Biologische Vielfalt im eigenen Garten

Barbara Kopf

Das Netzwerk »Gartenwinkel Pfaffenwinkel« zeigt neue Wege

Eine Lebensgrundlage für menschliches Wohlergehen ist die Natur mit ihrer Vielfalt an Arten und Ökosystemen.

Wenn es summt und brummt, duftet und bunt blüht, wenn wir mit Genuss in einen frischen Apfel aus dem Garten beißen oder das selbst geerntete Gemüse auf dem Tisch steht, ist der Mensch glücklich.

Andererseits ist die genetische Vielfalt eine Voraussetzung für die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen – damit auch nachfolgende Generationen die Natur genießen können.

Gärten, Parks und öffentliches Grün sind ideale Orte, um einen praktischen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten und Platz für Mensch und Natur zu bieten.

Natur im Garten neu beleben

Der aufgeräumte, funktionelle Garten war gestern. Heute lassen wir »wilde« Ecken zu, mähen im hinteren Bereich des Gartens den Rasen nur dreimal im Jahr, lassen Laub unter Sträuchern liegen. Der Naturgarten für Genießer macht Spaß. Sportlicher Ausgleich bei weniger Arbeit, Freude am sichtbaren Ergebnis der Gartenarbeit, Rückkehr der Insekten, weniger Schädlinge, gute Ausbeute im Gemüsegarten und eine ungekannte Strahlkraft auf andere Gartenbesitzer und Kommunen sind Lohn der süßen Mühen.

Schwalbenschwanz auf Katzenminze

Ein Gartennetzwerk als Botschafter für mehr Vielfalt

Im Gartennetzwerk »Gartenwinkel-Pfaffenwinkel« bieten 21 Privatgärten, Parks, biologische Gärtnereien und Lehrgärten bereits im 4. Jahr ein Gartenerlebnis der besonderen Art. Hier findet der Naturliebhaber nicht nur Gesellschaft mit Gleichgesinnten und eine Auszeit vom Alltag, sondern auch Anregungen für die Umsetzung auf dem Weg zum naturnahen Gartenreich. Mit vier thematisch unterschiedlichen Aktionstagen im Jahr werden die Besucher für regionale Gartenkultur und ihre ökologische Verantwortung sensibilisiert. Um das aus den Fugen geratene biologische Gleichgewicht in seiner Komplexität wieder begreifbar zu machen und dadurch zu schützen, bieten die Netzwerkteilnehmer Führungen, Workshops, Mitmachangebote und kulturelle Veranstaltungen an. Für die Öffentlichkeitsarbeit ist ein Organisationsteam zuständig. Eine Website und der begleitende Flyer sorgen für Aktualität. Die Akquise von neuen Gärten und Bewerbung für Fördermittel sind zukunftsorientiert und garantieren Fortbestand und öffentliche Aufmerksamkeit des Gartennetzwerkes.

Tagpfauenauge auf Zinnie

Beim jährlichen Mitgliedertreffen im November entscheiden alle Teilnehmer über Fragen von grundsätzlicher Bedeutung und legen den »Fahrplan« für das neue Jahr fest.

Das Gartennetzwerk »Gartenwinkel-Pfaffenwinkel« steht stellvertretend als Beispiel dafür, wie es durch Vernetzung gelingen kann, die biologische Vielfalt zu erhalten und weiterzugeben.

Vielfalt erhalten und weitergeben

Früher hat die Gartenbäuerin eigene sortenreine Samen geerntet und sie von Generation zu Generation weitergegeben. Heute gibt es Erhaltervereine, die diese Tradition wieder beleben. Der Erhalt regionaler oder alter, vergessener Sorten steht im Vordergrund.

Von den samenfesten Pflanzen lassen sich gut selber Samen gewinnen – zum Aussäen im nächsten Jahr oder Weitergeben. Es gibt zahlreiche regionale Saatgut- und Pflanzentauschmärkte, um gebietsheimische Pflanzenraritäten zu erwerben.

Für Balkongärtner gibt es im Handel inzwischen geeignete Samenmischungen, damit es auch auf dem Balkon »summt und brummt«.

Reich gedeckter Tisch für Insekten

Naturnahe Flächen oder ein gut durchdachtes Staudenbeet ziehen Insekten an. Eine ausgesäte dauerhafte Blühwiese erfreut Mensch und Natur über lange Jahre. Ist sie erst einmal angelegt, wird man durch weniger Arbeit mit Blühreichtum und vielen Insekten belohnt.

Als zweite Möglichkeit bieten sich Stauden für eine naturnahe Bepflanzung an. Die Biolandgärtnerei Spatz und Frank – Teilnehmer im Gartenwinkel-Pfaffenwinkel – gibt gerne Empfehlungen für die unterschiedlichen Standorte.

Mehr »Unordnung« zulassen

Für mehr biologische Vielfalt in einem naturnahen Garten gehören verschiedene Ecken, die sich in kleinen Gärten verwirklichen lassen. Laub- und Reisig unter einem Strauch für Igel, Nisthilfen für Vögel und Mauerbienen, hohle Stängel im Winter als Unterschlupf für Insekten, vegetationsfreie, trockene Stellen in Beeten für zwei Drittel der Wildbienen, die Erdnester anlegen; Totholz, ein Steinhaufen oder Trockenmauer für Eidechsen und – wer es mag – eine wilde Ecke mit Futterpflanzen für Schmetterlinge. Die Brennnessel ernährt fünfzig verschiedene Schmetterlinge im Raupenstadium.

Eine Schale mit Wasser und Kies gefüllt versorgt Insekten mit Flüssigkeit.

Ein Plädoyer für sogenannte Giftpflanzen

Alljährlich wird jedes Jahr vom botanischen Sondergarten in Hamburg die Giftpflanze des Jahres ernannt. Das klingt gefährlich und hat den Hype um Giftpflanzen befördert. Der sehr beliebte Kirschlorbeer, Rittersporn und Tränendes Herz gehören auch dazu. Wer kann diese Pflanzen aus den Gärten wegdenken? Ziel ist die Vermittlung von Wissen und nicht die Verbannung der Pflanzen aus den Gärten. „Die Dosis macht das Gift“, sagte schon Paracelsus. Wer sich sicher fühlen möchte und die Vielfalt erhalten will, wählt einen nicht so prominenten Standort im Garten.

Die Vielfalt an Engagement ist das schlagende Herz den Netzwerks. Wir möchten die Gartenbesucher sensibilisieren und mit angewandten Artenschutz und gelebter Natur im Garten die Mitbürger als Botschafter gewinnen und zum »Nachmachen« animieren.

Zusätzlich zu den geöffneten Gärten (manche nach Anmeldung) und Parks haben die Teilnehmer im Gartenwinkel-Pfaffenwinkel an folgenden Terminen zu besonderen Aktionen geöffnet:
Sa. 25.05.2019 13–18 Uhr Sommerauftakt
So. 14.07.2019 13–18 Uhr Sommertraum
Sa. 10.08.2019 18–22 Uhr sommerlicher Abendgenuss
Sa. 07.09.2019 13–18 Uhr Sommerausklang

Barbara Kopf
Gartenbaumeisterin, Fachrichtung Stauden
und 1. Vorstand des Schaugarten Seeshaupt

Informationen über die teilnehmenden Gärten finden Sie unter:
www.gartenwinkel-pfaffenwinkel.de

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