Aus meinem Tagebuch 10/2022

Es wird nicht besser, oder doch? Viele Kommentare in den Medien habe ich gelesen, die die derzeitige Lage als sehr ernst und zuweilen als höchst gefährlich betrachten. Schuld daran ist dann fast immer der »Angriffskrieg«, den der »böse Russe« in der Ukraine am 24. Februar dieses Jahres offenbar völlig unbegründet begonnen hat. Davon ist offenbar die große Mehrheit meiner Landsleute vielleicht auch deshalb überzeugt, weil in unseren etablierten Medienkonzernen eine andere Denkweise fast immer als »Märchen« oder »Fantasien« von »Putin-Verstehern« definiert wird. Historiker und Friedensaktivisten wie Daniele Ganser und Eugen Drewermann sowie eine ganze Reihe anderer um Aufklärung bemühter Fachleute, die es gewagt haben, auf Zusammenhänge und Ursachen dieses Krieges hinzuweisen, werden häufig entweder ignoriert oder diffamiert. Daniele Ganser erinnert uns in seinen Vorträgen daran, dass der Krieg in der Ukraine bereits seit dem Putsch 2014 mit dem Beschuss der Donbass-Republiken durch ukrainische Militäraktionen seinen Anfang nimmt und in all den Jahren etwa 10 000 Todesopfer gefordert hat. Solche Hintergründe und Entwicklungen – wie z. B. auch die Ausdehnung der NATO-Ostflanke – werden im Mainstream in der Regel nicht erwähnt. Wer es wagt, die Ausdehnung der NATO bis an die russische Grenze zu kritisieren, wird stets belehrt, dass diese Maßnahme erforderlich sei, um den auf die Ausdehnung Russlands bedachten bösartigen Putin in die Schranken zu weisen.

Auch wenn ich fast jeden Tag Artikel und Leserbriefe in den »etablierten Qualitätsmedien« auf mich wirken lasse, habe ich insbesondere in den letzten Monaten ganz nach dem Motto, das Gelesene zu hinterfragen und selber zu denken, einiges notiert. Aus meiner umfangreichen Sammlung aus beiden Lagern »Hauptstrom« und »Nebenstrom« möchte ich gerne noch einiges zum Nachdenken anbieten.

Hauptstrom:

„Einigkeit des Westens gegenüber Russland.“ Münchner Merkur, 27.06.2022

„Terror ist Teil des russischen Repertoires.“ Münchner Merkur, 24.08.2022

„Russland dreht Gashahn ganz zu. Die Lieferung von russischem Gas nach Deutschland durch die Nord-Stream-Pipeline bleibt auf unbestimmte Zeit unterbrochen. Gasprom teilte am Freitagabend mit, es sei ein Ölleck an einer Turbine entdeckt worden, weshalb Reparaturarbeiten nötig seien.“ Münchner Merkur, 03.09.2022

„Uns droht Anfang nächsten Jahres ein Blackout.“ Bild am Sonntag, 04.09.2022

„Die Sanktionen des Westens treffen Russland deutlich härter als der Kreml offiziell einräumt.“ Münchner Merkur, 08.09.2022

„Ampel-Streit um Panzer für Kiew. Verteidigungspolitiker fordern schwere Waffen für die Ukraine.“ Münchner Merkur, 12.09.2022

„Unmittelbar nach der Annexion von vier Gebieten durch Russland hat die Ukraine angekündigt, einen beschleunigten Beitritt zur NATO zu beantragen.“ Münchner Merkur, 01.10.2022

„Brücke in Flammen: Moskau spricht von »Terror« der Ukraine.“ Münchner Merkur, 10.10.2022

Nebenstrom:

„Acht Jahre lang hatten die ukrainischen Streitkräfte die Donbass-Bevölkerung regelrecht terrorisiert, mit Scharfschützen auf im Grenzbereich lebende Zivilisten geschossen, Anschläge auf Schulen oder gar humanitäre Hilfsaktionen verübt. Ich selbst war mehrfach in diese Grenzgebiete gefahren und habe das Leid mit eigenen Augen gesehen – und die Schüsse der ukrainischen Soldaten gehört.“
Alina Lipp, 05.03.2022

„Was hat Putin gemacht? War das eine Warnung oder eine Lüge, eine Vorbereitung zum Krieg in der Ukraine, ein verbrecherischer Angriffskrieg? Wie soll man das bewerten? Jede Lüge ist eine mögliche Form von Gewalt, meinte Arthur Schopenhauer. Aber wie gehen wir damit um, wenn wir keinem Menschen mehr wirklich glauben können, wenn wir gelernt haben, in Angst bis zum Töten des Gegners zu gelangen, damit wir endlich Ruhe bekommen?
Eugen Drewermann, Theologe & Friedensaktivist, Vortrag beim Linken Forum in Paderborn, 03.10.2022

„Der Krieg in der Ukraine begann im Februar 2014 mit dem illegalen Putsch der USA in Kiew. Danach folgten acht Jahre Bürgerkrieg der Regierung in Kiew gegen den Donbass mit 10 000 Toten. Darauf folgte die illegale Invasion von Russland im Februar 2022.“
Daniele Ganser, Historiker & Friedensforscher, in Transition News, 23.10.2022

„Ein Kardinalfehler in Politik und Medien besteht darin, Momentaufnahmen als Realität zu verkaufen. Realität ist immer ein Prozess. Alles hat eine Vorgeschichte! Um Realität zu begreifen, ist es nötig, über Chronologie Bescheid zu wissen, Ursache und Wirkung nicht zu verwechseln, zumindest zu versuchen herauszufinden, wer in einer Angelegenheit agiert und wer reagiert.“
Gabriele Krone-Schmalz, Vortrag in Reutlingen, 14. Oktober 2022

„Eine tendenziell moralisierende Presse gibt den Ton vor, wie die einzelnen Krisen zu deuten und was die »notwendigen« politischen Antworten darauf sind. Haltung ersetzt dabei Argumente. Man kann, wie mit Blick auf die Ukraine jüngst in den NDS in einem Artikel von Florian Warweg belegt wurde, durchaus von einer »staatlich gelenkten Presse« sprechen.“
Ulrike Guérot, NachDenkSeiten, 28.10.2022

„Seit 1980 waren die USA in mindestens 15 Kriegen in Übersee involviert (Afghanistan, Irak, Libyen, Panama, Serbien, Syrien und Jemen, um nur einige zu nennen), während China an keinem einzigen und Russland nur an einem außerhalb der ehemaligen Sowjetunion beteiligt war, nämlich in Syrien. Die USA haben in 85 Ländern Militärbasen, China in dreien und Russland in einem außerhalb der ehemaligen Sowjetunion, nämlich in Syrien.“
Jeffrey Sachs, PEARLS AND IRRITATIONS, 24. August 2022

Ausblick:

Nachdem auch ich eine »Berechtigung zur Schutzimpfung gegen das Covid-19-Virus« vom Bundesministerium für Gesundheit bekommen habe, möchte ich mich gerne in meinem nächsten Tagebucheintrag mit den inzwischen allgegenwärtigen Nebenwirkungen und Folgen der staatlichen Corona-Impfstrategie befassen – natürlich nur dann, wenn mich nicht plötzlich und unerwartet ein Blackout, Lockdown oder sonst irgendeine Maßnahme ausbremst.

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