D wie … Dankbarkeit

Irmgard Deml, Weilheim

O Gott! In welcher Welt leben wir? Wenn eine junge Frau, die kaum ein Wort deutsch spricht und sich gerade so verständlich machen kann, in einem Geschäft um ein Stück Plastikfolie (geschenkt) bittet, um sich vor Dauerregen schützen zu können? Und von einem Angestellten abgewiesen wird. Ob sie noch mit dem Chef sprach und so das, was meist Müll ist, bekam, weiß ich nicht.

Die Crux bei Derartigem ist leider: Ist jemand tatsächlich so bedürftig? Kommt er wieder und möchte dann »statt des kleinen Fingers den ganzen Arm«? Auch wenn nicht jeder Mensch, der sich als hilfsbedürftig zeigt, tatsächlich zu jenen gehört, die im wahrsten Sinne des Wortes nichts haben, berührt es mich sehr, wenn ich so etwas mitbekomme. Nicht nur dann, sondern täglich taucht bei mir Dankbarkeit für mein bis 2019 jahrzehntelanges Leben in Frieden und Freiheit und auch jetzt auf. (Dass wir von Deutschland und anderswo Krieg durch Waffenlieferungen exportieren, ist ein spezielles Kapitel für sich.)

Vor Jahren war ich mit Freunden auf dem Oktoberfest. Auf dem Weg dorthin kamen wir in München an etlichen bettelnden Menschen vorbei, unter ihnen ein Mann, dem beide Beine bis zur Mitte der Oberschenkel amputiert worden waren. Unfall, Krankheit, Krieg? Alles ist möglich. Mir tut es im Herzen weh, wenn ich so etwas sehe.

Dabei gibt es andere, die vor lauter Reichtum nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Dürfen jene, die Materielles ohne Rücksicht auf Verluste anhäufen, als Verbrecher bezeichnet werden, wenn sie wissend und mit offenen Augen zusehen, wie ein Teil der Menschheit im wahrsten Sinne des Wortes verreckt? Ob das dann an Überschwemmungen, Dürren oder Wirbelstürmen liegt, an Kriegen, Genoziden oder wiederkehrenden Seuchen, möglicherweise sogar an mehr oder weniger geprüften »Medikamenten« … die Ursachen sind vielfältig.

Ganz lange frage ich mich schon, weshalb ich immer wieder Bittbriefe von Hilfsorganisationen bekomme, auf denen quasi zu 99% Kinder und/oder Frauen abgebildet sind. Von Männern, die diese Kinder zeugen, fast keine Spur. Weshalb wird heutzutage noch immer in Kauf genommen, dass – wie es in einem dieser Schreiben heißt – vier Geschwister eines kleinen Kindes in Osteuropa verhungert sind, statt seit Jahrzehnten in möglichst vielen Ländern der Welt über Verhütung aufzuklären und zum Beispiel Kondome zur Verfügung zu stellen? Oder wollen das die Menschen dort nicht? In jeden Winkel der Erde schlüpfen Neugierige, doch bei diesem Thema fühlt sich offenbar niemand in der Verantwortung. (Die »Pille« schadet nicht wenigen Frauen und vor allem der Natur, weil dadurch Hormone mit dem Urin in Ab- und Gewässer gelangen.)

In gewisser Weise ist jeder von uns für das verantwortlich, was auf Mutter Erde geschieht, denn es gibt nur eine Menschheit. Natürlich kann sich nicht jeder Einzelne um alles kümmern, doch wir können jeder für sich sehr Vieles beeinflussen. Denken Sie nur mal an Ihren Einkauf. Vor Kurzem sah ich in einem Laden eine Frau aus China, die eine ganze Steige Avocados im Wagen hatte. Ein Containerschiff, vierzehn Tage von Mexiko nach Tokio unterwegs, braucht am Tag 18 Tonnen Diesel. Wie war das noch mit Umweltschutz und Klimawandel?

Und »wir Deutsche« lassen uns von einigen wenigen hierzulande fast schon knechten, was das Heizen und die Stromerzeugung, vor allem auch aufgezwungene, digitale und dadurch gesundheitsschädliche Stromzähler, angeht? Leider ist es jedoch so, dass (vermutlich?) die meisten von uns so in ihrem Hamsterrad rödeln und/oder auf ihrer Wolke abgehoben schweben, dass schlicht das Bewusstsein fehlt, was wir leicht und schnell ändern können. Möglicherweise ertragen es auch viele nicht, sich damit zu befassen, weil sie – vor allem »nach Corona« – einfach wieder »leben wollen«. Dabei ist auch das mit Corona nicht vorbei und nichts mehr wird sein wie davor, ob es uns gefällt oder nicht.

»Corona« war nur ein Testlauf, wie weit Politik gehen kann, ohne dass sich die Bevölkerung eines Staates gegen Bevormundung und Einmischung in ihr Privatleben wehrt. Das probate Mittel »Angst« wird seither leider auf vielerlei Gebieten geschürt. Und ich verstehe nur zu gut, dass das auch bei vielen von uns wirkt. Die allerwenigsten sind unabhängig, denn Arbeitsplatz, Einkommen, Wohnung … sind nicht selbstverständlich. Dabei ist doch jeder Mensch abhängig, denn wer kann sich schon ganz alleine ein Haus bauen, besitzt eine eigene Quelle, kann sich mit eigenen Lebensmittel versorgen, näht Kleidung und schustert Schuhe selbst et cetera. Und vor allem: Im Krankheitsfall braucht jeder Unterstützung.

So bedanke ich mich immer wieder, denn mir ist sehr bewusst, was Erwin Ringel einmal sagte: „Es geht nicht nebeneinander und schon gar nicht gegeneinander, es geht nur miteinander.“

Irmgard Deml, Weilheim

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