Honduras heute
Kürzlich fiel mir auf, dass ein Ausschnitt eines Blicks aus meinem Fenster wunderbar das derzeitige Honduras widerspiegelt: Aus einem Armenviertel wächst ein Mobilfunkturm, daneben hat sich Coca Cola mit Riesenlettern à la Hollywood verewigt – und darüber prangt eine überdimensionale Jesusfigur.
Wie heute fast in jedem Drittweltland, haben hier fast die meisten Armen ein Handy, entsprechend florieren auch die Geschäfte der Mobilfunkbetreiber – bestens zu sehen an den üppigen, permanenten Werbekampagnen in Funk und Fernsehen, Zeitungen und Plakataushängseln überall. Die staatliche Telefongesellschaft Hondutel ist faktisch pleite und vegetiert nur noch vor sich hin. Und die Armen, meist vom Land zugezogen, vegetieren vor sich hin.
Das Land im Griff haben die Großkonzerne, von Coca Cola bis Esso oder Bayer, alle schön verbandelt mit den reichen Familien hier – und die haben meist auch noch ihre Hände in noch schmutzigeren Geschäften.
Über allem prangt dann unser Heilsbringer, besser vielleicht Stillsteller (so sieht er zumindest aus …) – harret aus bis ins nächste Leben, dann …
Tja, manchmal ist es wirklich nicht so leicht hier.
Honduranischer Exorzismus
Bemerkenswerter Aufmacher neulich in meiner Tageslektüre: Rigoberto (35) hat eine unerklärliche Krankheit und ist bis aufs Skelett abgemagert: Was oder wer ist daran schuld? Unerklärlich, unbegreiflich.
Heute dann, wieder auf Seite 1: Ein Exorzismus muss her, »Rigo« kann nur von bösen Geistern befallen sein. Ein Sektenpastor hat sich auch schon gefunden und seine Bereitschaft erklärt.
Wirklich traurig, dachte ich mir auch – bis ich im Text dann fand, dass der Mann in den Jahren vor seiner Krankheit über Jahre als Maler und Lackierer gearbeitet hatte: und ich habe hier im Land noch nie einen aus dieser Berufssparte mit Mundschutz gesehen!
Mal schauen, ob sich die Farben- oder Lösungsteufelchen unserer Chemieriesen so leicht austreiben lassen …
NACHTRAG:
Mitte April wurde dann der evangelische Pfarrer (Iglesia Evangelica Dios Vivo Baluarte de la Verdad) Florentino Melgar bei Rigo vorstellig und stellte fest, dass seine Krankheit aus Ungehorsam gegenüber Gott verursacht werde und er deshalb sterben müsse. Er verwies dabei auf die Bibelstelle Job, Kapitel 33, Vers 14- 25. Helfen könne er ihm aber nicht mehr, da Rigo zudem auch noch zu widerspenstig sei.
Rigo beschäftigt sich derweil lieber mit weltlichen Dingen, er wünscht sich nichts mehr, als dass der Fußballclub Motagua Meister wird (Ist übrigens auch mein Wunsch, denn die Fans des Clubs tragen regelmäßig Che Guevara auf Transparenten spazieren).
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