»Fußgänger-Behinderungsverkehr« am Marienplatz bleibt
Der Ausdruck »Fußgänger-Behinderungsverkehr« stammt von SPD-Stadtrat Peter Huber. Der Ausdruck zeigt sehr treffend, welche »Qualität« der motorisierte Verkehr im Mittelpunkt der Stadt schon immer gehabt hat und in Zukunft auch haben wird.
Am 8. Februar haben die Schongauer Stadträte mit der denkbar knappesten Mehrheit von 12 zu 11 eine Steigerung der Aufenthaltsqualität am Marienplatz abgelehnt. Die geballte Mehrheit der CSU (mit Paul Huber, Kornelia Funke, Marianne Porsche-Rohrer, Michael Eberle, Peter Blüml, Helmut Hunger, Helmut Schmidbauer) fand an dem auch von der Stadtverwaltung favorisierten Konzept 5 (mit der kleinen Oase ohne Motorlärm und -abgase rund ums Ballenhaus) keinen Gefallen. Auch vier der fünf UWV-Räte (Hans Loth, Roland Heger, Michael Motz, Stephan Hild) stimmten dagegen. So blieben von den beiden Fraktionen lediglich Hans Hartung (CSU) und Brigitte Ressle (UWV) als Befürworter einer fußgängerfreundlichen Lösung übrig. Hans Hartung, der auch in der Agenda-Gruppe und im Tourismusverein aktiv ist, konnte es kaum fassen, dass der im Konzept 5 ausgewiesene kleine Bereich für Fußgänger auf so viel Widerstand stößt. Besucher der Stadt, die von auswärts kommen, würden ihn oft ansprechen, warum dieser schöne Platz im Zentrum den Autos überlassen werde. Brigitte Ressle, vor drei Jahren noch eine erbitterte Gegnerin der im Bürgerentscheid geforderten größeren Fußgängerzone, sieht jetzt im Konzept 5 die „beste Lösung“ für Schongau. Der Marienplatz sei ein „Schandfleck“, alle anderen umliegenden Städte seien uns voraus. Den „Status quo“ lehne sie ab. Sie sehe kein Leben in der Stadtmitte ohne einen attraktiven Platz für den Aufenthalt von Familien und Kindern.
Die 7 Stimmen der anwesenden SPD-, und die 2 Stimmen der ALS-Räte reichten zusammen mit den beiden Stimmen aus CSU (Hartung) und UWV (Ressle) nicht aus, um dem fußgängerfreundlichen Konzept 5 zum Durchbruch zu verhelfen.
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Wer sind die Hauptakteure, die das Konzept 5 verhindert haben?
Ganz vorne am Pranger steht SPD-Bürgermeister Karl-Heinz Gerbl, ein glühender Verfechter des Konzepts 5, der nur deswegen gegen das Konzept gestimmt hat, weil 20 Geschäftsleute rund um den Marienplatz das Konzept mit dem geplanten Fußgängerbereich strikt ablehnen.
Fast im gleichen Atemzug könnte man aber auch Kornelia Funke (CSU) nennen. Als Vorsitzende des Seniorenbeirats hätte sie doch ein starkes Motiv, sich für eine bessere Aufenthaltsqualität für Senioren auf dem Marienplatz einzusetzen. Aber nichts hat sie dazu im Stadtrat gesagt. Im Vorfeld der Entscheidung soll sie sich sogar für das Konzept 5 ausgesprochen haben.
Und was ist mit Helmut Schmidbauer (CSU), dem heimatverbundenen Kreisheimatpfleger? Zwar meinte er im Stadtrat vor seiner Entscheidung für die Autozone, den Marienplatz „als Teerwüste“ auszubauen, sei doch „absurd“. Aber der historisch wertvolle Platz ist offensichtlich auch für ihn attraktiver, wenn darauf Autos ihre Runden drehen und die Fußgänger behindern. Für eine Fußgängerzone, so der Heimatexperte, sei er nur bis 1986 eingetreten. Danach habe er seine Meinung geändert. Massive verbale Angriffe aus der Bevölkerung hätten auch dazu beigetragen. Außerdem gebe es kein Gesamtkonzept.
Sigi Müller
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Aus dem Leserbrief zum Marienplatz von Bettina Buresch
„Die verzagten Geschäftsleute lehnen selbst vierzig bis sechzig Meter Freiheit für Fußgänger im Herzen der Stadt ab. Schon vor Jahren hatten wir als Agenda-Aktive versucht, ihnen ihre Paranoia zu nehmen, indem wir Weilheimer und Murnauer Ladenbesitzer über den Entstehungsprozess und den Erfolg ihrer Fußgängerzonen berichten ließen. Dort hatte man, wie überall, nach anfänglicher Skepsis durchweg positive Erfahrungen gemacht. Ihre Appelle, auch hier endlich den Schritt zu wagen, schienen die Schongauer Kaufleute, sofern sie überhaupt zu der Informationsveranstaltung gekommen waren, nicht zu erreichen.“
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