Der Hype um die Bienen – was wirklich hilft (3)

Markus Hahnel, Leiter des SlowFood Conviviums, München (Foto: Markus Hahnel)

Nachdenkliches zum 1. Weltbienentag von einem Stadt- und Hobbyimker (Teil 3)

5: Der Hype um das Imkern – Stadtimker und traditionelle Vereinsimkern als unbekannte Wesen

Kürzlich erzählte mir die Vorsitzende eines Imkervereins, sie führt jetzt schon Einzelgespräche, bevor sie neue Mitglieder aufnimmt. Manche geben an, sie wollten nur ein cooles Hobby, das andere nicht haben. Zeit hätte man im Sommer eh nicht so richtig, weil man oft und länger verreise, und wie steht es mit dem Bezug zu Natur und Pflanzen? Fehlanzeige! Oder es kommt der Kommentar, andere Haustiere, Hund, Katze, Reptilien, Vögel habe ich schon probiert, liegt mir nicht so, jetzt probiere ich es mal mit Bienen.

Andererseits imkern viele Vereinsimker seit gefühlten Jahrzehnten im gleichen Stiefel, Durchschnittsalter 60 plus, Fachliteratur bitte nicht auf Englisch, Sammelbestellung aus dem Bayer-Katalog vom freundlichen Berater ganz unabhängig präsentiert, Styroporbeuten schön preiswert, Wachskreisläufe bis zum Sondermüll, Königinnenzucht mit künstlicher Besamung und Flügelstutzen. Und in den Imkerzeitschriften gibt es, was im ADAC-Magazin ganz hinten die vielen Anzeigen zu Treppenliften sind, zahlreiche Angebote für günstigen Importhonig von Südamerika bis Ungarn, fertig zum Abfüllen in DIB-Gläser, die muss man schon extra bestellen, Bienen-Kosmetik-Produkte zum Weiterverkauf als Eigenmarke, Propolis und Gelee Royal aus China. Hey, Nestbeschmutzer?! Nun, wenn wir Imker es nicht kauften, so würden diese Anzeigen wohl kaum geschaltet werden.

Habe ich O-Töne vom Vereinsvorsitzenden an Infoständen auf Landesgartenschauen gehört, wo mir anders wurde: Nein, unsere Bienen sind automatisch bio, eine Biene weiß, welche Pflanze gespritzt ist und fliegt da nicht hin. Nein, unsere Nachbarn spritzen nichts Bienengefährliches, das dürfen die gar nicht und nie in die Blüte. Bin selber Landwirt, alle Wiesen werden nur 2-mal im Jahr gemäht, da finden die Bienen immer genügend Nahrung.

6: Wir über uns – zeig mir deinen Balkon, deine Gärten, Vorgärten und Parks

Nein, ich doch nicht! Hab‘ uns doch extra ein Insektenhotel im Baumarkt gekauft. Aber das Unterholz muss halt weichen. Die Büsche schön ausdünnen, nehmen ja so viel Licht weg. Aber dafür lasse ich ein extra Igelhäufchen stehen. Etwas Zen soll der Garten sein, klare Linien, weniger ist mehr. Und der Vorgarten bitte pflegeleicht, wer mag schon Laub rechen.

Der neue Mähroboter nutzt KI, ist so cool und fährt mit eigenem Solarstrom, total nachhaltig. Und schlammige Schuhe auf dem Weg von der Garage zur Haustür – bitte nicht! Ach so, der Hausmeister soll endlich mal wieder das Unkraut zwischen den Ritzen wegbrennen, schädigt ja die Bausubstanz, totale Wertminderung! Und mein Hund braucht keine Leine, der will nur spielen, tut doch nix. Und die Stadt soll im Park endlich öfter mähen, meine Allergie! Das Gras auf dem Mittelstreifen ist eh viel zu hoch, ist ja vorsätzlich verkehrsgefährdend, diese Sichtbehinderung beim Abbiegen usw.

