Bevölkerungswachstum

Die Rentner Lorenz Dietrich und Hans Wallner vormittags an der südlichen Stadtmauer von Weilheim

H: Grüß dich, Lorenz. (setzt sich zu ihm auf die Bank)

L: Servus, Hans. (legt das Weilheimer Tagblatt zur Seite)

H: Bei so schönem Wetter halten es wir zwei nicht lang im Haus aus.

L: Nur schwer.

H: Heut hast sogar unsere Zeitung mit dabei.

L: Ja, weil es meine Frau gar nicht mag, wenn ich beim Frühstück nicht nur die Schlagzeilen lese.

H: Versteh ich. Und heut bist du dabei auf etwas besonders Interessantes gestoßen, oder?

L: Ja, Hans. Auf der Seite drei äußert sich ein Professor aus Berlin zum Wachstum der Weltbevölkerung. Grad wie du dich zu mir hergesetzt hast, war ich bei seinen Schlussbemerkungen.

H: Entschuldige, Lorenz, da hab ich dich ja schwer gestört, oder?

L: Nicht besonders, Hans. Es ist ja eh ziemlich klar, wie seine Arie enden wird.

H: Wieso?

L: Er ist der Meinung, dass das Wachstum der Weltbevölkerung unbedingt gestoppt werden muss.

H: Das meinen viele.

L: Weil die meisten, wie dieser Professor hier (klopft mit der Hand missmutig auf die Zeitung) davon ausgehen, dass unsere Erdkugel noch mehr Menschen nicht aushält.

H: Wenn alle ein Leben führen wollen wie wir Deutschen, dann hält sie das bestimmt nicht lang aus.

L: Das ist der entscheidende Punkt, Hans. Und dieser Professor da (klopft wieder auf die Zeitung) fürchtet unter anderem panisch, dass das Bevölkerungswachstum unseren Wohlstand hochgradig gefährdet.

H: Da hat er Recht.

L: Ja, Hans. Aber das Entscheidende bei der Sache sind ja nicht die vielen Menschen, sondern der hirnrissige Wohlstand, der über viele Teile der Welt hereingebrochen ist.

H: Da hast jetzt du Recht, Lorenz. Mein Nachbar, der Heiner, sagt auch, dass wir nicht mehr wachsen dürfen, weil sonst alles kaputt geht. Und wenn ich ihm dann sage, dass die Erdkugel mit uns kein Problem hätte, wenn wir uns mit Verstand ernähren und mit einem einfachen und naturnahen Leben begnügen würden, dann schaut er mich nur recht seltsam an und geht ins Haus.

L: Der Heiner denkt wohl wie der Professor hier im Tagblatt. Denn der will unsere überzogene Lebensweise unbedingt erhalten und sogar ausbauen. Und so schießt er besonders giftig auf die Grünen, auch wenn die ihren Gründungskurs längst verlassen haben; und Wissenschaftler, die eindeutig belegen, dass wir unser aufwändiges Leben aufgeben müssen, nennt er Nestbeschmutzer.

H: Der Professorentitel schützt eben nicht vor fragwürdiger Denkweise, Lorenz. Also ich meine ja, dass das Ganze einfacher ist, als es manchmal zu sein scheint. Ein Teil der Menschheit muss eben seinen aufwändigen Lebensstil aufgeben, was ja vielfach positiv wäre, und der andere Teil der Weltbevölkerung sollte eine regional verankerte, naturnahe und unabhängige Wirtschaft aufbauen und muss ernsthaft prüfen, wie vielen Kindern man eine lebenswerte Zukunft bieten kann.

L: Das sehe ich genauso, Hans.

Guggera

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