zu weit weg, wenn ich ehrlich bin.

H: Der Schöpferglaube birgt davon abgesehen die Gefahr in sich, dass der einzelne Mensch die Verantwortung für sein Handeln und Verhalten nur zu gerne an seinen Schöpfer weiterreicht.

S: Da ist was dran, Helly. Der kleine Mann gestaltet möglicherweise sein Leben nicht selten von dieser Plattform aus, aber ganz sicher eben Leute wie Putin und Assad, die wohl auch noch glauben, einen Sendungsauftrag erfüllen zu müssen.

A: Herrgott Leute, welche Gedanken überfallen uns ausgerechnet hier und heute, ich bin ganz hin und weg!

H: (schaut über den See zu den Gipfeln des Ammergebirges und dann hinauf zum schon herbstlich blauen Himmel) Vielleicht schickt sie uns der da oben. Am Ende gibt es ihn ja doch.

R: Du meinst den Christengott, oder? Also, Hellene, der Gottglaube ist mir besonders suspekt bzw. die diversen Religionen mitsamt ihren Göttern, die sich außerdem so gar nicht vertragen wollen.

H: Kein Widerspruch, Ralf. Aber leider sehe ich keine überzeugende Alternative am Horizont auftauchen.

R: Du, mein Beruf führt mich ja in alle Welt. Gott sei Dank bin ich dabei auch immer wieder auf Menschen gestoßen, die die Meinung vertreten, dass der gesamte Erdball von einer Denkrichtung durchzogen ist, die ein friedfertiges Zusammenleben der Menschen untereinander und mit der Natur anstrebt. Und so hoffe ich, dass sich dieses Denken irgendwann durchsetzen wird.

H: (nach einem Blick in die Runde) Ralf, dieser Hoffnung kann man sich nur anschließen.

Guggera

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