So trägt jeder seinen eigenen kleinen Teil zur Verringerung von Artenvielfalt bei. Das gut gemeinte Insektenhotel ist zu 99,9 % eine völlige Fehlkonstruktion und killt sogar Insekten, weil das Holz falsch geschnitten ist. Und die Blühmischung im Eck hilft nur wenig, wenn jedes andere Fleckerl blanke Erde mit weißen Riesenzierkieseln, schicken Hochbeeten, Ziergräsern und sonstiger Zier verunziert wird. Unordnung, Chaos – das kennt das Universum als stabilsten Zustand. Mut zum ungepflegten Grün! Wenn sich die Nachbarn beschweren, dann macht man es richtig.

7: Imkerfan

Eine Ehrenrettung der Imker braucht es nicht, die überwiegende Mehrheit der Imkerinnen und Imker, die ich kenne, imkert verantwortungsbewusst und ist sehr engagiert. Es gab und gibt jedoch viele Irrwege. Obwohl die Honigbiene als wirbelloses Wesen als Sache gilt und nicht einmal unter das Tierschutzgesetz fällt, gibt es im bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sogar ein paar Paragrafen über sie. Tierethik-Kreise z. B. bei den Bioverbänden, machen sich viele Gedanken zu Umgang und Wesen.

Und endlich gibt es wichtige gesamtgesellschaftliche Diskurse über die Art, wie wir uns ernähren, Landwirtschaft betreiben, mit Tieren umgehen. Die Standpunkte sind oft sehr konträr, manchmal unversöhnlich. Und alle Interessengruppen wird man nie unter einen Hut bekommen: Erwerbsimker, Hobbyimker, Wanderimker, Bienenhalter, Bioimker. Ein Beispiel: ein Erwerbsimker in den USA hat im Schnitt 2 400 Völker, Hobbyimker in Deutschland so sieben bis acht.

8: Nicht abgeschreckt? So gelingt der Einstieg ins Imkern als Hobby

Wer tatsächlich imkern möchte, dem seien folgende Punkte ans Herz gelegt:

  • Jedes Hobby braucht Zeit und kostet Geld. Hobbyimker müssen so 1 000,- bis 3 000,- Euro investieren, bis sie alles zusammen haben. Alternativ kann man im Verein viele Dinge gemeinsam nutzen. So heißt es Schwerpunkte setzen. Das Bienenjahr ist arbeitsreich von März bis Juli. Wer in dieser Zeit länger als 8 bis 10 Tage verreisen möchte, sollte nicht alleine imkern oder es besser ganz lassen.
  • Kurse besuchen, Imkerverein anschauen, Bücher lesen: am besten sind Imkerkurse mit wenigen Teilnehmern, parallelem Praxisteil und begleitend über ein ganzes Bienenjahr, vergiss den Wochenend-Crash-Kurs, Imkervereine anschauen, passe ich da rein, wo werde ich Mitglied?
  • Lesen hilft: ja, es gibt Dutzende Tutorials auf YouTube und ja, Kinder kriegt man auch so, aber bitte bitte kauft euch etwas Literatur, lest Blogs und Vereinsnachrichten und besucht Vorträge.
  • Bevor ihr euch eigene Bienen zulegt, besucht Lehrbienenstände und legt euch einen Imkerpaten zu; nett sein hilft, Anspruchshaltung ist fehl am Platze.
  • Achtsamkeit, Demut und Naturbeobachtung – Imkerei ist kein Hobby für Alphatiere; beobachten und zuschauen sind wichtige Kernkompetenzen. Was wächst und blüht, wo und wann, wie verändert sich die Natur im Jahresverlauf? Was ist früh dran, spät dran, was hat wann Saison? Alles typische Imkerfragen.
  • Wo bekomme ich einen Standplatz, wo verstaue ich mein Material und Zubehör, wie ist die Imkerdichte in meinem Umfeld, wie ist das Trachtangebot über die gesamte Vegetationsperiode: Frühjahr, Sommer und Herbst?
  • Keinen Schrott kaufen (Styroporbeuten sind tabu, Mittelwände nur aus rückstandskontrolliertem Wachs).
  • Wer eigene Bienen hat, übernimmt Verantwortung. Die kann man nicht delegieren oder verschieben. Nicht kümmern hat nichts mit naturnah arbeiten zu tun, sondern ist verantwortungslos.

Markus Hahnel, Leiter des SlowFood Conviviums, München

 

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