Buch-Neuerscheinung: »Mythos Mobilfunk«

2012_12_Mythos_Mobilfunk_ThiedeDas Buch „Mythos Mobilfunk. Kritik der strahlenden Vernunft“, Anfang Oktober 2012 erschienen im größten Öko-Verlag Deutschlands, geschrieben von dem evangelischen Theologen und Hochschulprofessor Dr. Werner Thiede, Autor zahlreicher Bücher, ist eine interessante geisteswissenschaftliche Auseinandersetzung der besonderen Art mit dem Thema Mobilfunk. Wer sich diesem Buch widmet, findet anspruchsvolle, geistige Nahrung in Kombination mit umfangreichem Fachwissen zu einem noch viel zu wenig beachteten umwelt- und gesundheitspolitischen Thema.

Der Autor beleuchtet zu Beginn den „Mythos Mobilfunk“. Wie ist es möglich, dass eine technische Innovation zu einem Mythos werden konnte? Was steckt hinter einem Mythos? Etwas Geheimnisvolles, eine Art „Magie“? Ein Handy funktioniert, verbindet, vernetzt, ohne dass wir sehen, wie. Vielleicht dient das Handy als Ersatz für etwas, das unsere Gesellschaft nicht mehr oder noch nie geboten hat? Mit allem (trügerisch) in Verbindung und vernetzt sein, sich in digitalen Scheinwelten zu bewegen, die davon ablenken, dass es auch eine dunkle Seite des Seins gibt? Ist der Nährboden für die „Handy-Manie“ vielleicht die in uns tief verankerte Angst vor der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit? Die Angst vor dem Tod?

Auch setzt sich der Autor mit der Rolle der Politik, der Behörden, mit der Rolle der Gerichte, der Medien und der Ärzteschaft auseinander. Sie alle gemeinsam nähren und erhalten i.d.R. auf ihre Art und Weise den „Mythos Mobilfunk“ aufrecht, anstatt zur Vorsicht zu mahnen sowie Mensch, Umwelt und Demokratie zu schützen und sich für den Erhalt der Menschenwürde und der Menschenrechte zu engagieren. Dies ist nur möglich in einer narzisstischen, rücksichtslosen Gesellschaft, in der das Klima spürbar kälter wird und deren Werte woanders liegen. Beim Geld.

Mit fast 1.000 angegebenen Quellen bietet der Autor eine Fülle an Literatur und an sachdienlichen Informationen, um sich ein Bild zu machen von einer elektromagnetisch verseuchten und verstrahlten Zukunft, die uns erwartet, wenn wir dieser Entwicklung nicht Einhalt gebieten. Unser ganzes Leben soll per Funk gesteuert werden, in Zukunft auch die Fahrzeuge. Letztendlich sollen wir das Steuer unseres eigenen Lebens aus der Hand geben. Aber wer lenkt dann?

Theologie und Kirche werden aufgefordert, den „Mythos Mobilfunk“ zu entzaubern und das große Thema „Die Bewahrung der Schöpfung“ auch auf das Thema Mobilfunk auszuweiten. Stattdessen werden Kirchtürme weiterhin für Mobilfunksender freigegeben, wie kürzlich durch das Bistum Trier, und Werbung für Bibel-Apps für Kinder ab 3 begrüßt. Wo sind beim Thema Mobilfunk die Nächstenliebe, die Barmherzigkeit und Solidarität, die Grundmerkmale christlicher Ethik, bei den Kirchen wahrzunehmen? Sollte nicht die Kirche diejenige Instanz sein, die sich inmitten einer ökonomisch globalisierten Weltgesellschaft gegen den Sog von Wirtschaft und Technik stellt? Sollte sie nicht die Instanz sein, die sich für die Wahrheit einsetzt sowie menschenfreundliche und gesundheitsverträgliche Technologien fordert? Sollte sie nicht darauf hinweisen, dass wir letztendlich alle zur Verantwortung gezogen werden, anstatt die Perspektive des „Endgerichtes“ aus der säkularen Kultur zu verdrängen. Denn je mehr dies geschieht, umso mehr schwindet die Grundannahme, dass hinter unserem Dasein ein höherer Sinn steht und gleichzeitig verschwinden die Grundbedingungen für Humanität. „In Sachen Mobilfunk drängt die Zeit. Die Lage ist ernst, aber nicht völlig hoffnungslos“, so der Autor dieses wertvollen Buches. (Internetseite zum Buch: www.mobilfunk-kultur.de)

Vielleicht sollten wir in der „besinnlichen Zeit“ ein wenig über den Sinn und Unsinn des technologischen „Fortschritts“ nachsinnen und vielleicht auch darüber, ob er zwangsläufig gepaart sein muss mit Verlust von Gesundheit und einer zerstörten Umwelt. Darf man so einen Weg überhaupt „Fortschritt“ nennen oder schreiten wir vielmehr fort vom Leben? Ist die Form der Zerstörung der einzige Weg, den wir Menschen gehen können? Oder gibt es da vielleicht doch noch etwas Anderes?

Anke Kern, Kempten

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